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Die Rache der Kinder

Die Rache der Kinder

Titel: Die Rache der Kinder
Autoren: Hilary Norman
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unmöglich, nur sagte man, dass Marie außergewöhnliche Kraft im Oberkörper besaß, dass sie außergewöhnlich war. Sie hatte sich einen Schultermuskel gerissen und den Rücken verdreht, aber sie hatte die Schmerzen ignoriert und sich um Kate gekümmert.
    Ohne Marie Coates, sagten alle, hätte Kate ihr Baby dort auf dem kalten, windgepeitschten Hügel bekommen, und für Mutter und Kind hätte es keine Hoffnung gegeben.
    Auf der Säuglingsstation des Swindon Great Western Hospital lag Roberta Turner, geboren in den frühen Stunden des 15. Januar und fortan als Bobbi bekannt. Sie wand sich, trank, pinkelte und schlief im Inkubator, doch sie machte sich gut, wie man ihrer Mutter versicherte.
    Mit erst einunddreißig Wochen war Bobbi erschreckend klein, doch Kate betrachtete ihre unglaublich winzige, dunkelhaarige Tochter jede Minute, in der es ihr erlaubt war, und sie empfand eine Liebe wie nie zuvor.
    Die tiefe Verbindung zu ihrem Kind war sofort da gewesen, fast wie ein Wunder. Liebe erfüllte Kate, und sie war unfassbar glücklich und hatte gleichzeitig schreckliche Angst.
    Nachdem Marie sie ins Krankenhaus gebracht und ihre Eltern angerufen hatte, hatten sie eine Zeitlang befürchtet, der verspätete Sturm der Trauer, der auf Lambsmoor Hill über Kate hereingebrochen war, hätte eine tiefe Depression verursacht und eine neue, undurchdringliche Mauer um sie errichtet.
    Aber dem war nicht so.
    Die Geburt hatte alle Mauern eingerissen.
    Und das Kind hatte den Rest erledigt.
    Kates Dankbarkeit für Marie konnte man nicht in Worte fassen.
    »Ich wünschte, du würdest es auch nicht versuchen«, sagte die ältere Frau zu ihr.
    »Ich muss«, erwiderte Kate. »Ich muss einfach.«
    »Ich hätte dich nie dorthin bringen dürfen«, sagte Marie.
    »Doch, das war richtig«, widersprach Kate. »Ich musste dort sein und es fühlen.«
    Ihre Eltern hatten gemischte Gefühle, was den Ausflug zum Hügel betraf, doch sie empfanden die gleiche tiefe Dankbarkeit gegenüber der Frau, die ihre Tochter und ihre Enkelin gerettet hatte.
    »Ich kann dir nicht einmal ansatzweise sagen, was ich empfinde«, sagte Michael. »Wir verdanken dir sehr viel.«
    »Was ich empfinde, ist Liebe«, erklärte Bel warmherzig. »Liebe aus tiefstem Herzen.«
    »Ich habe nur getan, was jeder getan hätte«, sagte Marie.
    »Ich werde nur nie verstehen, woher du die Kraft genommen hast«, bemerkte Michael.
    »Das ist mir egal«, sagte Bel. »Sie sind beide hier, und nur das zählt.«

95. Kate
    Sandi West war tot.
    Bel erfuhr es von einem anderen Mitglied ihrer Selbsthilfegruppe, drei Tage nachdem Kate aus dem Krankenhaus entlassen worden war. Bobbi hatten sie dort lassen müssen, und Kate hasste es, von ihr getrennt zu sein.
    »Es war eine Überdosis«, berichtete Bel Michael und Delia; ihr Schock war förmlich mit Händen zu greifen. »Es war schon vor einer Woche, und ich habe nichts davon gewusst.«
    Michael war rührend zu ihr, und selbst Delia hätte sie amliebsten in die Arme genommen. Michaels Ex-Frau war mit einem Schlag um Jahre gealtert.
    »Ich weiß, dass ihr euch zerstritten habt«, sagte Delia, »aber das macht es auch nicht leichter, nicht wahr?«
    Michael schaute sie scharf an.
    »Tut mir leid«, sagte Delia. »Ich wollte nicht taktlos sein.«
    »Das weiß ich«, erwiderte Bel. »Ist schon gut.«
    »Hast du sie in letzter Zeit gesehen?«, fragte Michael. »Bei der Selbsthilfegruppe zum Beispiel?«
    »Sandi kam schon seit einer Weile nicht mehr«, antwortete Bel.
    Weil ihre beste Freundin sie im Stich gelassen hatte, dachte sie, sprach es aber nicht aus.
    Weil sie vor der ganzen Gruppe kritisiert worden war.
    Weil Bel sie zurückgewiesen hatte.
    »Als Sandi zum letzten Mal hier war, wollte ich sie nicht reinlassen«, sagte Kate zu Marie, nachdem auch sie die Neuigkeit gehört hatte.
    Sie hatte weder ihrer Mutter noch Marie erzählt, was Sandi bei dem Besuch davor gesagt hatte, und sie hatte auch nie die Absicht gehabt.
    »Vermutlich hattest du deine Gründe«, sagte Marie tröstend.
    »Sie wusste, dass ich hier war«, sagte Kate, »aber ich habe so getan, als wäre ich weg.«
    Sie fühlte sich schuldig, wie auch ihre Mutter sich schuldig fühlte.
    »Du solltest deine Mutter abholen und mit ihr deinwunderschönes kleines Mädchen besuchen«, sagte Marie. »Das ist das Beste, was du jetzt tun kannst.«
    Kate wusste, dass Marie recht hatte.
    Sie trocknete ihre Krokodilstränen und ging.

96. Kate
    Martin Blake rief am 1. Februar an – drei Tage
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