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Die Rache. Thriller.

Die Rache. Thriller.

Titel: Die Rache. Thriller.
Autoren: John Katzenbach
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Sie schmeckte das Blut auf den Lippen, sah hinab und merkte, daß es ihr von der Wange hinunterfloß und ihre Brüste wie mit einer Kriegs-bemalung verschmierte. Sie brüllte los, nicht vor Schmerz oder Wut, sondern in einer Art Triumphgeheul. Sie sah sich um, um alles ihrem Gedächtnis einzubrennen, und dachte: Goodbye! Ich löse mich von alldem. Ich bin vollkommen frei.
    Sie erinnerte sich an die Kleidung, die im Wagen des Richters wartete, und dachte: Flieh jetzt. Einen Augenblick dachte sie daran, daß sie ihnen ewig im Nacken sitzen und sie quälen würde, sie niemals in Ruhe ließe, daß sie niemals unterginge, sondern immer irgendwo verborgen auf das Comeback in der Zukunft warten würde, und zwar, wann immer sie wollte. »Ihr könnt mich nicht besiegen!« brüllte sie, so laut sie konnte. »Ihr schlagt mich niemals.« Sie machte eine Pause und hoffte auf eine Antwort, aber als keine kam, packte sie ein unbändiger Zorn. Sie zögerte, starrte hinunter auf ihre neu geladene Waffe und kämpfte gegen den Drang, wieder die Treppe hinaufzurennen und weiterzukämpfen. Sie brauchte einen Augenblick, um sich zu beruhigen. Du gewinnst, indem du fliehst, sagte sie sich. Sie lachte einmal laut auf, es war ein falsches Lachen, aber sie hoffte, daß Megan es hören würde, dann stürzte sie durch die Hintertür, in einer Hand die Maschinenpistole, in der anderen den Schulranzen mit dem Geld, und dachte an die Freiheit, die vor ihr lag.
    Tommy klammerte sich an die Dachkante und versuchte, auf der stark abschüssigen Oberfläche nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Vom Frost der vergangenen Nacht war das Dach glatt, und jede Bewegung war gefährlich.
    Er hörte die letzten Gewehrfeuersalven und fing an, wegzukriechen. Der kalte Wind zerrte an ihm, und er zwang sich, nicht an seinen Großvater zu denken und nicht zu zögern. Er hatte die Schreie seiner Mutter gehört und wußte, daß sie irgendwo dort war und auf ihn wartete. Er kämpfte gegen Tränen und Verwirrung, biß die Zähne zusammen und näherte sich dem Rand des Daches.
    Megan kletterte über die Barrikade zurück auf den Korridor im ersten Stock und hörte Olivias höhnisch-herausfordernde Schreie aus dem Erdgeschoß. Sie konnte nur an Tommy denken, fast überwältigt von dem Verlangen, ihn zu sehen und festzuhalten. Sie rannte in ein Schlafzimmer und sah aus dem Fenster, das auf das Dach hinausging.
    »Tommy!« schrie sie auf.
    Sie sah ihn plötzlich, wie er am Rand des Daches hockte wie ein Vogel - als bereitete er sich vor, hinabzuspringen in die Leere.
    »Tommy!« schrie sie wieder. »Ich bin hier!«
    Er wandte sich um, als er ihre Stimme hörte, und schrie:
    »Mom!«
    Megan konnte die riesige Freude in den aufleuchtenden Augen ihres Sohnes sehen. Sie rüttelte verzweifelt an dem Fensterrahmen. Das Schiebefenster war offenbar ver-klemmt. Dann drehte sie sich herum und sah einen Stuhl in der Ecke. Sie ergriff ihn, hob ihn hoch und schlug damit in das Glas und Holz. Dabei schrie sie immerzu aus voller Kehle: »Hier bin ich, Tommy. Hier bin ich!«
    Das Glas zersplitterte nach draußen. Sie stieß die verbleibenden Scherben weg und stieg durch die Öffnung hinaus. Ihre Hände waren dutzendfach zerschnitten und bluteten reichlich, aber sie achtete nicht darauf. Keinerlei Schmerz, Verletzung oder Angst konnte die Aufwallung des Gefühls durchdringen, als sie ihren Sohn über das Dach auf sich zukrabbeln sah. Sie winkte und rief: »Hier, Tommy, hier!«, und eine ungeheure Erleichterung erfaßte sie.
    Dann aber sah sie hinter ihrem Sohn Olivia. Sie stand auf dem Hof hinter dem Haus und starrte hinauf zu der kleinen Gestalt, die über das Dach krabbelte.
    Furchtbare Angst packte Megan.
    »Nein!« schrie sie und streckte ihre Arme nach denen ihres Sohnes aus.
    Als sie durch die Hintertür hinausgesprungen war, hatte Olivia die kratzenden Geräusche von Tommys Füßen auf dem Dach gehört, die dort oben nach einem Halt suchten.
    Das Geräusch hatte sie auf ihrer Flucht einhalten lassen, und neugierig hatte sie sich umgedreht. Sie hatte das Kind fast im gleichen Augenblick wie Megan entdeckt. Als sie es beobachtete, sah sie Megan den Stuhl durch das Fenster werfen und dann die Arme nach dem Kind ausstrecken.
    Olivia trat ein paar Schritte weiter vom Haus zurück, um ein besseres Schußfeld zu bekommen. Sie zog den Hebel der Maschinenpistole zurück und zielte sorgfältig auf die beiden, die sich nun in einer Schußlinie befanden.
    Duncan war um die Seite des Hauses
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