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Die Puppenkönigin – Das Geheimnis eines Sommers (German Edition)

Die Puppenkönigin – Das Geheimnis eines Sommers (German Edition)

Titel: Die Puppenkönigin – Das Geheimnis eines Sommers (German Edition)
Autoren: Holly Black
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auch noch mit Öl bespritzt. Aber es war rappelvoll, immerhin.«
    Rappelvoll war gut.
    Rappelvoll bedeutete, dass viele Menschen in dem Restaurant aßen, und das hieß, Zachs Vater wurde nicht arbeitslos.
    Zachs Mutter holte einen Becher, schenkte wortlos Kaffee ein und stellte ihn auf den Tisch. Zach ging mit seinem Matchsack zur Tür. Manchmal war er immer noch überrascht, seinen Vater hier zu sehen, auch wenn der Gedanke daran ihm ein schlechtes Gewissen machte. Sein Pa war vor drei Jahren aus- und vor drei Monaten wieder eingezogen. Zach hatte sich noch nicht wieder an seine Anwesenheit gewöhnt.
    »Mach sie alle«, sagte sein Vater und wuschelte ihm durchs Haar, als wäre er ein kleiner Junge.
    Zachs Vater fand es toll, dass sein Sohn im Basketball-Team war. Zeitweise hatte Zach das Gefühl, es wäre das Einzige, was er an ihm mochte. Es gefiel ihm gar nicht, dass Zach nach der Schule mit Mädchen spielte, statt mit den älteren Jungs aus dem Viertel Korbwürfe zu üben. Er mochte es auch nicht, dass Zach ein Tagträumer war. Und manchmal beschlich Zach der Verdacht, dass ihm nicht einmal gefiel, dass er ein guter Basketballspieler war, weil er ihm so nicht vorhalten konnte, alles andere hielte ihn vom Sport ab.
    Die meiste Zeit kümmerte Zach sich jedoch nicht darum, was sein Vater dachte. Immer wenn der ihm einen missbilligenden Blick zuwarf oder ihm eine Frage stellte, um ihn in die Ecke zu drängen, ignorierte Zach es. Bevor sein Vater wieder eingezogen war, hatten seine Mutter und er es gut miteinander gehabt, und so würde es wieder sein, wenn er erneut auszog.
    Seufzend machte Zach sich auf den Weg zur Schule. Normalerweise traf er noch andere Schüler, die zu Fuß unterwegs waren, doch heute war weit und breit nur Kevin Lord zu sehen. Ausgerechnet Kevin, der Zach lang und breit erzählte, wie er einmal Rehe im Wald gesehen hatte, als er mit seinem Mountainbike unterwegs war, und der ein rohes Teilchen, das man eigentlich hätte toasten müssen, direkt aus der Packung aß.
    Zach betrat Mr Lockwoods Klasse kurz nachdem der Schulbus die Fahrschüler abgesetzt hatte. Alex Rios lehnte sich zurück und stieß seine Faust gegen Zachs. Dann klatschten sie die Handflächen aufeinander und zogen den Arm zurück, bis sie nur noch an den Fingerspitzen verhakelt waren. Diesen Handschlag lernte man im Basketball-Team und Zach fühlte dabei jedes Mal ein warmes Kribbeln – er gehörte dazu.
    »Was meinst du, gewinnen wir Sonntag gegen Edison?«, fragte Alex. Das war eine rhetorische Frage. Wie der Handschlag gehörte sie zum Ritual.
    »Wir schießen sie ab«, sagte Zach, »Hauptsache, du spielst mir die richtigen Bälle zu.«
    Alex schnaubte, aber dann kontrollierte Mr Lockwood die Anwesenheit und die Jungen wandten sich der Tafel zu. Zach unterdrückte sein Grinsen und setzte eine aufmerksame Miene auf.
    Nach dem Mittagessen drückte Poppy ihm einen dreieckigen Zettel in die Hand, als sie sich im Gang begegneten. Auch ohne ihn zu entfalten, wusste er, was darauf stand. Es war eine Befragung . Er konnte sich nicht mehr erinnern, wer damit angefangen hatte, oder wann, aber die Befragung war eine streng geheime Angelegenheit, die mit dem eigentlichen Spiel nichts zu tun hatte. Poppy, Alice und er mussten alle Fragen zum Spiel schriftlich beantworten, doch die Antworten waren nur für den Fragenden gedacht. Die Figuren erfuhren nichts davon.
    Die Zettel gingen zwischen ihnen hin und her, vor allem, wenn einer Hausarrest hatte oder bevor jemand einen Ausflug machte. Zach überkam jedesmal ein Hochgefühl, wenn er einen gefalteten Zettel erhielt, und gleichzeitig ein leichtes Grauen. Dieser Teil des Spiels war besonders riskant. Wenn ein Lehrer den Zettel beschlagnahmen oder Alex etwas merken würde – allein bei der Vorstellung brannte Zachs Nacken, so peinlich war ihm das.
    Er entfaltete vorsichtig den Zettel und strich ihn auf der aufgeschlagenen Seite seines Schulbuchs glatt, als Mr Lockwood mit dem Geschichtsunterricht begann.
    Sollte der Fluch aufgehoben werden, würde William dann wirklich kein Pirat mehr sein wollen? Wenn ja, würde er es vermissen?
    Wen hält er für seinen Vater? Glaubt er, dass Lady Jaye ihn mag?
    Hat William jemals Albträume?
    Zach fing an zu schreiben. Es gefiel ihm, wie sich die Geschichte dabei entwickelte und dass ihm die Antworten manchmal wie von selbst einfielen, aus heiterem Himmel, wie eine Wahrheit, die er nur erkennen musste.
    Manchma l träumt Wi ll iam, er sei l e b en d i g b e
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