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Die Regenbogentruppe (German Edition)

Die Regenbogentruppe (German Edition)

Titel: Die Regenbogentruppe (German Edition)
Autoren: Andrea Hirata
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befördern. Seine Frau schüttelte nur den Kopf. Den Ladenbesitzer erkannte ich ebenfalls – an seinem Kopf, der sich nicht wesentlich verändert hatte. A Kiongs Kopf glich noch immer einer Blechdose.
    Allerdings führte er inzwischen ein besseres Leben als ich, zumindest hatte er eine Frau. Es war keine andere als seine frühere Erzfeindin: Sahara.
    Wenn Sahara, A Kiong und Samson frei hatten, besuchten sie Harun. Harun erzählte noch immer von seiner dreifarbigen Katze, die am Dritten des Monats drei Junge geworfen hatte, allesamt dreifarbig. Und noch immer hörte ihm Sahara aufmerksam und hingebungsvoll zu. Wenn Harun früher ein kleines Kind in einem erwachsenen Körper gewesen war, so war er jetzt ein Erwachsener, dessen Gedankenwelt kindlich geblieben war.
    Harun besuchte seinerseits regelmäßig Trapani, der inzwischen aus dem Steinhaus entlassen worden war. Harun fuhr jeden Freitagnachmittag mit dem Fahrrad die vierzig Kilometer zu Trapanis Wohnung. Er brach stets um drei Uhr auf.
    Harun hielt noch immer unerschütterlich an seinem Wunschtraum fest, Trapani zu werden, wenn er erwachsen wäre. Inzwischen grämte er sich oft, weil sein Traum bis jetzt unerfüllt geblieben war. Wenn man sich anschaut, was aus unseren Plänen geworden ist, dann sieht es für einige von uns schlecht aus. Meine eigenen Vorstellungen musste ich begraben, Harun ebenso. Trapanis Wunsch, Lehrer zu werden, hatte sich nicht erfüllt, und Lintang war nicht Mathematiker geworden. Klar war auch, dass A Kiong seine Hoffnung hatte aufgeben müssen, seinen Dosenkopf unter einer Kapitänsmütze zu verbergen, und Sahara, seine Ehefrau, hat es nicht zu einer Vorkämpferin für die Rechte der Frauen gebracht.
    Am traurigsten war es für Samson. Er hatte es nicht einmal geschafft, seine bescheidene Vorstellung zu verwirklichen und Kartenabreißer im Kino zu werden. Er war schon immer ein Pessimist gewesen, und Pessimisten gelingt nach meiner Erfahrung selten etwas.
    Syahdan dagegen verfolgte weiterhin seinen Traum, Schauspieler zu werden. Er musste sich in Jakarta mühsam durchbeißen. Er hatte zwar Anschluss an eine Theatergruppe gefunden, das Problem war nur, dass in Indonesien sehr wenige Leute ins Theater gehen. Wir hatten schon lange nichts mehr von ihm gehört.
    Ähnlich ging es Mahar. Er hatte seinen Traum, als großer Schamane verehrt zu werden, nicht aufgegeben. Dass er damit noch keinen Erfolg hatte, störte ihn nicht weiter, hatte ihn noch nie gestört. Seine Auffassung war, dass die Zukunft in Gottes Hand liege, und so wartete er auf seine Chance, im Vertrauen auf den Kreislauf des Schicksals. Im Übrigen war er damit beschäftigt, unser liebstes Kinderspiel zum Patent anzumelden – das Schlittenfahren auf Palmwedeln, das uns in der Regenzeit immer so viel Spaß gemacht hatte.
    Wie sich Flo, das jüngste Mitglied der Regenbogentruppe, ihre Zukunft vorstellte, hatte sie nie gesagt. Wir erfuhren erst später, dass sie den Kassierer der staatlichen Volksbank geheiratet hatte, ein ehemaliges Mitglied der Societeit de Limpai .
    Von den Schülern der Regenbogentruppe war Kucai stets der schlechteste gewesen. Er wurde immer wegen seiner miesen Noten gehänselt. Trotzdem war er aus unserer Klasse der einzige Anhänger des Propheten Mohammed, der sein Ziel erreichte.
    Er wurde führendes Mitglied einer politischen Partei und konnte auf glänzende Weise seinen Plan A realisieren, indem er sich zum Volksvertreter wählen ließ. Als Kucai in die Volksvertretung gekommen war, lud er uns ein, das an einem Kaffeestand zu feiern. Er wollte uns danken, vor allem Lintang, der ihm immer als Vorbild vor Augen gestanden hatte.
    »Lintang, mein Freund, ich danke dir, denn du hast mich zu dem gemacht, was ich heute bin«, sagte er in der Manier eines drittklassigen Politikers. Ihm kamen die Tränen.
    Vom Standpunkt des Materialismus aus betrachtet, kann man nicht sagen, die Lebensläufe aller Mitglieder der Regenbogentruppe wären erfolgreich gewesen. Was aber wirklich zählt: Unsere Persönlichkeiten sind von unserer Schule geprägt. Das Wichtigste, was wir in diesen wunderbaren Jahren gelernt haben, war Pak Harfans Rat, so viel wie möglich zu geben und nicht so viel wie möglich zu nehmen. Man kann es den Gesichtern aller Regenbogenkrieger ansehen, dass sie diesen Rat verinnerlicht haben. Pak Harfan und Bu Mus haben uns eine wunderbare Kindheit und Jugend geschenkt, Freundschaft fürs Leben und ein reiches lebendiges Herz. Das ist unbezahlbar. Vielleicht
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