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Die Prophezeiung

Die Prophezeiung

Titel: Die Prophezeiung
Autoren: Krystyna Kuhn
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oder?«
    Robert zögerte und beugte sich dann nach vorne. Seine Augen hinter der Brille hielten ihren Blick fest, ließen ihn nicht los. »Ja, sie leben in London.«
    In dem Moment der Stille hörten sie, wie sich die Tür zum Apartment öffnete und Schritte ertönten. Man konnte das Licht aus Katies Zimmer unter der Tür durchschimmern sehen. Katie stoppte den Schaukelstuhl.
    In der nächsten Sekunde klopfte es bereits. Roses Stimme klang durch die Tür.
    »Katie? Schläfst du schon?«
    »Nein.«
    »Lass mich rein.«
    Robert schüttelte den Kopf. Seine Lippen formten zwei Worte: »Noch nicht.«
    »Nein«, rief Katie wieder.
    Kurze Stille.
    »Bei dem Nebel können sie keinen Suchtrupp losschicken. Sie warten bis morgen früh. Aber sie wollen noch einmal mit dir reden und zwei Securitybeamte fahren ins Krankenhaus, um Benjamin und David zu befragen.«
    »Okay.«
    »Aber Julia …«
    »Was ist mit ihr?«
    »Sie weigert sich, mit dir in demselben Apartment zu schlafen.«
    Katie gab keine Antwort. Sie hörte, wie Rose noch einige Sekunden vor der Tür stehen blieb, dann verhallten ihre Schritte. Die Tür zum Badezimmer ging auf, schlug wieder zu.
    Sie wandte sich wieder Robert zu, der den Kopf zwischen den Schultern verborgen hatte.
    Weinte er?
    Nein, er hob den Kopf und … Erleichterung stand in seinem Gesicht geschrieben.
    »Das ist gut«, sagte er.
    »Was ist gut?«
    »Der Nebel.«
    Katie wandte sich Richtung Fenster. »Ich hasse ihn.«
    »Warum? Er schenkt uns Zeit. Wir müssen entscheiden, was wir tun sollen, Katie. Ich kann das nicht alleine. Die Verantwortung ist zu groß. David ist nicht da, aber du …« Er deutete auf seinen Rucksack. »Gib ihn mir, bitte.«
    Sie bückte sich, zog ihn zu sich und warf ihn zu ihm hinüber. Er fühlte sich schwer an, und als Robert ihn öffnete, wusste sie, warum.
    Er hatte die beiden anderen Aktenordner mitgenommen und reichte sie ihr. Sie ließ ihn nicht aus den Augen. »Aber wegen der Ordner bist du nicht im Labyrinth zurückgeblieben.«
    »Nein«, Robert schüttelte den Kopf. »Wegen dem, was darunter lag.«
    Katie verstand nun gar nichts mehr. »Darunter?«
    »Sind dir nicht die Linien auf dem Boden unter dem Tisch aufgefallen?«, fragte Robert.
    Katie überlegte. Dann fiel ihr es wieder ein. »Ja, der Boden war irgendwie … es waren Muster eingeritzt, oder?«
    Statt einer Antwort beugte sich Robert vor, zog sein Notizbuch aus seinem Rucksack und schlug es auf der Seite auf, die vollgekritzelt mit Linien und Kreisen waren.
    »Dein Streckenplan«, sagte Katie staunend.
    Robert nickte. »Ja. Er entspricht exakt den Linien, die auf den Boden der Plattform eingeritzt waren. Und fällt dir etwas auf?« Ohne ihre Antwort abzuwarten, deutete er auf vier konzentrische Kreise, die inmitten eines Gewirrs aus Linien und Verbindungspunkten auftauchten. »Das hier ist das Zentrum. Direkt unter dem Schreibtisch.«
    Katie begriff, worauf Robert hinauswollte. »Du meinst, der Boden hat sich für dich geöffnet? Genau wie die drehbaren Wände?«
    Ein grimmiges Lächeln lag auf Roberts Gesicht. »Einfacher«, sagte er. »Es gab einen Griff.«
    Für einen Moment war sie sprachlos.
    »Es war so leicht, Katie«, sagte Robert und sein Lächeln verschwand gespenstisch schnell. »Die Marmorplatte hatte vielleicht einen Meter Durchmesser, aber sie ließ sich so problemlos bewegen, als würde ich meine Schranktür aufmachen.« Er zog die Beine an, umklammerte sie und legte den Kopf auf die Knie. »Es führten Stufen zu ihm hinunter, weißt du? Und dann stand er dort, als hätte er auf mich gewartet.«
    »Wer?« Katie hielt die Luft an.
    Robert sah nicht hoch. »Dort unter dem See gibt es nicht nur eine Leiche, die in dem Gestein eingeschlossen ist.«
    Dort unter dem See.
    So könnte ein Märchen, eine Sage beginnen.
    Unter dem See hauste ein Unwesen, das jeden zu Stein werden ließ, der …
    Schöne Geschichte, oder, Katie?
    Nur, dass es nicht jedem passierte. Sie, David und Robert hatten es geschafft, dort unten herauszukommen. Wer also war der Zweite, der es nicht überlebt hatte – außer Grace?
    Mi Su lebte noch, ebenso wie Mark, Robert und Julias Vater.
    Was aber war aus Frank Carter, Milton Jones, Kathleen Bellamy und Martha Flemings geworden?
    »Wer, Robert?«, flüsterte sie.
    »Milton.« Roberts Stimme war rau. »Es gab eine Inschrift. ›In Ewigkeit, Milton.‹ Und genau wie Grace ist er nicht gestorben. Er wurde versteinert.« Roberts Gesicht war schmerzverzerrt und auf seiner Stirn
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