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Die Rache. Thriller.

Die Rache. Thriller.

Titel: Die Rache. Thriller.
Autoren: John Katzenbach
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nun eine andere in der Hand hielt. Er gab noch einen Schuß in ihre Richtung ab und sah, wie sie sich umdrehte und weglief. Einen Moment blickte er ihr nach.
    Er holte tief Luft und versuchte, das Gewehr ein letztes Mal auf sie zu richten. Einen Augenblick lang tanzte Olivias nackter Rücken direkt in seinem Visier auf und ab, und er drückte auf den Abzug. Aber kein Schuß fiel. Auch er hatte seine Munition verfeuert.
    Es spielt keine Rolle, dachte er. Wir haben es geschafft.
    Wir sind am Leben, und wir haben es geschafft.
    Er rollte sich zurück, versuchte seinen Oberkörper aufzurichten und sich gegen die Hauswand zu lehnen. Er atmete tief ein, zwang sich auf die Füße und ignorierte die Schmerzen, die in ihm wieder lebendig zu werden schienen. Dann hob er den Arm, um seiner Frau zuzuwin-ken und ihr zu zeigen, daß er okay war, was, wie er wußte, nicht stimmte. Er starrte hinab auf seine blutigen Beine.
    Die kann man wieder hinkriegen, dachte er. Alles, was gebrochen ist, kann man wieder hinkriegen. Er schloß die Augen und legte den Kopf hin, um auszuruhen. Er dachte nicht über die Bank nach oder das Geld oder die Vergangenheit oder die Zukunft. Er fühlte eine ausgeglichene Leere in sich. Er wollte schlafen, denn es war ihm nicht bewußt, in welche Richtung Olivia sich bewegte.
    Olivia rannte. Nackt, blutig, mit wehendem Haar rannte sie von der Rückseite des Farmhauses den Abhang hinunter und dann über das langgestreckte, abschüssige Feld auf den Waldrand zu. Ihre Beine verschlangen den Boden, und ihre Arme schwangen vorwärts und rückwärts in schnellem, gleichmäßigem Tempo wie bei einem Sprinter, der sich der Zielgeraden nähert. Unter ihren nackten Füßen spritzte der Rauhreif auf, während sie gegen die Kälte und den Tagesanbruch anrannte, um die dunklen Schatten der Bäume zu erreichen, die sie verbergen und ihr die Flucht erlauben würden. Sie hielt die Pistole mit der einen, den roten Ranzen mit dem Geld mit der anderen Hand umklammert. Sie riß den Mund auf, um in tiefen Atemzügen die eisige Luft zu trinken, und eine wilde Kraft erfüllte sie: Ich bin frei, schrie sie sich zu. Als der Wind an ihr vorbeiwehte, sah sie sich im Wagen, auf dem Flugplatz, im Flugzeug, das nach Süden flog, für immer aller Fesseln ledig. Sie überließ sich dem Gefühl des Trotzes und des Erfolgs, stürmte mit großen, weiten Schritten immer schneller den Hügel hinab der Sicherheit entgegen, und das klatschende Geräusch ihrer nackten Füße auf dem Boden stieg zum grauen Morgenhimmel auf.
    Karen und Lauren hatten Tommy auf dem Dach herumtanzen und sich abmühen sehen, hatten gesehen, wie Olivia auf ihn anlegte und wie man ihren Bruder ins Haus hineinzog. Sie hatten einmal vorwärtsstürmen wollen, waren dann aber doch in die Deckung der Steinhaufen zurückgewichen. Sie sahen, wie Olivia ihren Vater mit der Maschinenpistole beschoß, hatten nach Luft geschnappt und wütend voller Angst losgeschrien. Aber sie hatten auch gesehen, daß sie ihn nicht getroffen hatte, und als sie Olivia wenden und auf sie zurennen sahen, beobachteten sie, wie ihr Vater einen Arm hob und zu dem Fenster hinaufwinkte, wo Tommy und ihre Mutter waren.
    Ihre eigenen Rufe und Schreie hatten sich im Schatten des Waldes und dem hartnäckigen Gewehrfeuer verloren, das vom Haus herübergehallt war.
    Sie waren verwirrt, sie hatten Angst und weinten.
    »Was tun wir jetzt?« schrie Lauren mit gellender Stimme, als sie Olivia direkt auf die Stelle zufliegen sah, an der sie sich versteckt hatten. Sie sahen die blutigen Rinnsale auf ihrem nackten Körper, sie kam ihnen wie ein Wesen halb Mensch, halb Dämon vor, das entschlossen war, sie anzugreifen.
    »Ich weiß nicht!« kreischte Karen.
    Dann, im selben Augenblick, wußten sie es beide doch.
    Sie erhoben sich zusammen, ihre Waffen im Anschlag, und zielten ganz ruhig, genau wie ihre Eltern es ihnen beigebracht hatten.
    Olivia sah die beiden Mädchen vor sich aus dem Boden wachsen wie eine Erscheinung. Es verwirrte sie einen Augenblick, aber sie verlangsamte ihren Ansturm auf die Zwillinge nicht. Sie hob ihren Revolver und zielte auf sie.
    Was ist das? fragte sie sich irritiert. Das kann nicht sein.
    Das darf einfach nicht sein. Ich bin frei. In Sicherheit. Sie versuchte sich zu konzentrieren, langsamer zu laufen, genau zu zielen und so ihr Leben zu retten, aber ihr eigener Schwung stieß sie unerbittlich vorwärts.
    Karen und Lauren sagten nichts, aber sie fühlten beide dasselbe. Wortlos feuerten
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