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Die Prophezeiung der Steine

Die Prophezeiung der Steine

Titel: Die Prophezeiung der Steine
Autoren: Pamela Freeman
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die Köttel zusammenfegte, welche die Gänse hinterlassen hatten. Ein Stückchen die Straße hinab tat die Witwe Farli vor ihrem Cottage das Gleiche. Gänseköttel waren guter Dung, und für jemanden wie die Witwe Farli, die lediglich ein paar kümmerliche Hennen hielt, waren sie wichtig. Brambles Mutter Summer hielt Schweine, Ziegen und Hennen und benötigte die Köttel nicht wirklich.
    »Es bringt nichts, sie zu vergeuden«, sagte ihre Mama, als Bramble zu ihr kam. Sie fegte die Köttel auf ein altes Stück Sackleinen. »Hier, geh und bring das der Witwe Farli.« Sie reichte ihr den Sack.
    Bramble nahm die Köttel entgegen und gab dafür den wilden Thymian, die anderen Kräuter und das Kaninchen ihrer Mutter.
    Farli hatte scharf geschnittene Gesichtszüge, und ihre Nasenspitze war immerzu weiß, wie vor Wut. Wem diese Wut galt, hatte Bramble nie herausgefunden. Sie starrte an Bramble vorbei und sagte abfällig: »Nett von deiner Mutter , sich die Mühe zu machen. Sie ist niemand, der in der Gegend herumscharwenzelt und ihre ganze Arbeit anderen überlässt.«
    »Zum Glück«, sagte Bramble und lächelte dabei süß. »Denn was sollte sonst aus dir werden?«

    Farlis Gesicht verdunkelte sich. »Eines Tages wird dich dein Mundwerk noch in eine missliche Lage bringen, junge Dame, denk an meine Worte! Misslich oder noch schlimmer!«
    Sie machte auf dem Absatz kehrt und stolzierte zu ihrem hinter dem Haus liegenden Garten, den Sack mit den Köttel dabei fest umklammernd.
    Bramble grinste und ging nach Hause. Sie musste noch das Fell zum Trocknen aufhängen. Sie holte es aus seinem Versteck hinter dem Abort hervor und ging damit zur Küchentür, wo sie ihre Mutter darum bat, ihr das gute Messer zu leihen, damit sie das Fell abschaben konnte.
    »Ein Wolf ?«, bemerkte ihre Mama. Ihr Tonfall brachte zum Ausdruck, dass sie sich Sorgen darüber machte, was ihre Tochter wohl als Nächstes tun würde. Zudem hatte sie wieder einmal ihren typischen Blick aufgesetzt, mit dem sie deutlich zeigte, dass sie nicht verstand, womit sie dies alles eigentlich verdient hatte.
    Bramble war mit der Gewissheit aufgewachsen, nie die Tochter zu werden, die sich ihre Eltern wünschten, nie wie ihre Schwester Maryrose sein zu können, eine geborene Handwerkerin, verantwortungsbewusst, hart arbeitend und auf eine Art liebevoll, die ihrer Lebensweise entsprach. Maryrose sah aus wie ihre Mutter, hatte lohfarbenes Haar und blaue Augen, war deutlich eine von Actons Nachfahren, während Bramble aussah wie ihr Großpapa, der sein Leben als Wanderer begonnen hatte. Er sah aus wie die Leute, die hier gelebt hatten, bevor Actons Volk über die Berge gekommen war. Neben ihrer Hautfarbe - oder vielleicht wegen der Art, wie die Leute sie deswegen von der Seite anschauten - hatte Bramble die Rastlosigkeit der Wanderer geerbt, den Hass darauf, eingegrenzt zu sein. Während Maryrose absolut glücklich damit war, den ganzen Tag über mit
ihrer Mutter am Webstuhl zu sitzen oder in der Werkstatt zu stehen und mit ihrem Vater einen Buchenholztisch zu fräsen und zu hobeln, sehnte sich Bramble danach, im Wald zu sein, wegen der grünen Pracht der sommerlichen Vegetation, dem bizarren Flechtwerk kahler Äste im Winter, dem feuchten Moder und Pilzgeruch des Herbstes.
    Dort hatte sie während ihrer Kindheit ihre ganze freie Zeit verbracht und auch dann noch, als sie hätte ein Handwerk erlernen sollen. Obwohl sie, als sie alt genug war, um zu heiraten, weder weben noch zimmern konnte, stammte ein großer Teil des Essens, das in der Familie auf den Tisch kam, aus ihren Händen, und darüber hinaus auch noch ein paar besondere Dinge. Ihre Ziegenherde war Brambles Pflege von Waisen oder dem kleineren Zwilling eines Wurfs zu verdanken. Wenn sie ein Junges erfolgreich aufzog, bekam sie entweder die Hälfte des Fleischs, wenn es sich um einen Ziegenbock handelte, oder das erste Junge, wenn es eine Zicke war. Sie hatte ein Händchen für kranke Tiere wie auch für kranke Menschen. Im Wald legte sie Schlingen aus, sammelte Kräuter, Früchte, Nüsse und Zwiebeln. Zu Beginn des Frühjahrs, der harten Jahreszeit, waren es ihre Kräutersalate und Schneebeeren, welche die Familie vor dem Skorbut bewahrten, und ihre Kaninchen und Eichhörnchen, die sie ernährten, wenn der Speck ausging und das Maismehl knapp wurde. Natürlich hätten sie zusätzliche Vorräte kaufen können, doch das Geld, das sie durch Brambles Sammeln in dieser Jahreszeit und das ganze Jahr über sparten,
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