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Die Prophezeiung von Umbria

Die Prophezeiung von Umbria

Titel: Die Prophezeiung von Umbria
Autoren: Deborah Hale
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dieses Behagen verspürt. Wenn er gewusst hätte, dass ihn so etwas Schönes erwartete, hätte er sich keine solche Mühe gegeben, am Leben zu bleiben.
    Rath fragte sich, was wohl aus der kleinen Hexe geworden war. Wenn das der Tod war, dann hoffte er, dass auch sie gestorben war. Doch das war wohl kein sehr schicklicher Wunsch.
    Er erinnerte sich an das Letzte, was er von ihr gesehen hatte, bevor er starb. Sie war eine Schönheit gewesen, mit reicher Haarpracht und Augen, in denen das unschuldige Versprechen eines Frühlingstages lag.
    Unschuldige Versprechen eines Frühlingstages? Er musste tatsächlich tot sein. Als er noch lebte, hatte er nie solche wunderlichen Gefühle gehabt.
    Eine vertraute sanfte Stimme fragte ängstlich: “Wird er überleben?”
    Dass jemand sich Sorgen um ihn machte, rief ein ganz neues Gefühl in Rath wach. Er wusste nicht recht, ob er dieses Gefühl mochte oder nicht.
    “Ich denke schon”, erwiderte eine tiefe männliche Stimme. “Er scheint ein ganz schön harter Bursche zu sein, dein Gesetzloser. Seinen Narben nach zu urteilen hat er schon Schlimmeres überlebt.”
    Rath konnte den Sprecher auf Anhieb nicht leiden. Er hatte sich mit der Vorstellung, tot zu sein und endlich Frieden zu haben, angefreundet. Es gefiel ihm ganz und gar nicht, auf einmal wieder zu leben. Und auch nicht, dass er an seine Wunde erinnert wurde, die prompt wieder heftig zu schmerzen begann.
    “Er ist nicht
mein
Gesetzloser, Onkel. Er ist in keiner Weise
mein.
Ich bereue es, mich überhaupt um ihn gekümmert zu haben. Er ist wirklich der Letzte, den wir bei unserem Vorhaben brauchen können.”
    Was für ein Vorhaben, fragte sich Rath. Wo war er überhaupt? Und wie hatte ihn ein so zierliches Mädchen hierher bringen können?
    “Übereile nichts, Liebes”, sagte der Mann, den sie “Onkel” nannte. “Wir erkennen nicht immer sofort die Wege des Allgebers. Ich denke, er kann für uns noch von Nutzen sein.”
    Also doch! Er hatte es ja geahnt. Sie wollten etwas von ihm.
    Er überlegte, ob er die Augen öffnen und Antwort auf seine Fragen fordern sollte. Stattdessen hielt er sie weiterhin geschlossen und bemühte sich, ruhig und gleichmäßig zu atmen. So würde er viel eher erfahren, was die beiden mit ihm vorhatten.
    “Von sehr großem Nutzen”, wiederholte der Mann nachdenklich. “Aber nicht mit dieser Pfeilspitze in seinem Arm”, fügte er rasch hinzu.
    Rath spürte, dass jemand seinen Arm berührte, und vernahm leise gemurmelte Worte, die er nicht verstand. Dann durchzuckte ihn eine weiß glühende Höllenpein.
    Brüllend vor Schmerz und Wut riss er die Augen auf und umklammerte mit tödlicher Kraft die Kehle seines Peinigers.
    Für einen Mann, der gerade gewürgt wurde, schaute ihn der Hexer nur mit erstaunlicher Ruhe neugierig an.
    “Lass ihn los, du Tier”, schrie die Frau.
    “Sag mir zuerst, wo ich bin und was ihr mit mir vorhabt.”
    “Du bist an einem besseren Ort, als du es verdienst”, fauchte sie und ließ die Kante ihrer Hand wie eine Axt auf seinen verwundeten Arm niedersausen. Rath zweifelte, ob der Schlag mit einer Axt mehr wehgetan hätte. Instinktiv ließ er den Hexer los, um sich vor weiteren Angriffen zu schützen.
    Während er nach Luft rang, taumelte der alte Mann zurück. Währenddessen öffnete die Frau die andere Hand und blies etwas Feines, Fedriges in Raths Richtung. Als er es abstreifen wollte, blieb es an den feinen Härchen auf seinem Arm hängen. Während er immer noch versuchte, sich zu befreien, begann die Hexe einen fremdartigen Singsang, der Rath lähmte.
    “So! Das wird dich eine Weile davon abhalten, noch mehr Unheil anzurichten.” In ihren Augen funkelte jetzt die pure Bosheit.
    Wohin war nur die “frische, frühlingshafte Unschuld” verschwunden?
    Sie wandte sich zu dem Hexer um, dessen Gesicht langsam wieder eine normale Farbe annahm. “Onkel, bist du in Ordnung? Ich habe dir ja gesagt, dass wir diesen Rüpel besser fesseln sollten, bevor er aufwacht.”
    “Mach keinen solchen Wirbel, Maura”, war alles, was der alte Mann antwortete.
    Das war also der Name der kleinen Höllenkatze. Nicht dass es Rath interessiert hätte, aber so wusste er doch wenigstens, wie er sie rufen musste, falls er sie brauchte.
    Die Art, wie Mauras Onkel ihn anstarrte, gefiel ihm nicht. Zwar war der Blick des alten Mannes nicht feindselig, ganz im Gegenteil. Doch gerade das beunruhigte Rath. Von einem Mann, den er gerade gewürgt hatte, erwartete er Feindseligkeit, vielleicht
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