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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle
Autoren: Larissa Cosentino
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sich, als das
glücklichste Lachen. Leise wiegten sie Lisa in den Schlaf, holten sie in
ihre Welt des Friedens...
    *
    Ein Blick auf die Uhr reichte Lisa, um zu erfahren, dass
sie nicht lange geschlafen hatte, dennoch fühlte sie sich ausgeruht, wie
schon lange nicht mehr. Sie stand auf und machte sich auf den Weg in die
Küche. Kaum hatte sie den Flur betreten, hörte sie schon die Stimme
ihrer Mutter. Leise schritt Lisa nach unten und mied die knarrende Stufe.
Entgegen ihrer Angewohnheit versuchte sie das Gespräch zu belauschen, das
zwischen ihrer Mutter und ihrer Großmutter stattfand. Das Wort hatte ihre
Mutter, wie meistens sprach sie leise und Lisa musste die Ohren spitzen.
    „Tut mir leid, Mama...Ich war nur in Gedanken... Ich
überlege gerade, ob ich versuchen sollte, Daniel zu finden...“
    Veronikas Antwort kam erstaunlich schnell und laut. Sie
klang entrüstet. „Wie kannst du auch nur einen Gedanken daran
verschwenden? Bei dem, was er dir angetan hat!“
    „Was hat er mir denn angetan? Ich weiß es ja selbst
nicht, vielleicht kann er mir helfen, mich zu erinnern? Ich denke, einen
Versuch ist es wert… Lisa will ihn ohnehin kennenlernen...“
    Lisa ging die letzten Stufen hinunter und blieb erst an
der Türschwelle der Küche stehen. Ihre Mutter saß auf einem
Stuhl mit dem Rücken zur Tür... plötzlich erschrak sie und
drehte sich mit ängstlichem Blick um. Das war für Lisa nichts Neues
oder Ungewöhnliches. Ihre Mutter hatte ihre Anwesenheit schon immer
gespürt und schon immer schreckhaft auf sie reagiert. War das jedoch nicht
letztendlich ebenso abnormal, wie alles, was sie in letzter Zeit erlebte? Lisa
nickte ihrer Mutter zu:
    „OK, dann lass ihn uns finden!“
    *
    Weshalb erinnerte sich Lisa jetzt, da sie in diesem
Halbkoma lag, ausgerechnet an diesen Tag? War es, weil sie sich damals zum
ersten Mal ihrer Mutter nahe gefühlt hatte? War es, weil sich von da an
ihr gesamtes Leben verändert hatte? Ja, ab diesem Tag war ihr Empfinden
für die Welt ein anderes geworden.
    Lisa nahm ein Flüstern wahr. Wieder waren es Worte
in einer Sprache, die sie nicht verstand… Ihr Körper fühlte sich
träge an, ihr Mund war trocken, doch vor allem… Was war es für ein
Saal, den sie gesehen hatte? Kreisrund, aus weißem Stein gebaut… Lisa
kannte nichts Vergleichbares! Und diese Menschen, allesamt in Weiß
gekleidet… Waren sie Teil eines Traumes? Teil eines Albtraumes? Erneut
hörte sie ein Flüstern, so nah, dass sie erschrocken die Augen
aufriss. Sie sah, wie eine junge, fremde Frau über sie gebeugt,
fürsorglich eine Wolldecke zurechtzog… Plötzlich runzelte die Frau besorgt
die Stirn… Schlagartig wurde Lisa bewusst, wie real sich diese Umgebung
anfühlte. Das konnte nicht sein! Sie schreckte auf, doch als sie dadurch
ihren Körper genauer erspürte, geriet sie in Panik. Sie war nicht sie
selbst! Was sie zuvor als Albtraum abgetan hatte, war Wirklichkeit! Sie
fühlte, wie kraftvoll ihr Körper war, sie atmete tiefer als sonst,
sogar das schnelle Pochen ihres Herzens fühlte sich viel zu mächtig
an! Wer war sie? Was geschah mit ihr? Sie war sogar erfüllt von fremden
Gedanken, die sie nicht verstand! Sie musste den König finden. Welchen
König? Laut wurde es plötzlich; Klänge hallten so laut durch den
Raum, dass sie betäubend wirkten… Erneut verlor sie das Bewusstsein… Nur
für einige Augenblicke, so hoffte sie… Nur für einige Augenblicke und
doch rang sie bereits nach ihrer eigenen Vergangenheit, um sich zu beruhigen,
um etwas Vertrautes zu sehen, doch auch, um zu verstehen… Gab es in den
seltsamen Geschehnissen der vergangenen Monate Erklärungen, für das
was jetzt geschah? Würde sie Antworten finden? Hatte sie ihren Vater
gefunden? Bot er die Antworten auf ihre Fragen? Lisa verdrängte einmal
mehr das Wissen um das Fremde, das sie umgab, und durchforstete ihre
Erinnerungen auf der verzweifelten Suche nach Erkenntnis...

Kapitel 4
    …Sandra saß bereits seit Stunden vor ihrem
Computer. Die Suche nach Lisas Vater schien vergebens. Um Lisas Willen hatte
sie sich zwar bemüht, doch wie sollte sie jemanden finden, von dem sie nur
den Vornamen kannte? Daniel… Kein seltener Vorname. Sollte sie jeden Daniel
anrufen, der in Berlin wohnte? Was, wenn er fortgezogen war? Sandra starrte
entmutigt auf den Bildschirm und lehnte sich kurz nach hinten, um ihre
verspannten Schultern einen Augenblick lang zu entlasten. Die angeklickte
Internetseite der Technischen Universität von Berlin
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