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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland
Autoren: Edward Rutherfurd
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diesem Tag nicht. Caitlin stieg ab, und schweigend gingen sie hundert Meter. »Ich weiß, dass du nicht redest«, sagte er endlich.
    »Nein.«
    »Außerdem kommt es bald sowieso heraus.« Er schüttelte den Kopf. »Erinnerst du dich an deine Frage nach den Waffen?«
    »Ja«, antwortete Caitlin.
    »Sie sind heute eingetroffen. Ein gewisser Sir Roger Casement hat in unserem Auftrag über ein Jahr mit den Deutschen verhandelt. Klingt seltsam, nicht wahr? Ein englischer Beamter, der zum Ritter geschlagen wurde und trotzdem Sympathien für Irland hegt? Wir baten die Deutschen eigentlich um Soldaten, aber sie wollten keine schicken. Dafür sollte Casement heute mit zwanzigtausend Gewehren und einer Million Schuss in Kerry eintreffen. Er ist auch eingetroffen, aber etwas ist schiefgegangen. Das Schiff wurde abgefangen und Casement verhaftet.«
    »Ich habe gehört, dass dieses Wochenende etwas passieren soll.«
    »Gut möglich. Erzähle niemandem weiter, was ich dir gesagt habe, aber geh regelmäßig zur Liberty Hall. Wenn es etwas Neues gibt, erfährst du es dort. Aber man darf uns jetzt nicht zusammen sehen. Gute Nacht.«
    ***
    Es folgten drei sehr merkwürdige Tage. Niemand schien zu wissen, was vor sich ging. Doch nach und nach erfuhr Caitlin, dass es tatsächlich Pläne für einen Aufstand gab. Die IRB stand dahinter. Sie hatte die Irish Volunteers im ganzen Land dazu aufgefordert, sich am Ostersonntag zu erheben. Nicht einmal Mac Neill, der die Volunteers anführen sollte, war vorher informiert worden. Da Casements Waffen verloren waren, widersetzte Mac Neill sich dem Befehl. Doch Tom Clarke, der unheimliche Tabakhändler, Pearse und die anderen Anführer der IRB wollten trotzdem losschlagen. Sie schickten junge Frauen der Cumann na mBan mit einem neuen Befehl für einen Aufstand am Montag los. Jedes Mal, wenn Caitlin zur Liberty Hall kam, war die Verwirrung noch größer. Am Sonntag traf sie dort Willy.
    »Komm morgen früh«, sagte er bestimmt. »Es gibt viel für dich zu tun.«
    ***
    Trotz seiner vielen Merkwürdigkeiten war der Osteraufstand ein höchst denkwürdiges Ereignis.
    Caitlin stellte gleich bei ihrer Ankunft in der Liberty Hall am Montagmorgen fest, dass die Unsicherheit der letzten Tage einen schweren Tribut gefordert hatte. Die meisten Volunteers vor allem außerhalb Dublins glaubten, der Aufstand sei abgeblasen worden. Nur rund vierzehnhundert Irish Volunteers versammelten sich zusammen mit weiteren zweihundert Mitgliedern der gewerkschaftlichen ICA am Kai. Unter den Anwesenden entdeckte Caitlin auch Rita.
    Die Anführer schienen einem bestimmten Plan zu folgen. Es war interessant zu sehen, dass einige von ihnen offenbar Mitglieder der geheimen IRB waren. Zu ihnen gehörten der Dichter Pearse und der hagere Tabakhändler Tom Clarke. Auch der Gewerkschafter James Connolly spielte eine führende Rolle. Willy O’Byrne gehörte zwar nicht zu den Anführern, doch merkte Caitlin deutlich, dass er deren Vertrauen genoss.
    Trotz ihrer bescheidenen Anzahl planten die Aufständischen, eine Reihe strategisch wichtiger Orte der Stadt zu übernehmen. Hauptquartier sollte das Hauptpostamt in der Sackville Street gegenüber der Nelson-Säule sein. Besetzt werden sollten ferner das Gerichtsgebäude Four Courts etwas weiter stromaufwärts, die Burg und das Rathaus, Jacobs Keksfabrik südlich der Innenstadt, Bolands Mühle, eine weitere Fabrik im Südosten bei den Docks am Grand Canal, und verschiedene andere Orte. Gruppen für die verschiedenen Orte wurden eingeteilt.
    Einen Moment lang fragte Caitlin sich, was sie hier eigentlich zu suchen hatte. Das Unternehmen schien überstürzt und zum Scheitern verurteilt. Die britischen Kräfte in Dublin waren ihrer Einschätzung nach denen der Aufständischen um das Dreifache überlegen. Doch dann sah sie Ritas freudig erregtes Gesicht und die Gesichter der anderen jungen Frauen, die sie kannte, und sie schalt sich für ihren Kleinmut. Wenn diese Frauen bereit waren, für Irland zu kämpfen, musste sie das auch sein. Sie überlegte, welcher Gruppe sie sich anschließen sollte. Jemand zeigte auf Caitlin und sagte, da sie so gut schießen könne, sollte sie als Heckenschütze eingesetzt werden. Einen Moment lang herrschte Unschlüssigkeit, dann tauchte Willy auf. Caitlin sah, wie er sich kurz mit einem Anführer beriet und auf sie zeigte. Dann kam er zu ihr.
    »Bist du mit dem Fahrrad da?«
    »Ja, warum?«
    »Fahr schnell nach Hause.« Er musste ihre Enttäuschung bemerkt haben,
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