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Die Reise des Elefanten - Die Reise des Elefanten - A viagem do elefante

Die Reise des Elefanten - Die Reise des Elefanten - A viagem do elefante

Titel: Die Reise des Elefanten - Die Reise des Elefanten - A viagem do elefante
Autoren: Stephan Puchner
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wird zur verletzenden Beleidigung. Also zog der Sekretär es ebenfalls vor, den Mund zu halten, wenngleich aus anderen Gründen als der Oberstallmeister. Dieses kurze Schweigen nutzte der König, um einem Anliegen Ausdruck zu verleihen, das ihm beim Aufwachen in den Sinn gekommen war. Ich habe mir überlegt, Salomon einen Besuch abzustatten, Wünschen Eure Königliche Majestät, dass ich die königliche Garde rufen lasse, fragte der Sekretär, Nein, zwei Pagen sind mehr als ausreichend, einer, um die Nachricht zu überbringen, und der andere, um herauszubekommen, warum der erste noch nicht zurückgekehrt ist, ach ja, und wenn Ihr die Güte hättet, mich zu begleiten, Herr Sekretär, Eure Königliche Majestät ehren mich weit mehr, als ich es verdient habe, Vielleicht nur, damit Ihr es noch mehr verdient, so wie Euer Vater, Gott hab ihn selig, Ich küsse Eure Hände, Majestät, mit der Liebe und dem Respekt, mit dem ich die seinen geküsst habe, Ich glaube, das ist bei weitem mehr, als ich verdient habe, sagte der König lächelnd, In Sachen Dialektik und Schlagfertigkeit machen Eure Königliche Majestät niemandem etwas vor, Nun ja, es gibt auch Leute, die behaupten, die bei meiner Geburt anwesenden Schicksalsgöttinnen hätten mir die Ausübung der Literatur nicht in die Wiege gelegt, Die Literatur ist nicht alles auf dieser Welt, meinGebieter, der Besuch beim Elefanten Salomon an diesem heutigen Tage ist, wie es vielleicht fürderhin heißen mag, ein poetischer Akt, Was ist ein poetischer Akt, fragte der König, Das weiß man nicht, mein Gebieter, man merkt es erst, wenn er sich ereignet hat, Aber ich habe doch bisher lediglich die Absicht bekundet, Salomon einen Besuch abzustatten, Da es sich um ein Wort des Königs handelt, wird das vermutlich genügen, Ich glaube, einmal gehört zu haben, so etwas nenne man in der Rhetorik Ironie, Ich bitte Eure Königliche Majestät um Verzeihung, Es sei Euch verziehen, Herr Sekretär, wenn all Eure Sünden von so geringem Gewicht sind, ist Euer Platz im Himmel gesichert, Ich weiß nicht, mein Gebieter, ob es gerade die beste Zeit ist, um in den Himmel zu kommen, Was soll das heißen, Die Inquisition ist im Anmarsch, und die Zeiten der Freibriefe wie Beichte und Absolution sind vorbei, Die Inquisition wird die Einigkeit zwischen den Christen bewahren, das ist ihr Ziel, Ein heiliges Ziel, ohne Zweifel, mein Gebieter, nur gilt es zu erfahren, mit welchen Mitteln sie dies erreichen wird, Ist das Ziel heilig, so werden auch die Mittel, derer man sich bedient, heilig sein, antwortete der König mit einer gewissen Schärfe, Ich bitte Eure Königliche Majestät um Vergebung, außerdem, Was außerdem, Außerdem bitte ich Euch, mir den Besuch bei Salomon zu erlassen, da ich das Gefühl habe, heute keine angenehme Gesellschaft für Eure Königliche Majestät zu sein, Ich werde Euch nicht davon entbinden, da Eure Anwesenheit in dem Gehege unerlässlich ist, Warum, mein Gebieter, falls diese Frage nicht zu dreist ist, Ich habe nicht den nötigen Durchblick, um zu erkennen, ob das, was Ihr einen poetischen Akt nanntet, sich ereignet, antwortete der König mit einem leisen Lächeln, wobei Bart und Schnäuzer ihm einen boshaften, fast mephistophelischen Ausdruck verliehen, Ich harre Eurer Befehle, mein Gebieter, Ich möchte, dass um fünf Uhr vier Pferde am Palasttor bereitgestellt werden, und tragt bitte Sorge, dass das meinige groß, dick und zahm ist, ich war noch nie ein guter Reiter, und jetzt im Alter, mit all den Wehwehchen, die es mit sich bringt, erst recht nicht, Jawohl, mein Gebieter, Und wählt die Pagen sorgfältig aus, es sollen keine von der Sorte sein, die über jede Kleinigkeit lachen, sonst bekomme ich noch Lust, ihnen den Hals umzudrehen, Ja, mein Gebieter.
    Sie brachen erst um halb sechs Uhr auf, da die Königin, als sie von dem geplanten Ausflug erfuhr, erklärte, sie wolle auch mitkommen. Es war nicht einfach, sie davon zu überzeugen, dass es unsinnig sei, für eine Fahrt nach Belém, denn dort hatte man das Gehege für Salomon errichtet, eigens eine Kutsche anspannen zu lassen. Und Ihr werdet Euch doch gewiss nicht zu Pferde dorthin begeben wollen, meine Gnädigste, sagte der König unmissverständlich, entschlossen, keine Widerrede zu dulden. Die Königin akzeptierte das schlecht kaschierte Verbot und zog sich zurück, wobei sie murmelte, in ganz Portugal und selbst auf der ganzen Welt gebe es niemanden, der Salomon lieber habe als sie. Man sah, dass die Widersprüche
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