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Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Titel: Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)
Autoren: Ju Honisch
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Aber was gab es schon groß zu unternehmen?
    Steinkreise, Megalithgräber und heilige Quellen. Letztere waren ganz furchtbar katholisch. Die Steinkreise kannte sie auswendig. Ihre Mutter befasste sich leidenschaftlich mit Esoterik, da konnte man Steinkreisen nicht entgehen. Die Megalithgräber nahm sie nebenbei mit. Und so konzentrierte Una sich jetzt auf heilige Quellen.
    » Die sind natürlich schon viel älter als das Christentum, auch wenn die katholische Kirche so tut, als hätte sie sie erfunden « , hatte Unas Mutter etwas säuerlich angemerkt und dann dankenswerterweise nicht auf die Tour mitkommen wollen. Zu katholisch.
    Also konnte Una mit einem Ausflug zu den heiligen Quellen wenigstens der Fürsorge ihrer Mutter entkommen. Una überlegte sich, ob sie diesem erfreulichen Umstand ein Votivbild spenden sollte, denn sie hatte gehört, dass die Quellen damit vollgestopft waren. » Maria hat geholfen « – und sei es nur dabei, eine allzu wohlmeinende Mutter zu stoppen, die tatsächlich glaubte, mit ein paar langen psychologischen Gesprächen » von Frau zu Frau « würde sich die Sache mit Jan irgendwie in Wohlgefallen auflösen, und Una würde einsehen, dass alles, so wie es war, ganz super sei.
    Es gab Dinge, die brauchte kein Mensch, und gute Ratschläge waren auch Schläge.
    Also heilige Quellen.
    Una hielt an und konsultierte ihr Navi. Rechts ging es einen Weg hoch. Ein kleines Schild deutete auf eine heilige Quelle hin. Es sah ein wenig handgemacht aus und war zweisprachig gälisch-englisch.
    Es ging bergauf. Der Pfad war nicht befestigt und so überwachsen, dass Una das Rad schieben musste. Ihr Rucksack drückte heiß auf ihren schweißnassen Rücken. Wenn man gläubig war, kroch man hier vermutlich auf den Knien hoch und skandierte Gebete. Im Moment schienen allerdings keine Wallfahrer unterwegs zu sein, und Una schob ihr Rad eher in dumpfer Resignation als in andachtsvoller Erbauung. Statt einem Ave-Maria ging ihr nur ständig die Frage durch den Kopf, warum sie das überhaupt tat. Wozu? Was machte sie hier? Warum ging ihr Leben so den Bach runter? Warum vergnügte Jan sich mit Lara, während Una ganz allein ihr geliehenes Rad einer heiligen Quelle entgegenschob, die sie im Grunde nicht interessierte und an deren Wunderkraft sie nicht glaubte.
    Der Gedanke ganz allein blieb in ihrem Kopf hängen. Es war sehr still hier. Die Zivilisation war weit weg. Una hörte kein Auto und schon gar keine Menschen. Nicht einmal Vögel oder das Summen von Insekten, und das war schon recht seltsam. Die Stille hatte fast etwas Totes und wurde nur durchbrochen vom Knirschen der Räder ihres Fahrrads auf dem steinigen Pfad.
    Una hatte nicht den Eindruck, als kämen viele Menschen hierher. Sie blieb stehen und sah sich um. Alte Bäume ragten neben dem schmalen Weg auf, komplett umsponnen mit Efeu. Misteln hingen in den Kronen und blickten wie vielarmige, kleine Monster auf Una hinunter. Die Baumwurzeln hatten sich durch uralte Steinmäuerchen ineinander verwoben, als hielten sie sich gegenseitig fest aus Angst, sonst umzufallen. Ab und zu leuchtete gelber Ginster aus dem Grün hervor oder stachelte in den Weg hinein.
    All das konnte man sehen, aber hören konnte man nichts.
    Am liebsten wäre Una umgekehrt. Ein paar Meilen zurück hatte es am Straßenrand ein Pub gegeben. Da wären Menschen.
    Hier war niemand.
    Es war heiß, doch Una fröstelte.

Kapitel 5
    Zähne schnappten nach Kanuras Hals – und verfehlten ihn knapp. Er hatte einen Satz rückwärts gemacht und gleichzeitig seinen langen Dolch gegriffen, der wie von selbst in seine Hand gekommen war, schmal, lang, elfenbeinhell und unendlich scharf – und scheinbar aus dem Nichts. Dieser Dolch war Teil von ihm, stellte seine menschliche Waffe dar, die er als Tyrrfholyn in seinem Horn hatte. Sie war immer bereit, wartete unsichtbar bei ihm, um ihm bei Bedarf in die Faust zu gleiten.
    Nun hielt er die Waffe mit der Hornklinge nach unten und schlug dann in einer kreisförmigen Bewegung zu. Doch die Nymphe, die keine war, wich dem Streich geschickt aus. Blitzschnell tauchte sie seitlich an der Klinge vorbei, glitt durch seine Deckung und schlug mit den Krallen nach Kanuras Gesicht.
    Wieder fuhr er zurück, doch eine Kralle streifte ihn schmerzhaft an der Stirn und schnitt über die Schläfe bis hinunter zur Wange.
    Kanura schrie vor Schmerz auf. Die Schläfe mit dem Muttermal war eine hochempfindliche Stelle, befand sich doch hier in seiner menschlichen Gestalt der Sitz
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