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Die Ratten im Maeuseberg

Die Ratten im Maeuseberg

Titel: Die Ratten im Maeuseberg
Autoren: Léo Malet
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mehr verkleidet, und im Moment hab ich
viel Zeit...“
    Er musterte mich und lächelte.
    „Wirklich, haargenau getroffen.
Sie sehen aus, als würden Sie auf dem letzten Loch pfeifen. Sie haben ‘ne große
Zukunft vor sich, beim Theater.“
    „Du auch. Als Regisseur.“
    Sein Lächeln rückte noch einen
Zahn weiter nach hinten.
    „Tja, das Ganze muß Ihnen
ziemlich bescheuert Vorkommen.“
    „Nicht mehr, als würde Martine
Carol um meine Hand anhalten.“
    Das Lächeln kehrte zur
Ausgangsstellung zurück.
    „Das ist alles ‘ne einzige
Komödie, stimmt schon“, murmelte er.
    Mit einer ausholenden Geste
schickte er so einiges zum Teufel. Vor allem seine Jacke. Er hob sie fluchend
auf und zog sie endlich vernünftig an.
    „Aber nötig“, fuhr er fort.
Meinte wahrscheinlich die Komödie. „Wissen Sie, bei mir muß alles wie am Schnürchen
laufen. Sonst läuft gar nichts.“
    „Worum geht’s denn eigentlich?“
wollte ich endlich mal wissen.
    „Werd Sie später einweihen. Auf
jeden Fall was Sauberes. Geh’n wir ‘ne Runde...“
    Wir bogen in die Rue d’Alesia
ein. Nach ein paar Schritten sprudelte er los, immer noch mit gedämpfter
Stimme. Ich konnte ihn nur mit Mühe verstehen.
    „Zuerst muß man wissen, was man
voneinander zu halten hat“, sagte er. „Ganz wichtig. Deshalb hab ich diesen
Zirkus veranstaltet. Das war kein fauler Zauber. Können Sie mir glauben! Sie
sind zu der Verabredung gekommen, und zwar so, wie ich’s Ihnen gesagt habe.
Damit habe ich den Beweis, daß Sie mir vertrauen. Schön! Werd Sie einweihen
können. Aber ich bin vorsichtig, ‘n komischer Kauz, wenn Sie so wollen.
Zwischen uns soll alles korrekt laufen, sauber und offen. Der Einsatz ist hoch.
Ohne Ihre Hilfe geht mir das Ding durch die Lappen. Ich will Sie nicht
bescheißen, aber auch nicht von Ihnen beschissen werden. Aber ich glaube, ich
kann Ihnen vertrauen. Damit Sie mich nicht für verrückt erklären und... äh...
Ich kenne Sie, Burma...“
    „Saubert“, verbesserte ich.
    „Saubert, ach ja...“
    Er biß sich auf die Lippen und
warf einen ängstlichen Blick um sich. Kein Schwein auf der schnurgeraden
Straße. Die Neonlampen in den Zweigen der Platanen warfen blaue Lichtflecken
zwischen die Schatten der Blätter. An der nächsten Kreuzung wechselte die Ampel
von Rot auf Grün und von Grün auf Rot, so wie sie’s gelernt hatte. Egal, ob auf
der Straße Verkehr herrschte oder nicht.
    „Saubert, ja“, wiederholte
Ferrand. „Im Augenblick ist es besser, wenn ich Sie so nenne.“
    „Ein achtbarer Name“, sagte ich
lächelnd. „So heißt mein Sachbearbeiter beim Finanzamt.“
    „Hm... Also, Saubert, ich kenne
Sie. Sie sind korrekt und gewissenhaft. Wie ich. Wenn ich vor Ihnen die Hüllen
fallen lasse, werden Sie mir nicht den Teufel auf den Hals schicken“
    Er blieb stehen.
    „...Ich lasse jetzt die Hüllen
fallen...“
    „Aber doch nicht hier!“ rief
ich erschrocken. „Da kommt jemand. Wofür soll der uns halten?“
    Der kleine Scherz ließ ihn zu
einem Eisblock erstarren. Genau das Richtige bei diesen Temperaturen.
    „Sie haben recht. Nicht hier“,
zischte er. „Gehen wir zu mir. Sie sollen alles von mir wissen.“
    „Gehört das auch zum Drehbuch?“
    „Ja.“
    „Wie viele hat es?“
    „Wie viele was?“
    „Teile.“
    „Wenigstens vier.“
    Er nahm die Finger zu Hilfe.
    „Teil i: Die zufällige
Begegnung im Bistro... Teil 2: Sie warten auf der Straße auf mich, um mich
anzupumpen... Teil 3: Ich nehm Sie mit zu mir nach Hause, um Ihnen ein Paar
Schuhe abzu treten...“
    Seine Stimme wurde noch einen Ton leiser. Nur noch ein Murmeln.
    „...Wenn man uns also zusammen
sieht, ist das kein Problem. Man hält Sie für einen Schnorrer, den ich nicht
abschütteln kann.“
    Saubere Arbeit!
    „Wer ist
,man’ ?“ fragte ich.
    „Andere Leute.“
    Er ging weiter auf dem hell und
dunkel gesprenkelten Bürgersteig. Es roch gut nach überhitztem Asphalt. Die
Häuserwände waren noch warm von der Sonne.
    „Leute, von denen du was
befürchtest?“ fragte ich weiter.
    Er zögerte einen Moment.
    „Leute eben... die nichts davon
zu wissen brauchen.“
    Ich streckte ihm nacheinander
Daumen, Zeige- und Mittelfinger hin, so als wollte ich mit ihm Mora spielen.
    „Eins, zwei, drei. Und wo
bleibt der vierte Teil?“
    „Der kommt später.“
    Ich zuckte die Achseln.
    „Du kannst von Glück sagen, daß
ich ein umgänglicher Mensch bin. Meinst du nicht, daß ein anderer dich schon
längst zum Teufel gejagt
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