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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland
Autoren: Edward Rutherfurd
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behaupteten, sie seien Krankenschwestern. Und die meisten Einwohner Dublins waren von dem Aufstand überrascht worden und wollten nichts damit zu tun haben.
    Was die ganze Aufregung solle, hörte Caitlin viele sagen, wo die Unabhängigkeit doch schon versprochen sei? Ladenbesitzer und Geschäftsleute waren über die Zerstörungen in der Stadt empört, zumal nachdem das Kanonenboot anfing, die Stellungen der Rebellen zu beschießen. »Die Sackville Street liegt bald in Schutt und Asche«, klagte ein Lebensmittelhändler Caitlin sein Leid. »Und wer bezahlt das alles? Natürlich wir, da können Sie Gift darauf nehmen.« Auf ihren Gängen durch die Liberties in der zweiten Wochenhälfte hörte sie mehr als einmal wütende Beschwerden von katholischen Müttern, weil sich infolge der Unruhen die Auszahlung des Lohns verzögerte, den sie von ihren Söhnen in der britischen Armee erhielten.
    Doch steigerten solche Vorwürfe Caitlins Bewunderung für die Aufständischen nur noch – für ihren Mut, für die symbolische Bedeutung des Aufstands und, wer weiß, für seine Notwendigkeit, wenn Willy Recht hatte. Sie hätte ihn so gern gesprochen, doch sie hatte Willy O’Byrne seit Montag nicht mehr gesehen. Soviel sie wusste, hielt er sich im Gerichtsgebäude Four Courts auf.
    Montagnacht hatte sie im Hauptpostamt geschlafen, Dienstagnacht wieder zu Hause. Dort hatte sie eine Nachricht von Sheridan Smith vorgefunden, der dringend wissen wollte, wo sie sich aufhielt. Am folgenden Morgen warf sie ihm in aller Frühe eine Antwort in den Briefkasten. Es gehe ihr gut, hatte sie geschrieben, sie sei mit ihrem Studium beschäftigt und werde ihn in einigen Tagen besuchen. Ob er ihr glauben würde, konnte sie nicht sagen, aber wenigstens hatte sie geantwortet und er wusste, dass sie lebte. Die folgende Nacht verbrachte sie mit Rita in der Keksfabrik. Am Donnerstag zeichnete sich ab, dass das Hauptpostamt nicht mehr lange gehalten werden konnte. Einige Frauen wurden nach Hause geschickt. Am Freitagmorgen stand das umliegende Viertel in Flammen und auch in dem Gebäude selbst brach Feuer aus.
    Für Caitlin endete der Aufstand am Freitagmittag. Sie war die ganze Nacht auf den Beinen gewesen und nach Hause zurückgekehrt, um sich auszuruhen. Beim Betreten des Hauses am Fitzwilliam Square hatte sie gleich gespürt, dass etwas anders war. Das Dienstmädchen hatte sie seltsam angesehen. Sie hatte sich umgedreht. Zwischen ihr und der Haustür stand Sheridan Smith. Er musterte sie sehr ernst.
    »Du wirst das Haus nicht wieder verlassen«, sagte er ruhig. »Notfalls werde ich dich daran hindern, Caitlin.«
    Schweigend war sie die Treppe hinaufgestiegen. Die Tür zu ihrem Zimmer stand offen. Auf dem Boden lag der Koffer, in den sie am Montag ihre grüne Uniform gepackt hatte. Er war leer.
    »Ich habe sie verbrannt«, sagte Sheridan. »Deine Mutter befindet sich übrigens auf dem Weg nach Hause.«
    Caitlin schwieg immer noch. Was hätte sie sagen sollen? Sie musste sowieso schlafen. Sie wollte die Tür schließen, doch Sheridan schüttelte den Kopf. »Ich lasse dich nicht aus den Augen«, sagte er. Es klang nicht unfreundlich. Caitlin setzte sich auf das Bett und lächelte in sich hinein.
    »Einen kurzen Moment musst du mich aber allein lassen, Onkel Sheridan«, sagte sie.
    Sie musste ihren Revolver verstecken.
    * **
    Als sie aufwachte, gab es für sie nichts mehr zu tun. Das Hauptpostamt konnte nicht länger gehalten werden, seine tapferen Verteidiger, darunter Pearse, mussten abziehen. Am Sonntag war alles vorbei, und die letzten Garnisonen der Volunteers hatten kapituliert.
    Am Sonntagvormittag kamen die Soldaten zum Fitzwilliam Square. Sie gingen von Tür zu Tür und verkündeten, sie suchten nach »Mitgliedern der Sinn Fein«. Caitlin war dieses Missverständnis auf Seiten der britischen Soldaten schon früher aufgefallen, sogar die britischen Zeitungen unterlagen ihm. Mitglieder der IRB wurden Fenier genannt – nach einem Begriff aus der irischen Mythologie – und offenbar nahmen die Briten irrtümlich an, die Fenier seien dasselbe wie Griffiths gewaltlose, nationale Partei Sinn Fein, die an dem Aufstand überhaupt nicht teilgenommen hatte. Wie typisch für die britischen Behörden, dachte Caitlin, dass sie nicht einmal wussten, wer genau ihr Gegner war.
    Sheridan Smith hatte mit einem Besuch dieser Art gerechnet und entschieden, dass sie am besten beide zu Hause blieben. Er verhielt sich sehr geschickt, wie Caitlin zugeben musste. Gewiss
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