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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin
Autoren: Helena Marten
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wiedersehen, als ich dir begegnet bin.«

    Sie sah, wie einer der Eiszapfen, die von der Brücke herabhingen, sich löste und klirrend auf dem Eis aufschlug.
    Alarmiert von dem Geräusch drehte Carl sich um.
    »Und dann hast du ihn wiedergesehen?«, hakte er nach.
    »Ja, in Frankreich.«
    »So ist das also.«
    Er blickte wieder über ihre Schulter. Nach einer Weile fragte er:
    »Ist Ludwig mein Sohn?«
    Er hatte die Stimme gesenkt, damit die Losverkäuferin, die auf sie zugeschlittert kam, ihn nicht hören konnte.
    »Natürlich ist Ludwig dein Sohn!«
    »Wollen Sie vielleicht ein Los für Ihre Frau kaufen, Monsieur?«, krächzte die Alte. Auffordernd hielt sie Carl ihren großen Korb mit den vielen bunten Losen entgegen.
    »Nein, danke.«
    Sie hatten beide gleichzeitig den Kopf geschüttelt, aber die Frau war einfach stehen geblieben. Ein säuerlicher Geruch ging von ihrer zerlumpten Kleidung aus.
    »Wir möchten nichts kaufen«, wiederholte Carl.
    Doch noch immer bewegte die Losverkäuferin sich nicht von der Stelle. Gereizt griff er in seine Tasche und zog eine Münze hervor.
    »Du bekommst sie nur, wenn du versprichst zu gehen!«
    Ein zahnloses Grinsen breitete sich auf dem Gesicht der Losverkäuferin aus. Sie schnappte sich die Münze und schlitterte davon.
    Vorsichtig versuchte Friederike, ihr Gewicht vom rechten auf das linke Bein zu verlagern. Das Knie tat ihr weh. Doch sie hatte ihre unstabile Position nicht bedacht und knickte mit dem Fuß um, sodass sie erneut ins Schwanken geriet.
    »Du lässt wirklich nichts unversucht, Friederike!«, bemerkte Carl kühl, der ihr beigesprungen war und sie im letzten Moment aufgefangen hatte.
    »Mein Fuß ist umgeknickt!«, verteidigte sie sich entrüstet.
»Kein Wunder, dass selbst Emanuel sich einbildet, bei dir landen zu können! Und was ist mit diesem Schönling da aus Höchst?«
    »Mit dem ist nichts gewesen. Ich habe ihn abblitzen lassen, und seitdem rächt er sich an mir.«
    »Und das ist alles? Wieso sehen die Porzellanfiguren dir so ähnlich?«
    Erst auf ihren ausführlichen Bericht hin verlor er etwas von seiner kalten Gelassenheit.
    »Er hat dich gewürgt?«, rief er aufgebracht. »Du hättest sterben können und Ludwig auch! Warum hast du mir nichts davon erzählt?« Er fasste sie an den Schultern und schüttelte sie leicht. »Mein Gott, was für ein Schwein das sein muss! Und du erzählst nichts davon … Wie konntest du ihm das nur durchgehen lassen?«, fügte er anklagend hinzu.
    »Benckgraff hat ihn entlassen.«
    »Na und, das hat doch mit dir nichts zu tun! Ich glaube, ich werde mir diesen Burschen mal vorknöpfen.«
    Er hatte die Zähne zusammengebissen und den Blick erneut in die Ferne gerichtet.
    »Da kommt Emanuel!«, rief er plötzlich. »Ich habe keine Lust, jetzt mit ihm zu reden. Ich werde nach Höchst reiten und mich mit diesem Caspar unterhalten; im Moment habe ich ohnehin nichts Besseres vor.« Ernst und traurig sah er sie an. »Das kommt mir ganz gelegen …«
    Ohne ihre Antwort abzuwarten, drehte er sich um und kletterte trotz der von einer Eisschicht bedeckten Oberfläche behände die Böschung hinauf.
    »Lass das, Carl!«, versuchte Friederike ihn aufzuhalten. »Caspar ist unberechenbar und gefährlich. Mach dir keine Mühe, er wird sowieso bald nicht mehr hier sein.«
    Aber Carl war schon oben angelangt und hatte sich auf den Rappen geschwungen, bevor sie das Ufer erreicht hatte.
    »Sei vorsichtig!«, rief sie ihm nach, als er davongaloppierte, wohl wissend, dass er sie nicht mehr hören würde. Sie konnte sich
nicht erklären, was er von Caspar wollte. Sein eigentlicher Widersacher war doch Giovanni! Sie bückte sich vor und schnallte die Kufen von ihren Stiefeln, um endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Wenn ihm nur nichts passierte!, dachte sie.
    »War das Carl?« Emanuel stand nun neben ihr.
    »Ja, aber er ist schon wieder unterwegs nach Höchst, weil er Caspar zur Rede stellen will. Ich werde nach Hause gehen und mir den Schimmel holen, um ihm nachzureiten. Ich muss ihm helfen - Caspar ist nicht zu unterschätzen.«
    »Mach dich nicht lächerlich, Friederike! Carl kann auf sich selbst aufpassen, du wärst ihm höchstens im Weg. Wenn mein Bruder so schwachsinnig ist, auf andere Männer loszugehen, nur weil sie was mit seiner Frau hatten, dann muss man ihn lassen. Aber sei bitte wenigstens du vernünftig!«
    Er starrte in die Richtung, in die Carl verschwunden war.
    »Ich hatte nichts mit Caspar!«
    »Es muss ja einen
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