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Die Prophezeiung der Steine

Die Prophezeiung der Steine

Titel: Die Prophezeiung der Steine
Autoren: Pamela Freeman
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war ich, dass ich den Tod ins Spiel gebracht hatte? Ich erkannte meine Steine beim Anfassen, selbst in der Dunkelheit des Beutels. Ich hätte umhertasten und ihm einen glücklichen Traum bescheren können: vergoltene Liebe, gelöste
Probleme, Geduld. Ich hätte den Groll in seinem Blick und den Schmerz in seinem Herzen besänftigen können.
    Aber durfte ich die Steine manipulieren?
    Ich warf sie abermals. Dieses Mal tauchte der Tod nicht auf. Er war mit dem jungen Mann und seinen Narben aus der Tür gegangen.

Saker
    Saker erinnerte sich an das erste Mal, als er versucht hatte, einen Toten zu erwecken. Es war in der Nacht gewesen, nachdem Freite, die Zauberin, endlich gestorben war. Dreizehn lange Jahre war er ihr Lehrling gewesen, doch erst in den letzten beiden Jahren hatte sie wahrhaftige Geheimnisse mit ihm geteilt und das auch nur, weil er damit drohte, sie andernfalls zu verlassen.
    Freite hatte mit ihrem hohen Alter gehadert und geweint wegen seiner Weigerung, weiterhin alles für die Verlängerung ihres Lebens zu tun. Sie konnte ihm nichts mehr bieten. Er hatte alles von ihr gelernt, was sie ihn von ihrem Zauber der Wind Cities lehren konnte, und dazu hatten weder Mitleid noch Großzügigkeit gehört. Daher hatte er es abgelehnt, sie an ihren Extremitäten zu berühren, da er wusste, dass sie ihm sonst Kraft entziehen würde, um noch einen Tag, eine Woche oder, wenn sie Glück hatte, einen Monat Lebenszeit zu gewinnen … Ihn verfluchend war sie gestorben, aber er war bereits mit einem Fluch belegt, also bedeutete es ihm nichts.
    Nachdem sie beerdigt worden war, hatte der Dorfsprecher von Whitehaven Freites Testament verkündet. Dabei hatte Saker festgestellt, dass ihr Haus in seinen Besitz überging, dazu ihre Ersparnisse, die weit höher waren, als er es sich vorgestellt hatte.

    Da war er nun also, reich, doch ohne Plan, wie es nun weitergehen sollte. Deshalb war er zur Steinedeuterin gegangen, um herauszufinden, was die Götter als Nächstes von ihm erwarteten. Und die Steinedeuterin hatte ihn mit der knappen Botschaft, dass ihn Rache und Jubel erwarteten, aus der Tür geschickt.
    Bei jenem ersten Versuch, einen Toten zu erwecken, hatte er nicht einmal gewusst, dass er besondere Knochen benötigte, um den Zauber wirksam werden zu lassen. Die Zauberin hatte ihm absichtlich nur Halbwahrheiten beigebracht, damit sich noch etwas zugeben hatte. Sie hatte versucht, ihr Wissen nicht ganz preiszugeben, als könne dies den Tod hinauszögern. Saker wusste, dass nichts, absolut nichts den Tod auf Dauer fernhalten konnte. Früher oder später klopfte diese Fee jedem auf die Schulter. Manchmal, aber nur manchmal, ließ sie sich überlisten.
    Er hob das flach auf seiner Hand liegende schwarze Steinmesser an und zwang sich, seine Hand dabei ruhig zu halten. Es muss funktionieren . Nun endlich besaß er die Mittel, sieben Jahre, nachdem die Steinedeuterin ihm den Weg gewiesen hatte …
    »Ich bin Saker, Sohn von Alder und Linnet aus dem Dorf Cliffhaven. Ich strebe Gerechtigkeit an.«
    Die Erinnerung ließ ihn erschauern vor Sehnsucht, Reue und gerechtem Zorn. Darin lag die Stärke seines Zaubers. Er konzentrierte sich auf die noch immer offene Wunde in seiner Seele und entzog ihr den Schmerz. Dann fing er an. Der Rest des Zaubers bestand nicht aus Worten, sondern aus Erinnerungen, aus vielfältigen, Besorgnis erregenden Farben, musikalischen Versatzstücken, einem ganz bestimmten Duft, dem Klang eines Schreies …
    Als er alles beisammen hatte, schaute er hinab auf die Knochen seines Vaters auf dem Tisch, auf den mit leeren
Augenhöhlen vor sich hinstarrenden Schädel seines Vaters. Er presste sich das Messer auf die Handfläche und drückte es dann fest herunter. Das Blut quoll im Takt seines Herzschlags heraus und spritzte auf die kreideweißen Knochen.
    »Alder«, sagte er. »Erwache.«

Bramble
    Die Blutspur war deutlich. Alle paar Schritte waren leuchtend rote Kleckse zu sehen. Und sie ergaben eine Fährte. Im Sommer wäre es schwieriger gewesen, doch jetzt, zu Beginn des Frühjahrs, waren die Gräser und Farne noch licht, und der Boden war so weich, dass er die Spur des Wolfes preisgab.
    Selbst die Männer des Kriegsherrn hätten so viel Blut nicht übersehen können; Bramble schien es, als folge sie einem deutlich markierten Weg, durch frische Farnkrautwedel und alte Lauberde an den Granitfelsen und Vogelbeerbäumen vorbei, wo das Blut auf jedem Schritt die Fährte markierte, so frisch, dass sie es riechen konnte.
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