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Die Prophezeiung von Umbria

Die Prophezeiung von Umbria

Titel: Die Prophezeiung von Umbria
Autoren: Deborah Hale
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berühmt für die Fähigkeit, völlig mit seiner Umgebung zu verschmelzen.
    Während sie die vorgeschriebene Zauberformel murmelte, streute sie sich eine Hand voll der Schnipsel über den Kopf. Dann wedelte sie zur Probe mit der Hand vor ihrem Gesicht. Wenn sie genau hinschaute, konnte sie die Umrisse der Finger noch erkennen, durchsichtig wie Wasser. Die Konturen verschwammen, ihre Haut hatte die Farbe des Unterholzes angenommen.
    Jetzt war sie für den Feind unsichtbar und konnte fliehen.
    Doch die Schmerzensschreie verfolgten sie. Vielleicht sollte sie aus dem Schutz des Waldes heraus einen raschen Blick auf das Geschehen werfen. Nur um sicher zu gehen, dass die Sache sie nichts anging. Sonst würden die Schreie sie noch im Schlaf verfolgen.
    Als sie durch ein niedriges Gestrüpp aus Besenginster spähte, entdeckte sie, was sie befürchtet hatte. Vor ihr erstreckte sich eine Senke, in der viele Bäume gefällt worden waren, so dass sie eine gute Sicht hatte. Eine große Truppe Soldaten der Han hatte eine Bande Gesetzloser umzingelt.
    Einer der Gesetzlosen schien zu versuchen, die anderen in einer bestimmten Ordnung aufzustellen, dicht an dicht und Rücken an Rücken. Ihre gezogenen Schwerter funkelten in der Abendsonne, während sie versuchten, den Schutz der Bäume zu erreichen. Als der Pfeil eines Han einen der Männer in die Schulter traf, packten ihn seine Kameraden unter den Armen und schleppten ihn mit sich. Wild fluchend umkreisten die Soldaten das waffenstarrende Knäuel aus Leibern, während sie auf Abstand zu den gefährlichen Klingen blieben.
    Plötzlich schoss einer der Gesetzlosen durch eine Lücke in der Umzingelung und rannte auf den Waldrand zu. Er kam jedoch nicht weit. Die Verfolger holten ihn ein und hackten ihn in Stücke.
    Maura presste sich die Hand vor den Mund, um nicht laut zu schreien. Sie gab zwar keinen Laut von sich, doch sie erbrach alles, was sie gegessen hatte.
    Als sie wieder aufblickte, konnte sie sehen, dass die Gesetzlosen jetzt in alle Richtungen rannten. Verzweifelt versuchten sie, eine Deckung zu erreichen, bevor die Soldaten sie überwältigten und niedermetzelten. Nur einem von ihnen, demjenigen nämlich, der versucht hatte, die Männer beisammen zu halten, schien die Flucht zu gelingen. Er rannte schnell, duckte sich, sprang über umgestürzte Stämme und lief im Zickzack davon. Oft gingen die Pfeile seiner Verfolger dort nieder, wo er einen Augenblick zuvor noch gewesen war.
    Inständig hoffte Maura, dass dem Mann die Flucht gelang. Sie freute sich über jeden Zoll, den er an Vorsprung gewann, hielt den Atem an, wenn ein Pfeil haarscharf an ihm vorbeizischte, und atmete erleichtert auf, wenn der Flüchtling unverletzt weiterrannte.
    Die Han hatten alle anderen schon getötet. Jetzt machten sie geschlossen Jagd auf diesen Letzten, den langsam die Kräfte verließen.
    Niemand konnte dieses Tempo bergauf lange beibehalten. Maura spürte fast am eigenen Körper, wie er keuchte, wie seine Lungen brannten. Die Kraft seiner Beine ließ nach. Bald würden sie ihn nicht mehr tragen können.
    Als er stolperte, hielt Maura erschrocken die Luft an.
    Er fiel, rollte ein Stück den Weg hinunter, doch dann kam er mit verzweifelter Kraft wieder auf die Füße.
    Da traf ein Pfeil seinen linken Arm.
    Bald würde es vorbei sein.
    Sie musste das nicht mit ansehen, sie musste sich nicht damit belasten. Er war ja nur ein Gesetzloser.
    Ihm zu Hilfe kommen? Undenkbar!
    Bevor sie in Versuchung kam, so etwas Verrücktes zu tun, sprang Maura auf und lief davon.
    Sein Schildarm war verletzt.
    Rath Talward warf den kleinen runden Schild zur Seite und fuhr herum, um die Han zu erwarten. Jetzt brauchte er keinen Schild mehr. Und er wollte auch keinen. Am Ende dieses Kampfes würde der Tod auf ihn warten.
    Solange er sich erinnern konnte, hatte er nach drei einfachen Regeln gelebt: Du musst am Leben bleiben. Du musst frei bleiben. Du musst immer etwas zu essen finden.
    Nun, da es zum Äußersten gekommen war, wusste er, dass er der Freiheit den Vorzug geben würde. Besser tot als in die Blutmond-Bergwerke verschleppt zu werden. Er würde ihnen keine andere Wahl lassen, als ihn zu töten.
    Rath nahm sein Schwert in beide Hände und duckte sich ins Gebüsch. Er war bereit, den ersten Han zu töten, der sich ihm näherte.
    Ein großer Krieger stürmte auf ihn zu, das mächtige, wellenförmig geschliffene Schwert in der hoch erhobenen Faust. Sein langes flachsfarbenes Haar wehte über dem Helm wie ein
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