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Die Prophezeiung von Umbria

Die Prophezeiung von Umbria

Titel: Die Prophezeiung von Umbria
Autoren: Deborah Hale
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den Felsen hinabzustürzen.”
    “Mir wird schon nichts geschehen.” Maura hielt ihm den Korb hin. “Wenn wir uns auf die Suche nach dem Wartenden König machen wollen, dann muss ich doch langsam lernen, auf mich selbst aufzupassen, oder?”
    Einen Augenblick schwieg Langbard, bevor er zustimmend nickte. “Du hast wahrscheinlich recht. Aber es wird einige Zeit dauern, bis ich mich daran gewöhnt habe. Versprichst du mir, vor Sonnenuntergang zu Hause zu sein?”
    “Ich verspreche es dir.”
    Er machte immer noch keine Anstalten, den Korb zu nehmen. Stattdessen ließ er den Stab fallen, schlug seinen Umhang zur Seite und nahm seinen Schultergurt mit den vielen Taschen wieder ab.
    “Tu einem besorgten alten Mann den Gefallen und nimm das hier.” Er nahm Maura den Korb aus der Hand und gab ihr dafür den Schultergurt. “Ein oder zwei Taschen sind noch leer. Die kannst du mit Königinnenbalsam füllen. In den anderen findest du alles, was du für den Notfall brauchst: Spinnweb, Irrsinnsfarn, zerstoßenes Hirschhorn.”
    “Ich weiß, was da drin ist.” Maura legte sich den Schultergurt um. “Schließlich habe ich selbst die meisten Taschen gefüllt. Außerdem ist es hier so friedlich wie immer.”
    “Sei trotzdem vorsichtig.” Langbard warf sich den Umhang über den Arm und bückte sich, um seinen Stab aufzuheben.
    “Bestimmt.” Seit ihrer Kindheit war ihr beigebracht worden, jede Gefahr zu meiden. Auch jetzt wäre sie nicht auf die Idee gekommen, leichtsinnig zu handeln. “Vergiss nicht, dein Gewand einzuweichen, wenn du zu Hause bist. Sonst muss ich eine Woche lang schrubben, um die Riedbeerflecken herauszubekommen.”
    Langbard versprach es und machte sich auf den Weg. Wenn er nicht aufhört, dauernd zurückzuschauen, wird er nicht vor Sonnenuntergang zu Hause sein, dachte Maura. Besser, sie verschwand aus seinem Blick.
    Sie atmete tief durch. Ohne einen Blick zurückzuwerfen, ging sie in den Wald hinein. Am Fuß einer mächtigen knorrigen Eiche ließ sie sich aufs Moos sinken.
    “Die Auserkorene Königin?”, stammelte sie verwirrt und voller Angst.
    Sie starrte auf ihre Hände. Die Fingerspitzen waren grün vom Saft frischer Kräuter, die Handflächen voller Schwielen. Sie kamen von dem rauen Seil, mit dem sie den Wassereimer aus dem Brunnen zog. Eine winzige, fast verheilte Verletzung erinnerte sie daran, wie sie sich verbrannt hatte, als sie die Fischpastete aus dem Ofen holte. Nein, das waren wirklich nicht die Hände einer Königin.
    Sie stand auf und ging tiefer in den Wald hinein, während in ihrem Kopf aufrührerische, trotzige Gedanken durcheinander wirbelten. Unter ihren Füßen raschelte das tote Laub. Junge Farnwedel strichen ihr sanft um die Beine und eine Brombeerranke zerkratzte ihren Knöchel.
    All das war ihr vertraut und half ihr, nicht völlig den Kopf zu verlieren, wenn die Panik sie zu überwältigen drohte.
    Natürlich sehnte auch sie sich, den Wartenden König wieder auf seinem rechtmäßigen Thron zu sehen. Kein anständiger Bewohner von Umbria wollte auch nur einen Augenblick länger auf ihn warten als unbedingt nötig. Aber es gab doch sicher andere junge Frauen, die fähiger und auch bereiter waren, diese Aufgabe zu übernehmen.
    “Ich muss nach Hause”, beschloss sie.
    Wenn sie geglaubt hatte, dass das Alleinsein ihr beim Lösen des Problems helfen würde, so musste sie jetzt feststellen, dass ihr alles nur noch verworrener erschien.
    Und welcher Weg führte zurück? Noch nie zuvor war sie so tief im Betchwood-Wald gewesen.
    In westlicher Richtung schienen die Bäume nicht mehr so dicht zu stehen. Es mochte vielleicht nicht der kürzeste Weg nach Hause sein, aber mit einem Mal war es ihr wichtiger, aus dem Wald hinauszufinden, bevor die Sonne hinter dem Horizont verschwand.
    Außerdem wuchs Königinnenbalsam immer am Waldrand.
    An einer Stelle fand Maura das gesuchte Kraut und kniete nieder, um die leeren Taschen ihres Schultergurts zu füllen.
    Als sie ein leises Zischen hörte, dem ein harter Aufprall folgte, hob sie den Kopf. In einem nahen Baumstamm steckte ein immer noch zitternder Pfeil. Von jenseits des Waldrands drang Lärm an ihr Ohr – Schmerzensschreie, wütendes Gebrüll in der Sprache der Han, das beängstigende Geräusch aufeinander schlagender Schwerter.
    Mit zitternden Händen schob sie den Königinnenbalsam in die Taschen. Dann durchsuchte sie den Gurt, bis sie gefunden hatte, was sie brauchte. Die klein geschnittenen Federn des Sturmvogels. Er war
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