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Die Prophezeiung

Die Prophezeiung

Titel: Die Prophezeiung
Autoren: Krystyna Kuhn
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erschien wieder diese diagonale Falte.
    Katie hatte sich erst vor Kurzem eingeredet, die Geister der Studenten hätten sie aufgesucht, um ihr etwas mitzuteilen. Was natürlich nur auf eine Überreizung ihrer Nerven zurückzuführen war. Und mit Sicherheit war Robert in einem ähnlichen Zustand. In einer Art Grenzregion zwischen Realität und Fantasie. Zwischen klarem Bewusstsein und gefährlichen schwarzen Löchern in seinem sonst so perfekt funktionierenden Verstand.
    Sie drehte sich um und schloss das Fenster mit einem Ruck. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie eiskalt es in dem Raum war. »Okay, Rob«, sie versuchte, ihrer Stimme einen normalen Klang zu geben, »jetzt mal ganz cool. Das bildest du dir doch nur ein.«
    »Nein«, beharrte Robert. »Es war alles genau zu erkennen. Seine Kleidung, die Haare, die Hände. Es hat mich an die Grabanlage von Qín Shihuángdì erinnert – an die Figuren der Terrakottaarmee.« Er erhob sich, aber er war so erschöpft, dass er kaum stehen konnte. Nicht nur seine Brille, auch seine Schuhe, seine Kleidung, seine Haare, sein Gesicht – alles war voll rötlich braunem Staub.
    »Robert …«, flüsterte Katie.
    »Ich weiß«, erwiderte er und … er lächelte. »Aber keine Sorge. Das ist nichts, wobei eine lange, heiße Dusche nicht helfen kann.«
    »Aber David … Grace …«
    »Ich habe nicht einmal einen einzigen Kratzer davongetragen, und solange von dem Staub nichts in meine Haut eindringt oder in mein Blut, haben wir nichts zu befürchten.«
    Katie fühlte sich schwindelig. All die Informationen schwirrten in ihrem Kopf umher und verknüpften sich zu einem unlösbaren Chaos. »Aber warum David? Hier im Tal haben sich doch bestimmt schon jede Menge Leute verletzt. Warum ist es ihm passiert? Warum Grace? Warum Milton?«
    »Wir werden es herausfinden«, sagte Robert. »Genauso wie wir herausgefunden haben, was mit den Studenten auf dem Ghost passiert ist.«
    »Ach, Fuck!« Katie spürte die Wut in sich hochkochen. »Ich will es aber nicht irgendwann herausfinden. Ich will es jetzt wissen. Wer steckt hinter all dem Ganzen? Was ist mit diesem Labyrinth – wer hat es gebaut? Und was ist mit Dave Yellad?«
    Robert ging zur Tür, drehte den Schlüssel herum, und bevor er sie öffnete, wandte er sich noch einmal zu ihr um. »Lies die Papiere in den Ordnern. Dann verstehst du.«
    Er öffnete die Tür und – stand vor Rose, die ihn entsetzt anstarrte.
    »Ist Julia bei Chris?«, fragte Robert.
    Rose nickte.
    »Gut.«

Grace Dossier
    Auszug aus Dave Yellads Reiseerinnerungen
    Nirgends auf meinen abenteuerlichen Reisen durch den Orient oder Okzident ist er mir begegnet. Und doch bin ich enttäuscht, als ich ihn das erste Mal sehe. Die Pilze wachsen hier in den unterirdischen Gängen, die den heiligen Berg durchziehen, den die Indianer auch den ›Großen Geist‹ nennen. Ungewöhnlich ist, dass der Pilz im Felsen zu wachsen scheint. Und seine Besonderheit wird nur im Dunkeln offenbar: Denn dann leuchtet der Pilz aus sich heraus wie pures, reinstes Gold.
    Das Motiv taucht immer wieder in den Felsmalereien der Indianer auf, und zwar in Form von kleinwüchsigen Menschen, die pilzförmige Hüte tragen. Auch sind Darstellungen von Schamanen mit Masken und Pilzen zu erkennen.
    Im Gegensatz zu vielen anderen Pflanzen, die als Drogen dienen, besitzen die Pilze jedoch keine berauschende Wirkung. Die Indianer verwenden sie vielmehr zur Erzeugung von übernatürlichen Träumen. In ihrer Vorstellung besitzen sie die Macht, verlorenes Wissen zu finden.
    Wer sie isst, erlangt Erleuchtung und kann in die sogenannte Anderswelt reisen, denn diese Droge ist der Born aller Weisheit. Die Cree-Indianer glauben, nicht die Natur verbirgt ihre Geheimnisse, sondern der Mensch besitzt nicht die Fähigkeit, sie zu erkennen.
    Doch nicht jeder ist würdig, von ihnen zu kosten, weshalb nur ein Schamane denjenigen auserwählen darf. Es hat mich einige Nächte gekostet, das Vertrauen des Schamanen der Cree zu gewinnen. Doch dann in der Nacht des großen Vollmonds hat er mit mir das Ritual durchgeführt.
    Da habe ich die Formel zum ersten Mal gesehen.

Kapitel 29
    Katie hatte die ganze Nacht nicht eine Minute geschlafen. Sie hatte sich nicht einmal ausgezogen, sondern war unruhig von ihrem Bett zum Schaukelstuhl gewechselt, in dem sie am besten nachdenken konnte, und wieder zurück.
    Natürlich – sie hätte einen vorläufigen Schlusspunkt setzen können. Im Sinne von – nach mir die Sintflut. Das Geheimnis der
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