Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Prinzessin

Titel: Die Prinzessin
Autoren: Jude Deveraux
Vom Netzwerk:
bekommen würde. Doch sie hatte sich seufzend gefügt und sich von zwei Zofen für das Bankett ankleiden lassen.
    Beim Dinner saß sie mit Generälen und Stadträten, deren Anzüge penetrant nach Mottenpulver stanken, an einem Tisch. Jeder von ihnen fühlte sich bemüßigt, eine Ansprache zu halten, und Aria versuchte ihre Langeweile zu verbergen. Das Mahl konnte sie auch nicht richtig genießen, weil Fotografen bei dem Bankett zugelassen waren und es einem Mitglied des Königshauses strikt verboten war, sich bei einer so profanen Beschäftigung, wie es essen nun einmal war, fotografieren zu lassen. So schob sie ihren Teller von sich und lächelte höflich, obwohl sie großen Hunger hatte.
    Als sie endlich in ihr Zimmer gehen konnte, war es schon fast Mitternacht, und bereits in sechs Stunden war der nächste Termin anberaumt — ein Frühstück mit einem ranghohen Politiker, um sieben dann sollte sie ein Labor besichtigen.
    Sie blieb in der Mitte des Zimmers stehen, damit ihre Zofe ihr aus dem Kleid helfen konnte, während die Kammerfrau das Bad einließ. Doch ihre dienstbaren Geister waren noch nicht bei ihr. Plötzlich warf ihr jemand ein stinkendes Stück Stoff über den Kopf und trug sie aus dem Zimmer. Sie rang nach Luft, als die beiden Männer endlich den Sack entfernten.
    »Ihnen wird jedes Lösegeld gezahlt werden, wenn ich unverletzt bleibe«, hatte sie beteuert, aber ein Knebel, den ihr einer der beiden in den Mund stopfte, brachte sie zum Schweigen! Sie wurde an Händen und Füßen gefesselt und auf den Rücksitz eines Autos geschoben, das augenblicklich mit quietschenden Reifen davonbrauste.
    Ihre Mutter und ihr Großvater hatten ihr oft die Gefahren geschildert, die einem Mitglied des Königshauses drohten, und schon einmal, mit zwölf Jahren, hatte Aria ein Attentat überlebt. Jetzt lag sie ruhig auf dem Rücksitz und befreite sich langsam und lautlos von ihren Fesseln.
    Die Männer auf dem Vordersitz sprachen kein Wort, aber endlich hielt der Wagen an. Die beiden stiegen aus, und Aria roch die herbe Seeluft. Es war ihr gelungen, die Fesseln zu lösen. Die Schnüre hingen nur noch lose um ihre Gelenke. Die Männer kehrten wieder zu ihr zurück, und ehe sie irgend etwas sehen konnte, wurde ihr wieder der Sack über den Kopf gestülpt. Die Männer trugen sie zu einem Boot, und der Sack wurde dort wieder entfernt. Sie sah den Himmel über sich. Sie wußte, daß diese Männer sie umbringen würden.
    Nach etwa einer Stunde Fahrt sagte einer der beiden Männer: »Wir sind jetzt weit genug draußen. Komm, bringen wir’s hinter uns.« Er drosselte den Motor, und der andere Mann lud ein Gewehr.
    Aria reagierte, so schnell sie konnte, streifte die losen Fesseln ab und sprang über Bord. Die beiden Männer waren einige Sekunden vollkommen verblüfft, und das verschaffte Aria den entscheidenden Vorsprung. Sie tauchte, aber als sie wieder an die Wasseroberfläche kam, um Luft zu holen, feuerte der eine Mann eine Kugel auf sie ab. Sie tauchte wieder und wieder. Nach dem vierten Mal wurde sie bewußtlos ,und erwachte in den Armen dieses halbnackten Fremden, der ihr schamlose Dinge ins Ohr flüsterte.
    Jetzt saß sie unter einer Palme in einem fremden Land, auf das die Sonne erbarmungslos hernieder brannte, hatte die ganze Nacht nicht geschlafen, hatte nichts gegessen, und der einzige Mensch auf dieser verlassenen Insel war ein mangelhaft bekleideter, grobschlächtiger Mann. Es war zum Verzweifeln .. .
    Sie stand auf, strich ihr Kleid glatt und richtete notdürftig ihr Haar. Sie hatte beschlossen, nach ihm zu suchen. Warum hatte er sich noch nicht für sein unmögliches Benehmen entschuldigt? Warum hatte er ihr noch nichts zu essen gebracht? Sie wollte ihm die Erlaubnis erteilen, sie zur amerikanischen Regierung zurückzubringen, aber dazu mußte sie ihn erst finden.
    Doch das war gar nicht so einfach. Eine Stunde brauchte sie, um die Insel zu umrunden, doch er war nirgendwo zu entdecken. >Was für eine Unverschämtheit, das Mitglied eines Königshauses so zu brüskieren!« dachte sie empört. Natürlich wußte sie, daß Amerika nie von einem König regiert worden war, aber diese Tatsache rechtfertigte in keiner Weise die Frechheit dieses Mannes. In ihrem Land las ihr die Bevölkerung jeden Wunsch von den Augen ab. Jedesmal wenn sie den Palast verließ, säumten die Menschen die Straßen, jubelten ihr begeistert zu und überreichten ihr Geschenke. Auch die Mitglieder des Hochadels waren ihr zu Diensten, wann immer
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher