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Die Prophezeiung von Umbria

Die Prophezeiung von Umbria

Titel: Die Prophezeiung von Umbria
Autoren: Deborah Hale
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sogar Furcht.
    Nichts anderes ergab einen Sinn, und Rath hasste es, wenn etwas keinen Sinn ergab.
    Der Blick des Hexers drückte aber eher Neugier aus – vielleicht sogar so etwas wie Bewunderung.
    Ohne die geringsten Anzeichen von Furcht näherte er sich ihm. “Ich muss Euch um Verzeihung bitten, junger Mann. Ich hatte gehofft, Ihr würdet bei meiner Behandlung keine Schmerzen spüren, weil Ihr bewusstlos gewesen seid.”
    “Was habt Ihr mit mir gemacht? Was wollt Ihr von mir?”
    “Zuerst einmal …” Der Alte bückte sich und hob etwas vom Boden auf, was er zwischen Daumen und Zeigefinger hielt, “… musste diese Pfeilspitze aus Eurem Arm, bevor sie noch mehr Schaden anrichten konnte.”
    Mit offenem Mund betrachtete Rath das kleine Stück Metall, an dem noch immer sein Blut klebte. Wie konnte so ein winziges Ding solch eine tödliche Wirkung haben?
    “Unmöglich.” Er schüttelte den Kopf. “Es tat zwar weh, aber nur kurz. So schnell konntet Ihr es nicht herausgeschnitten haben.”
    “Herausgeschnitten? Nie würde ich einen Mann auf diese Art verstümmeln.” Er starrte auf die Pfeilspitze in seiner Hand. “Die Han besetzen ihre Pfeilspitzen am Ende mit diesen feinen Widerhaken. So richten sie noch mehr Schaden an, wenn man versucht, sie herauszuziehen.”
    “Aber wenn Ihr sie nicht herausgeschnitten habt, wie …?”
    “Ich bedauere, aber es war notwendig, das Ding durchzustoßen. Es war allerdings so tief eingedrungen, dass es ziemlich schnell draußen war.”
    “Aber …?” Durchgestoßen? Wie denn?
    “Genug Fragen gestellt.” Der Hexer gab Maura die Pfeilspitze. “Schaff das fort, Liebes. Und wenn du zurückkommst, bring sauberes Leinen und heißes Wasser mit. Und die Kräuter natürlich. Du weißt ja, was wir brauchen.”
    Er wandte sich wieder an Rath. “Jetzt, wo Eure Wunde genug geblutet hat, um das Gift auszuwaschen, müssen wir sie verbinden.”
    Rath reckte etwas den Kopf, um seinen Arm genauer zu betrachten. Er hatte erstaunlich wenig Blut verloren, wenn man bedachte, was der Hexer angeblich getan hatte. Wo die Spitze allem Anschein nach ausgetreten war, war nur ein kleiner Punkt zu sehen. Gerade, als ob das Fleisch sich geteilt und von selbst wieder geschlossen hätte. Der Arm schmerzte auch weit weniger, als er eigentlich sollte.
    Rath blickte wieder zu dem alten Mann, der vorsichtig den Kopf bewegte und sich das Kinn rieb.
    “Es tut mir leid, wenn ich Euch vorhin wehgetan habe.” Seine Entschuldigung klang etwas mürrisch und grob, aber er hatte keine große Übung darin. Die meisten Männer, die er bis jetzt verletzt hatte, hatten es, weiß Gott, verdient.
    “Es ist nichts Ernsthaftes.” Der Alte kicherte vor sich hin, als würde er sich über etwas sehr freuen. “Ihr seid ganz schön stark. Und auch schnell.”
    “Wenn man so lebt wie ich, muss man das sein.”
    “Das denke ich mir.”
    Rath blickte sich im Raum um. Er war klein und hatte eine sanft geschwungene Decke. Die Fensterläden standen offen. Milde Nachtluft wehte herein und überdeckte den scharfen Kräutergeruch, der im Raum hing. Im steinernen Herd neben der Tür knisterte ein kleines Feuer. Außer dem Bett, in dem Rath lag, gab es keine anderen Möbel. Für einen Augenblick entspannte er sich und genoss den ungewohnten Komfort einer weichen Matratze.
    Kurze Zeit darauf näherten sich Schritte. Maura kam zurück. Sie trug eine irdene Schüssel in den Händen, aus der Dampfwölkchen aufstiegen, und einige Leinentücher über dem Arm.
    “Dank dir, Liebes. Stell es hierhin.” Der alte Mann zeigte auf den Boden neben dem Bett.
    “Ich heiße übrigens Langbard”, wandte er sich wieder an Rath. “Langbard of Westborne. Ich bin ein Zauberer … wie du vielleicht schon erraten hast. Und die junge Frau, die dich hergebracht hat, ist mein Mündel Maura Woodbury.”
    Rath nahm es mit einem kleinen Kopfnicken zur Kenntnis. “Und wie habt Ihr mich hierher gebracht, Mistress Woodbury? Hattet Ihr irgendwo in der Nähe einen Packesel versteckt oder habt Ihr mich den Bach hinuntertreiben lassen?”
    “Ich habe Euch den ganzen Weg getragen. Habt keine Sorge, von einem wie Euresgleichen erwarte ich keinen Dank …”
    “Maura”, unterbrach der Zauberer sie warnend. Dann richtete er wieder den Blick seiner hellen blauen Augen auf Rath. “Und Euer Name, junger Mann?”
    “Rath Talward. Manche nennen mich Rath den Wolf.”
    “Rath?”, murmelte Maura. “Was für Leute geben denn einem Kind solch einen
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