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Die Plastikfresser

Die Plastikfresser

Titel: Die Plastikfresser
Autoren: Kit Pedler und Gerry Davis
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Klappe!«
    Der Mann schmollte, während der Leutnant nervös dem Soldaten mit dem Sprühapparat ein Zeichen gab: »Los! Gib ihm Saures!«
    Der Soldat trat zögernd in den Laden, bewegte den Hebel des Sprühapparats auf und ab und überzog den Laden mit giftigem Plastiknebel. Während der Nebel sich über die Oberfläche des Schaums senkte, betrachtete der Leutnant mit unverhohlener Schadenfreude das entsetzte Gesicht des Besitzers. Die Luft erfüllte sich mit dem benzinartigen Geruch des Toluens, das verdunstete und eine klebrige braune Schicht auf den schleimigen Schaumblasen zurückließ.
    Dann warteten sie. Gerrard zog die Manschette seines Handschuhs zurück, um auf die Uhr zu sehen.
    Einige Minuten lang geschah nichts, der Schaum zischte und brodelte weiter wie bisher, während der Mutant fraß.
    Erst ganz allmählich verlangsamten sich die Bewegungen, Blasen fielen zusammen und das Zischen des Schaums verebbte. Schließlich, nach etwa sieben Minuten, war die Aktivität des Schaums fast ganz zum Erliegen gekommen. Einzelne Bakterien, die der Sprühnebel nicht erreicht hatte, lebten natürlich noch, doch es war klar, daß das Plastik mit dem Zyanid-Molekül ganze Arbeit geleistet hatte. Ainslies Mutant 59 hatte sich zu Tode gefressen.
    Der Leutnant blickte Gerrard mit seinem strengen Gesicht an, grinste aber dann und sagte: »Nicht schlecht für den Anfang.«
    Der Ladenbesitzer tänzelte um sie herum und versuchte, ihnen überschwenglich seinen Dank abzustatten: »Ach, ist das nicht einfach fantastisch? Und so schrecklich genial! Womit haben Sie das nur gemacht? Nun müssen Sie aber auch alle mit mir nach oben kommen und ein Gläschen trinken!«
    Die Soldaten packten ihr Gerät zusammen, der Leutnant wandte sich zum Gehen, nicht ohne ihm eine Antwort auf die Einladung zu geben: »Wenn´s wieder wärmer ist, Josephine …!«
     
    * * *
     
    In den folgenden Wochen lief bei Neoplas die Produktion von Aminostyren mit Zyanid auf vollen Touren. In ununterbrochener Folge rumpelten Lastwagen mit dem neuen Material an den Sperrgürtel des infizierten Gebietes. Truppen rückten mit Sprühkanonen aus und wo immer ein neuer Befall gemeldet wurde, senkte sich eine zähflüssige braune Schicht giftigen Aminostyrens über den Schaum. Allmählich nahm die Vermehrung des Bazillus ab; Ainslies Mutant 59 gab seinen Kampf um die Alleinherrschaft auf. Das gelähmte Herz Londons begann langsam wieder zu schlagen.
    Gerrard arbeitete fast ununterbrochen. Zu seinem eigenen Erstaunen stellte er fest, daß der drängende Arbeitsrhythmus ganz nach seinem Geschmack war. Die Bewältigung eines bekannten Problems machte ihm – im Gegensatz zu der langfristigen und oftmals frustrierenden Suche nach Originalität im Laboratorium – ganz offensichtlich Spaß und gab ihm gewaltigen Auftrieb.
    Mehrfach hatte er versucht, Anne zu erreichen, aber jedesmal schien er sie um Haaresbreite verfehlt zu haben, oder sie hinterließ eine wenig überzeugende Nachricht, daß sie zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort zu erreichen sei. Wenn er dann anrief, war sie nie da.
    Schließlich erreichte er sie doch, aber das Gespräch verlief in kühler Atmosphäre und beschränkte sich auf eine Diskussion der augenblicklichen Lage.
    Als sich die Lage in London allmählich besserte, beschloß er, endlich einmal den Gestank und die Trostlosigkeit der City hinter sich zu lassen.
    Seine Arbeit war ohnehin abgeschlossen.
    Er fuhr nach Eastbourne hinunter, machte lange Spaziergänge über die Heide und den Strand entlang und wurde allmählich freier. Nach drei Tagen hatte er genug. Am dritten Tag saß er gelangweilt in der Hotelhalle und überlegte, ob er nach London zurückfahren solle oder nicht. Die Firma Kramer hatte keinen Kontakt mit ihm aufgenommen. Offensichtlich war er in Ungnade gefallen.
    Ein Kellner teilte ihm mit, daß er am Telefon verlangt würde. Er freute sich, als er Buchans breiten, schottischen Akzent erkannte. In der Firma war eine Konferenz angesetzt. Es hatte Bankrottdrohungen gegeben, Schadenersatzansprüche waren gestellt worden und endlose juristische Auseinandersetzungen schienen unvermeidlich. Anne Kramer, nun Hauptaktionärin, war wieder aufgetaucht und wollte weitermachen.
    »Ohne mich«, sagte Gerrard. »Ich stehe als Erzverräter da. Mich will man um keinen Preis mehr wiederhaben. Und außerdem«, sagte er, »weiß ich, ehrlich gesagt, selbst nicht genau, ob ich will.«
    Langes Schweigen am anderen Ende der Leitung, dann sagte
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