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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle
Autoren: Larissa Cosentino
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hatte er nichts von
seinen Fähigkeiten verloren. Was also war es, das ihn dazu veranlasst
hatte, die Regentschaft abzulegen?
    „Tu das. Ruh dich aus.“
    Alienta wandte sich von ihr ab und ging in Richtung des
Ausganges, wo einige der Heiler auf ihn warteten, um seine Weisungen zu
erhalten. Wen von ihnen würde Alienta auserwählen, sich um den
Fremden in Serfajs Körper zu kümmern? Groß würde der
Einfluss des Heilers auf dessen Geist sein.
    Mehana sah wie die Trage, auf der Serfaj lag, angehoben
wurde, und die kleine Gruppe unter der Führung von Alienta den Saal
verließ. Sie hörte, wie kurz nachdem die Heiler hinausgegangen
waren, Klänge der Magie ertönten. Sie verstummten jedoch so rasch,
dass Mehana nicht darauf reagieren konnte. Was war vorgefallen? Hatte Alienta
in ihrem Sinne gehandelt? Sie wagte kaum daran zu denken, welche verheerenden
Konsequenzen ihrem Volk drohten, wenn Alienta eine Fehlentscheidung träfe…
und doch hatte sie ihm, Alienta, die Entscheidungsgewalt überlassen…
Zweifelsohne war er der beste Heiler, den ihr Volk seit langem gehabt hatte,
doch vertrauen konnte sie ihm schon lange nicht mehr. Wie hätte sie ihn
jedoch von Serfajs Körper fern halten können, ohne öffentlich
ihr Misstrauen ihm gegenüber preiszugeben? War ihr Volk bereit, sich
hinter sie zu stellen, auch wenn dies bedeutete, dem Mann offen die
Gefolgschaft zu versagen, der sie dreißig Jahre lang erfolgreich
geführt hatte?
    *
    Wieder erwachte Lisa, doch diesmal gab es kein blaues
Licht, um sie zu wärmen, keine Klänge, um sie in den Schlaf zu
wiegen… Nichts hinderte ihren Verstand daran, mit ihrem Körper zu
erwachen. Frische Luft erfüllte sie mit Leben… Nur unscharf sah sie
weiße Steinmauern langsam an sich vorbeiziehen. Sie lag auf etwas
Weichem, ihr Körper bewegte sich im Rhythmus fremder Schritte, die leise
auf hartem Boden tappten… Sie wusste, sie wurde getragen… Ihr Mund fühlte
sich trocken an, als habe sie seit langem schon nichts mehr getrunken, doch als
sie versuchte, über ihre rissigen Lippen zu lecken, um sie zu befeuchten,
erschrak sie plötzlich. Zu schmal waren ihre Lippen! Zu salzig ihr
Geschmack! Wer war sie? Wo war sie? Panisch riss sie die Augen auf, doch
Sonnenstrahlen blendeten sie. Sie spürte, wie der weiche Stoff, auf dem
sie lag, plötzlich den harten Boden berührte. Schmerz durchfuhr ihr
viel zu breites Kreuz, Hände drückten sie zurück, zwangen sie,
sich erneut hinzulegen. Sie schlug um sich, versuchte sich aufzurichten und als
sie die Schwäche und Schwerfälligkeit ihres unbeholfenen, fremden
Körpers spürte, schrie sie. Sogar ihre Stimme war fremd, es war eine
männliche, tiefe Stimme. Sie aus ihrem Munde zu hören,
beängstigte sie noch zusätzlich. Menschen unterhielten sich hektisch,
doch sie verstand kein Wort der fremden Sprache, der sie sich bedienten!
    Laute Klänge hallten um sie, drangen einmal mehr in
sie ein, um sie zu lähmen und an ihrem Verstand zu nagen. Sie sah auf
mehrere Gesichter von Männern und Frauen. Sie waren vor Anstrengung
verzerrt, nah, erschreckend. Lisas Augen fielen zu, doch waren es
überhaupt ihre Augen? War sie überhaupt Lisa? Sie spürte wie
Hände versuchten ihre Kiefer auseinander zu drücken. Eine kalte,
bittere Flüssigkeit wurde in ihren Mund geschüttet, ihre Nase wurde zugedrückt…
Sie würde ersticken, sie würde ertrinken! Panisch rang sie nach Luft,
stattdessen füllte die Flüssigkeit ihre Lunge. Sie keuchte,
würgte, doch schließlich schluckte sie…
    Ihr Körper entspannte sich, ihr Bewusstsein leerte
sich und sie schlief ein… Einmal mehr…
    Sie träumte.
    Es war, als würde sie in dichtem Nebel wandern und
nach sich selbst suchen. Verzerrte Gesichter traten aus Nabelschwaden heraus,
nur um sich sofort wieder ins Nichts aufzulösen. Waren sie Spiegelbilder?
Waren sie Fremde? Sie war sich nicht mehr sicher, dennoch war sie fest
entschlossen, es herauszufinden. Sie wollte keine Überraschungen mehr,
keine Zweifel mehr, keine Angst mehr. Sie hörte aus der Ferne, wie die
Klänge sie zu rufen schienen, doch diesmal ließ sie nicht zu, dass
sie ihren Verstand betraten. Ohnehin schienen sie nur Vergessen und
Unwissenheit zu versprechen. Beides wollte sie nicht mehr zulassen.
    Konnte sie die Antworten in ihrer Traumwelt finden? Sie
musste es versuchen, denn dies schien die einzige Welt zu sein, in der sie sich
zurzeit bewegen konnte. Sie zwang sich, von sich selbst zu träumen. Sie
träumte von einem Leben, als sie Lisa
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