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Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring

Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring

Titel: Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring
Autoren: Jay Lake
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wollte seine Unschuld beteuern, aus der Nische herunterspringen und seine Ehre verteidigen. Aber wenn er dabei erwischt wurde, wie er sich in der Dunkelheit versteckt hielt, um Gespräche zu belauschen, würde dies nur die schlechte Meinung bestätigen, die Pryce Bodean schon immer von ihm gehabt hatte.
    »In diesem Fall«, sagte Bibliothekarin Childress, »werde ich dafür sorgen, dass der Gegenstand nach der Untersuchung mit einer umfassenden Erklärung an diesen Handwerker zurückgegeben wird.«
    »Das wird nicht ...« Pryce hielt inne. Hethor hörte, wie er tief durchatmete. »Selbstverständlich, Madam. Und da dies auch Dekan Holliday von Nutzen ist, werde ich keinen weiteren Einspruch erheben.« Ein leises Klirren war zu hören, als ein kleiner metallischer Gegenstand auf eine Glasoberfläche gelegt wurde. Dann wurde rumpelnd ein Stuhl zurückgeschoben. »Ich gehe davon aus, dass ich – oder besser, mein Vater – den Gegenstand bald zurückerhält. Wenn das alles ist, würde ich mich jetzt gerne von Ihnen verabschieden.«
    »Guten Tag, Mister Bodean. Ihr Entgegenkommen wird mit Dankbarkeit aufgenommen.«
    »Das hoffe ich auch.«
    Eine Tür fiel ins Schloss. Hethor verharrte regungslos in der Nische und hörte, wie Bibliothekarin Childress leise vor sich hin summte. Ungefähr eine Minute später wurde zweimal leise an die Tür des Lesesaals geklopft, aber niemand kam herein.
    »Du kannst jetzt runterkommen«, sagte die Bibliothekarin. »Er ist fort.«
    Hethor blieb kurz stehen, um sich den Staub abzuklopfen, bevor er auf die Leiter trat und hinunterstieg. Sobald seine Füße den Boden berührten, ging er zum Tisch.
    Die silberne Feder lag vor ihm. An ihren Kanten klebte immer noch sein Blut.
    »Libra Malachi« , sagte Childress. »Und setz dich bitte.«
    »Das Buch Maleachi?«, übersetzte Hethor, als er sich mit einem kratzenden Geräusch einen Stuhl heranzog.
    »Es wäre wohl korrekter, es als das Buch der Boten zu bezeichnen, im Sinne von Engel. Es stammt vom hebräischen Wort mal’ach , himmlischer Bote.«
    »Gabriel«, sagte Hethor.
    »Genau.« Bibliothekarin Childress zog zwar ein grimmiges Gesicht, doch an einem Mundwinkel zeigte sich die Spur eines Lächelns. Ihre Fingerspitzen zeichneten das Muster der Räderung auf ihrer Brust nach. »Der himmlische Bote, der Maria das Kommen unseres Messing-Christus überbrachte.«
    »Und was hat das mit dem Buch zu tun?«
    »Ich müsste die genauen Zeitangaben überprüfen, aber im Libra Malachi steht, dass es sich bei der Silberfeder um ein Zeichen handelt, das schon in früheren Zeiten erschienen ist. Die Feder wurde zahlreichen Generälen, Heiligen und Königen an entscheidenden Wendepunkten der Geschichte überreicht. In neuerer Zeit – und damit lange, nachdem dieses Buch geschrieben worden war – erhielt Lord Raglan die Feder an der Krim, kurz bevor er den Angriff der Leichten Brigade auf die chinesische Artillerie befahl. Von einem Engel, der sich als Michael ausgab.«
    »Ausgab?«, fragte Hethor, den Childress’ Wortwahl verwirrte.
    Die Bibliothekarin lächelte. »Du hättest Student werden sollen. Aber das ist jetzt nicht wichtig. Dir wurde eine Aufgabe übertragen. Oder zumindest eine Gelegenheit verschafft. Was du daraus machst, liegt ganz allein bei dir.«
    »Glauben Sie mir denn?«
    »Ich habe dir von Anfang an geglaubt«, sagte Childress. »Genug, um stellvertretend für dich die Konfrontation mit dem Sohn deines Meisters zu suchen. Andere könnten dir dank dieser Feder Glauben schenken. Einige wenige können die Muster erkennen, die der Schöpfung zugrunde liegen. Jemand wie William of Ghent zum Beispiel, der nach einer kurzen Untersuchung sofort wüsste, dass diese Feder von einem Engel stammt. Es gibt nicht nur südlich der Äquatorialmauer Magie.«
    Hethor starrte auf den Tisch. Er wünschte sich, die Welt wäre einfacher und verständlicher. Doch seine Wünsche konnten die Taten Gottes oder Seiner Engel nicht beeinflussen. »Ich bin zu Ihnen gekommen, weil ich auf der Suche nach Wissen war«, sagte er langsam. »Weil ich mithilfe von Büchern herausfinden wollte, was wirklich geschehen ist.« Er sah auf und erwiderte den Blick der Bibliothekarin, die ihn mit glänzenden dunklen Augen betrachtete. »Ich werde Ihrem Ratschlag folgen, diese Feder an mich nehmen und nach Boston gehen, um den Hof des Vizekönigs aufzusuchen und William of Ghent zu finden. Aber zuerst muss ich meinen Meister um Erlaubnis bitten, diese Reise unternehmen zu
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