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Die Rache der Kinder

Die Rache der Kinder

Titel: Die Rache der Kinder
Autoren: Hilary Norman
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unerträglich für sie, und das bereitete ihr Sorgen – allerdings mehr um des Babys als um ihrer selbst willen.
    »Ich mache mir außerdem Sorgen«, sagte sie nun, »dass ich für Laurie keine Gerechtigkeit erwirken kann.«
    »Geht es dir bei dem Prozess in Wirklichkeit darum? «, fragte Marie. »Was mit Laurie Moon passiert ist und nicht mit dir?«
    Kate war ein wenig verärgert, denn die Frage kam ihr unglaublich dumm vor. »Es geht mir um beides. Das ist doch offensichtlich. Aber Laurie ist tot, und ihr Sohn hat jetzt keine Mutter mehr.«
    »Es sieht so aus, als hätte er nie wirklich eine gehabt.«
    »Bitte!« Kates Tonfall war scharf. »Ich nehme an, Laurie hat zu Lebzeiten schon genug darunter gelitten, das arme Ding.«
    »Tut mir leid«, sagte Marie. »Irgendwie scheine ich dich heute Abend nur aufzuregen.«
    »Mich regt das alles einfach nur auf«, erwiderte Kate.

88. Kate
    »Ich weiß, wie sehr du mein Nörgeln hasst«, sagte Bel am nächsten Tag, nachdem sie ihrer Tochter Mittagessen gebracht hatte, »aber du isst nicht richtig. Du siehst schlecht aus, und ich mache mir Sorgen um dich.«
    Kate erwiderte nichts darauf. Sie litt an einem Anfall von Trostlosigkeit.
    »Meinst du nicht«, fragte Bel, »dass es an der Zeit wäre, Marie zu bitten, dass sie auszieht? Schließlich ist ihre Wohnung fast fertig.« Sie hielt kurz inne. »Du weißt, dass du eine Zeitlang auch bei mir wohnen könntest. Ich verspreche dir auch, dich in Ruhe zu lassen. Natürlich könnte ich auch wieder zu dir kommen und dich ein bisschen verwöhnen.«
    »Ich bin sicher, dass ich sehr gut allein zurechtkomme, wenn Marie erst einmal weg ist.« Kate seufzte. »Ich will ihr gegen-über nur nicht undankbar erscheinen, besonders, weil sie so darauf versessen zu sein scheint, mir beim Prozess Gesellschaft zu leisten.«
    »Nun ja«, sagte Bel, »ich glaube nicht, dass du Marie einen Gefallen tust, wenn sie abhängig von dir wird.«
    »Sie lässt mich kaum etwas für sie tun«, sagte Kate. »Im Gegenteil.«
    »Ich meine, abhängig von deiner Gesellschaft.«
    Kate brachte ein Lächeln zustande. »Mach dir um mich keine Sorgen.«
    »Das gehört zu meinem Job«, sagte Bel.
    »Wie oft denkst du eigentlich an das fünfte Bandenmitglied?«
    Maries Frage erschreckte Kate und zerrte an ihren Nerven.
    »So selten wie möglich«, antwortete sie.
    »Kann ich mir vorstellen«, sagte Marie. »Es könnte schließlich jeder sein.«
    »Das ist einer der Gründe, gar nicht erst daran zu denken«, erwiderte Kate mit Nachdruck.
    »Das alles ist ein Mysterium, nicht wahr?« Marie blieb hartnäckig. »Zum Beispiel die Frage, warum der Anführer nicht bei ihnen war.«
    Kate schluckte ihren Zorn hinunter. »Robs Theorie zufolge ist er ein Feigling.«
    »Er?«, hakte Marie nach.
    »Rob hat ihn zumindest für einen Mann gehalten.«
    »Und du?«
    »Ich will überhaupt nicht an ihn denken«, antwortete Kate, »und wenn ich mich recht entsinne, habe ich dir das schon mehrere Male gesagt.«
    »Du willst, dass ich den Mund halte?« Marie war gut gelaunt.
    »Zu diesem Thema, ja«, erwiderte Kate. »Definitiv.«
    »Na klar«, sagte Marie. »Kein Problem.«
    Langsam rückte die Zeit heran, dass sie Marie bitten musste, aus der Wohnung auszuziehen; das wusste Kate.
    Die ständige Fragerei nach dem fünften Bandenmitglied wirkte fast wie eine gezielte Provokation, und das war angesichts ihrer Freundschaft ziemlich seltsam. Bisher war ihr Beisammensein ruhig und harmonisch gewesen – genau, was Kate nach Robs Tod gebraucht hatte.
    Inzwischen aber nagte noch etwas anderes an ihr.
    Es war ein Vorfall vor ein paar Wochen, den sie weder gegenüber Bel noch Michael erwähnt hatte – tatsächlich hatte sie sich sogar bemüht, gar nicht darüber nachzudenken.
    Sie war mit einem Topf weißer Weihnachtssterne auf den Friedhof gegangen, und zu ihrer Überraschung war auch Marie dort gewesen. Sie saß in ihrem Rollstuhl auf dem Kiespfad vor Robs Grab.
    Sie hatte Tränen in den Augen.
    »Tut mir leid.« Rasch hatte Marie sich die Tränen abgewischt. »Ich hoffe, es macht dir nichts aus.«
    »Natürlich nicht«, hatte Kate erwidert, auch wenn es nicht der Wahrheit entsprach: Seltsamerweise machte es ihr sehr wohl etwas aus.
    »Ich fühle mich schuldig«, hatte Marie erklärt.
    Das hatte Kate schon immer geglaubt, doch Marie nun hier zu sehen – noch dazu so aufgelöst –, ließ sie plötzlich darüber nachdenken, ob ihre neue Freundin vielleicht ein wenig verliebt in Rob gewesen war.
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