Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ratten im Maeuseberg

Die Ratten im Maeuseberg

Titel: Die Ratten im Maeuseberg
Autoren: Léo Malet
Vom Netzwerk:
ließ man den Entwurf
Rodins in der Schublade verschwinden, so daß Alexandre Falguière die Ehre
zuteil wurde, mit einer vergleichsweise biederen Ausführung die Straßenkreuzung
an der Avenue Friedland und der Rue Balzac zu schmücken. Erst 37 Jahre später,
Rodin war längst tot, wurde der ursprüngliche Balzac am Boulevard Montparnasse
aufgestellt. Und Oscar Wilde sollte recht behalten, der schon frühzeitig
geurteilt hatte: „Rodins Statue ist großartig. Genau das, was ein Romancier ist
oder sein sollte. Das Löwenhaupt eines gefallenen Engels im Schlaf rock.“
    An der Place Denfert-Rochereau
führen 91 Stufen über eine enge Treppe tief unter die Erde. „Halte an“, mahnt
eine Tafel, „hier ist das Reich des Todes!“ Ein Friedhof in der Unterwelt? Mehr
als das. Fünf oder sechs Millionen Menschen oder das, was von ihnen geblieben
ist, sind hier aufgestapelt. Oberschenkel und Unterkiefer, Schädel und
Schulterblätter. Ein Knochen von Molière, ein Schulterblatt von Robespierre,
ein Hüftgelenk von La Fontaine.

    Was sich eben so ansammelt,
wenn alte Friedhöfe aufgelassen werden. Gerade vier Jahre hatte das Königreich
noch vor sich, als die alten Steinbrüche im Pariser Süden zur Massengrabstätte
wurden. Die grotesk-unheimlichen Katakomben sind nur ein kleiner Teil der
Pariser Unterwelt. In den letzten Monaten der deutschen Besatzung hatte die
Kommandostelle der Résistance, der Widerstandbewegung, dort Unterschlupf
gefunden. Paris ist wie ein Schweizer Käse. Gut ein Zehntel der Stadt steht auf
Hohlräumen. Irgendwann, so unken Pessimisten, wird die Stadt in sich
zusammenfallen. Die Toten in den Katakomben werden ein Requiem anstimmen.

     
    Mitten auf der Place
Denfert-Rochereau thront der Löwe des Monsieur Bartholdi. Und an der Ecke zum
Boulevard Arago hatte der Psychiater Dalaruc seine Praxis, der Burma später zur
Heilanstalt Sainte-Anne führte. Eine stille Zuflucht für den verwirrten
Castellenot. Hohe Mauern umschließen Sainte-Anne. Fast so hoch wie die dunklen
Steine vor der Santé, dem berüchtigsten Gefängnis von Paris, ganz in der Nähe.
Santé — ein seltsamer Name für ein Gefängnis, das Gesundheit heißt. Einfach
deshalb, weil es früher ein Krankenhaus war.
    Das 14. Arrondissement: acht
Krankenhäuser und ein Friedhof und die Katakomben mit fünf oder sechs Millionen
Toten, ein Park und eine Burg voll Wasser und mittendrin die Straße der
Fröhlichkeit. Und ein paar Wohnungen, in denen der Zöllner Rousseau gemalt hat.
     
    Peter Stephan, im September
1987

Anmerkungen des
Übersetzers
     
     
    1. Kapitel:
    Stalag („Stammlager“): Im 2. Weltkrieg
Gefangenenlager in Deutschland.
    Zwei- oder dreihundert Francs : Bei allen Geldbeträgen, von
denen im Laufe des Romans die Rede ist, handelt es sich um Alte Francs.
     
    2. Kapitel:
    Sarthe : Fluß und Departement in
Frankreich.
     
    3. Kapitel:
    Mora : Italienisches Fingerspiel.
    Sainte-Anne : Psychiatrische Anstalt in Paris.
     
    6. Kapitel
    Quai des Orfèvres : Sitz der Kriminalpolizei in
Paris.
     
    8. Kapitel:
     
    Pataphysik (scherzh.): Die Wissenschaft
der imaginären Lösungen (Jarry).
     
    9. Kapitel:
    Café Cyrano... Wein aus
Bergerac : Cyrano de
Bergerac (1619 — 1655); der durch Rostands Komödie wieder lebendig gewordene
Typus des burlesken Gascogners der Barockzeit, der seine Riesennase in
Hunderten von Duellen verteidigte.
     
    10. Kapitel:
    Messalina : Gemahlin des Kaisers Claudius;
veralt. für ausschweifend lebende, sittenlose Frau.
     
    14. Kapitel:
    Die Goldjungen vom Quai des
Orfèvres (s. 6 . Kapitel): orfèvre =
Goldschmied; auch in dem Zusammenhang „Fachmann sein“, „sich auskennen“.
     
    16 . Kapitel:
    Morgue : Gerichtsmedizinisches Institut
und Leichenschauhaus in Paris. Heute Institut Médico-Légal.
     
    18. Kapitel:
    Monsieur Grandier von der
Internationalen Versicherungsgesellschaft : Anspielung auf den Roman „Die
Nächte von Saint-Germain“ von Léo Malet, Elster Verlag 1986.

Straßenverzeichnis
     
S 11 /T 12
Rue d’Alésia
S 14/15
Boulevard
Arago
T 10
Rue des
Arbustes
U 13
Rue Beaunier
 
Rue
Blottière
R 11
Passage
Bournisien
T 10 — U 12
Boulevard
Brune
T 15
Rue Cabanis
T 10
Rue des
Camélias
S 11
Rue du Cange
R 14
Avenue
Denfert-Rochereau
S 14
Place
Denfert-Rochereau
U 10
Rue Didot
U 14
Rue du
Douanier
U 14
Rue du
Douanier-Rousseau
T 11
Villa Duthy
Q/R 12
Rue de la
Gaîté
U/V 15
Rue Gazan
S/T/U 13
Avenue du
Général-Leclerc
S 11
Rue de
Gergovie
V 14/15
Boulevard
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher