Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Regeln der Arbeit

Die Regeln der Arbeit

Titel: Die Regeln der Arbeit
Autoren: Richard Templar
Vom Netzwerk:
die ich Ihnen hier lieber ersparen will. Jedenfalls wurde er von der gesamten Leitungsebene Eimerkopf genannt - auch von mir, dem Leiter der Finanzabteilung. Auch vom Direktorium. Auch von dem meisten im Sekretariat. Für alle anderen jedoch war er Mr. Taylor, nie Eimerkopf. Ich war einmal Zeuge, wie er einen jungen Mann herunterputzte, der ihn ebenfalls Eimerkopf genannt hatte. Was sollte diese seltsame Unterscheidung in Leute, die das durften und andere, die es nicht durften? Ich habe keine Ahnung, aufjeden Fall hatte ich ein ziemlich seltsames Verhältnis zu ihm. Fachlich gesehen war er mein Vorgesetzter, wenn auch nur geringfügig. Aber ich war in jenen Tagen furchtbar ehrgeizig und wollte immer alles unter Kontrolle haben. Ich nannte ihn nie Eimerkopf. Ich mochte ihn nicht. Für mich war er immer nur Mr. Taylor. Warum? Weil uns das trennte und weil ich mich dadurch von den anderen Geschäftsführern unterschied. Ich stand für mich allein da, und Eimerkopf kam niemals an mich heran, konnte nie mein Freund werden. Ich machte einen auf zurückhaltend und distanziert, und man bot mir schließlich die Stelle des Hauptgeschäftsführers im Unternehmen an, sodass ich sein Vorgesetzter geworden wäre. Ein Erfolg? Ja, schon, aber es fühlte sich nur wie ein halber Sieg an. Ich beherrschte die Regeln damals noch nicht so gut wie jetzt - ich zog es vor, mich neuen Herausforderungen, neuen Horizonten zuzuwenden.

     

Es gibt ein ungeschriebenes Gesetz, das besagt, dass Sie, wenn Sie beruflich weiterkommen wollen, lange im Büro bleiben müssen, denn die anderen tun das auch. Klone tun das, Drohnen tun das, Arbeitsbienen tun das. Regelbefolger machen es anders. Sie gehen nach Hause, wann sie wollen - und das ist immer früher als jeder andere.
    Genauso verhält es sich mit dem morgendlichen Arbeitsbeginn. Wer hat gesagt, dass man immer früh da sein muss? Kein Mensch sagt das. Es ist eines dieser ungeschriebenen Gesetze, die wir kennen müssen, um es unseren eigenen Zwecken anpassen zu können.
    Ziel dieser Übung ist es, dass Sie erreichen, dass die anderen denken, Sie würden so hart wiejeder andere arbeiten. Ihr Spiel besteht darin, dass alle Sie für einen Angepassten, für eine Drohne halten, während Sie es insgeheim nicht sind und nicht sein müssen, weil Sie viel, viel besser sind als das. Sie erledigen Ihre Arbeit in Rekordzeit und müssen deshalb nicht länger bleiben.
    Wir alle kennen Motivationsredner. Haben Sie schon einmal einen beobachtet? Sie heben immer die Hand, wenn sie Sie - und das übrige Publikum - etwas fragen. Das erweckt Aufmerksamkeit, und man hebt automatisch die eigene Hand, weil schon eine Hand im Raum oben ist. Dumm, nichtwahr? So ähnlich ist es auch mit dem Heimgehen. Es braucht nur ein Mensch zu einer vernünftigen Uhrzeit aufzubrechen, und schon schließt sich mehr oderweniger jeder ihm an. Dieses Bleiben, nur weil man meint, nicht der Erste sein zu dürfen, wird „innerer Anwesenheitszwang" genannt und ist ein Fluch der modernen Bürowelt. Wir meinen immer, jeder würde uns beobachten, so wie wir die anderen beobachten, um zu sehen, wer als Erster Pause macht, nach Hause geht, sich den Zorn des Chefs zuzieht.

    Das ist jedoch ein purer Mythos. Wer als Erster aufsteht und geht, bekommt normalerweise keinen Ärger. Im Gegenteil, erwirkt auf die übrigen Kollegen befreiend. Gehen Sie ruhig und schenken Sie den anderen dadurch ein Stück Freiheit.
    Die Angst, etwas zu verpassen, ist tatsächlich groß. Aber wenn wir ein aufregendes und interessantes Leben führen, wissen wir genau, dass wir der Nabel der Welt sind und dass die anderen, die zurückbleiben, in Wirklichkeit diejenigen sind, die etwas verpassen, die passiv sind und auf vieles verzichten müssen.
    Die Leute denken, dass jemand, der früh nach Hause geht -oder vielmehr zum vertraglich vereinbarten Arbeitszeitende-, unnötig die Aufmerksamkeit anderer auf sich zieht und als Drückeberger gilt. Aber wenn wir aufrecht und mit Selbstvertrauen gehen, wird uns das nicht passieren. Wir werden nur dann schlecht angesehen, wenn wir als Erste gehen und uns dabei heimlich davonstehlen, mit eingezogenem Schwanz verstohlen zur Hintertür hinausschleichen und in die Nacht hinausrennen, in der Hoffnung, keiner hat's gesehen. Winken Sie lieber locker mit der Hand und rufen Sie den anderen zu: „Wer als Letzter geht, macht das Licht aus!" Man kann darüber streiten, ob es fair wäre, sie darauf hinzuweisen, dass sie ja auch früher gehen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher