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Die Puppenkönigin – Das Geheimnis eines Sommers (German Edition)

Die Puppenkönigin – Das Geheimnis eines Sommers (German Edition)

Titel: Die Puppenkönigin – Das Geheimnis eines Sommers (German Edition)
Autoren: Holly Black
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sagte, alle für einen.«
    »Ich bin aber nicht über Bord gegangen«, widersprach Alice beharrlich.
    Während sie weiterstritten, kamen zwei von Poppys Brüdern die Fliegengittertür hinter sich zuknallend aus dem Haus. Sie schauten zu ihnen rüber und fingen an zu kichern. Tom, der Ältere, zeigte mit dem Finger auf Zach und murmelte etwas. Sein kleiner Bruder lachte.
    Zach wurde rot. Er glaubte zwar nicht, dass sie jemanden aus seiner Schule kannten, aber trotzdem. Wenn seine Mannschaftskameraden herausfanden, dass er mit zwölf immer noch mit Actionfiguren spielte, würde das Basketballtraining kein Spaß mehr sein. Und in der Schule wäre er auch unten durch.
    »Einfach nicht beachten«, erklärte Poppy betont laut. »Das sind doch Deppen.«
    »Wir wollten euch nur bestellen, dass Alice’ Oma angerufen hat«, sagte Tom mit unschuldigem Hundeblick. Nick und er hatten rotes Haar wie ihre Schwester, glichen ihr ansonsten aber gar nicht, fand Zach. Ihre Brüder und die ältere Schwester steckten ständig in Schwierigkeiten – sie prügelten sich, schwänzten die Schule und rauchten. Die Kinder der Bells waren in der Stadt verschrien und von Poppy abgesehen taten sie alles, ihrem schlechten Ruf gerecht zu werden. »Die alte Lady sagt, du musst vor Einbruch der Dunkelheit zu Hause sein, und wir sollen dafür sorgen, dass du es ja nicht vergisst. Sie hörte sich ziemlich streng an, Alice.« So freundlich seine Worte formuliert waren, sein zuckersüßer Ton machte deutlich, dass sie absolut nicht so gemeint waren.
    Alice stand auf und strich ihren Rock glatt. Das orangefarbene Licht des Sonnenuntergangs ließ ihre Haut wie Bronze leuchten und ihre vielen Zöpfchen schimmern. Alice kniff die Augen zusammen, sie wirkte verlegen und wütend zugleich. Seit sie mit zehn angefangen hatte, Kurven zu bekommen, redeten Jungs in diesem Ton mit ihr. Zach konnte das nicht ausstehen. Besonders wenn es Tom war, der sie piesackte, während er ganz freundlich tat. Leider fiel Zach nie etwas Schlagfertiges ein, das ihn davon hätte abhalten können.
    »Haut ab«, sagte er.
    Die Bell-Brüder lachten nur. Tom wiederholte mit Fistelstimme: » Haut ab! Ihr sollt nicht mit meiner Freundin reden.«
    »Ja, haut ab «, quiekte auch Nick. »Sonst haue ich euch mit meiner Puppe.«
    Alice ging mit gesenktem Kopf auf das Haus der Bells zu.
    Super , dachte Zach.
    Er hatte alles nur noch schlimmer gemacht, wie immer.
    »Bleib doch noch«, rief Poppy Alice nach, ohne ihre Brüder zu beachten. »Ruf zu Hause an und frag, ob du hier übernachten darfst.«
    »Lieber nicht«, sagte Alice. »Ich geh meinen Rucksack holen.«
    »Warte«, sagte Zach, schnappte sich Lady Jaye und ging zur Fliegengittertür. Er kam genau in dem Augenblick dort an, als sie zufiel. »Du hast etwas vergessen …«
    In Poppys Haus herrschte immer Chaos. Schmutzige Klamotten, dreckiges Geschirr und eine dicke Staubschicht bedeckten jede freie Fläche. Ihre Eltern hatten es irgendwann aufgegeben, sich darum zu kümmern, dass ihre Regeln befolgt wurden. So in etwa als Poppy acht geworden war. Einer ihrer Brüder hatte damals den Geburtstagskuchen mit den brennenden Kerzen nach seiner älteren Schwester geworfen. Seitdem gab es keine Geburtstagspartys mehr und auch keine gemeinsamen Mahlzeiten. Die Speisekammer war bis oben hin mit Käsemakkaroni in Aluschachteln, Raviolidosen und Sardinenbüchsen vollgestellt, damit die Kinder sich etwas zu essen machen konnten, bevor ihre Eltern spät von der Arbeit kamen und erschöpft ins Bett fielen.
    Zach war neidisch auf diese Freiheit und Alice erst recht. Sie übernachtete so oft bei Poppy, wie es ihre Großmutter erlaubte. Poppys Eltern schienen es nicht einmal zu bemerken.
    Zach drückte die Fliegengittertür auf und ging ins Haus.
    Alice stand vor der verstaubten alten Vitrine in der Wohnzimmerecke und betrachtete all die Dinge, die Poppy laut ihrer Mutter auf gar keinen Fall anfassen durfte. Falls sie es doch tat, drohten ihr Todesstrafe oder Verstümmelung. In dieser Vitrine war die Puppe eingekerkert, die für sie drei die Große Königin all ihrer Königreiche war. Sie saß neben einer mundgeblasenen Vase, die angeblich irgendwie antik war. Poppys Mutter hatte die Königin auf dem Flohmarkt erstanden und glaubte fest, dass sie die Puppe eines Tages in einer Antiquitätensendung im Fernsehen versteigern und von dem Erlös mit ihrer Familie nach Tahiti ziehen würde.
    Die Königin war ein Porzellanpuppenmädchen mit strohgelben Locken
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