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Die Pinabriefe

Titel: Die Pinabriefe
Autoren: Martin Baltscheit
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Kuchen teilen.
       »Hallo! Ich ... ich wollte nur mal kurz vorbeischauen, darf ich reinkommen?«
       Henrietta erkennt die Stimme.
       »Papa!«
       Sie lässt alles stehen und liegen und fällt ihm um den Hals. Das ist nicht ungewöhnlich, hat sie doch die ganze Zeit gewusst, dass er zurückkommt. Henriettas Vater umarmt seine Tochter und redet wie ein Wasserfall: »Mucki, Mucki, ich habe dich ja so vermisst und von deinem Unglück habe ich auch gehört!«
       Henrietta weiß erst gar nicht, von welchem Unglück er spricht. »Na, die Pina!«, lacht er. »Die ist doch verreist und mit einem Vogel weggeflogen!« Henrietta versteht nicht. »Die Pina? Aber woher weißt du ...?«
       Henriettas Vater spricht weiter und bemerkt nicht, wie Henriettas Mama ihm heimlich Zeichen gibt und die Nachbarin mit weit aufgerissenen Augen den Kopf schüttelt. »Woher ich das weiß, na, ich war doch bei den Wärmemaschinen, das ist nicht weit vom Regenbogenland. Und weil du deine Pina so sehr vermisst, habe ich sie besucht und gleich mitgebracht!«
    Mit diesen Worten greift er nach der großen Schachtel hinter seinem Rücken, öffnet sie und holt eine wunderschöne Pina in blauem Samtkleid heraus. Die Nachbarin schreit auf, Henriettas Mama hält sich eine Hand vor die Augen. Henrietta guckt verstört und ihr Papa versteht überhaupt nichts mehr. »Was ist?«, fragt er. »Freust du dich nicht?«
       »Aber Papa! Diese Puppe kann unmöglich meine Pina sein! Die echte Pina sitzt in der Küche und hat ein Regenbogenkleid an. Sie ist heute zurückgekommen.« Henrietta nimmt ihren Vater an die Hand und geht mit ihm in die Küche.
       »Siehst du, sie hat jeden Tag geschrieben und hier steht, dass sie morgen wieder schreiben wird, weil nämlich die Regenbogenfresser kommen und...! « Henrietta schaut auf die Pina in dem Regenbogenkleid. Ihr kommt plötzlich ein schrecklicher Verdacht. Wie kann Pina heute eigentlich schon hier sein, wenn sie morgen noch schreiben wollte? Henrietta lässt die Puppe fallen.
       »Ich will sie nicht! Ich will sie beide nicht, ich will nur die echte Pina!« Dann läuft sie in ihr Zimmer und schmeißt die Tür hinter sich zu.

    Später am Abend. Die Sonne ist noch nicht ganz untergegangen, Henrietta schläft aber schon, zu viel Kummer macht müde. Mama, Papa und die Nachbarin sitzen noch in der Küche.
       »Was fällt dir ein, einfach vorbeizukommen?«, sagt Henriettas Mama.
       »Der Franz war bei mir«, antwortet Henriettas Papa. »Er hat mich angepfiffen, da bin ich ihm hinterher, und er hat mir alles erzählt! Ich wollte nur helfen! Du hast ihr doch auch eine neue Puppe gekauft!«
       »Was hätte ich denn tun sollen? Die alte Puppe war weg ! Aber vielleicht ist es besser, man sagt ihr die Wahrheit!«
       »Ach, und was ist die Wahrheit?«, fragt die Nachbarin. »Dass die Puppe verschwunden ist, nie mehr zurückkommt und der Hinkefranz die Briefe schreibt?«
       Henriettas Mutter seufzt, Henriettas Papa auch.
       »Auf jeden Fall sollten wir mit dem Franz reden!«, sagt die Nachbarin. »Vielleicht weiß der eine Lösung!«
    Draußen im Hof kniet Franz der Hausmeister noch in den Büschen und repariert den Zaun. Da sieht er unter den Ästen einen winzigen Puppenfinger aus der Erde nach oben zeigen. Er gräbt nach und findet die echte Pina! »Die muss der Hund vergraben haben«, denkt Franz, wickelt sie in ein Tuch und nimmt sie mit. In seiner Wohnung legt er sie auf den Arbeitstisch. Es ist ein scheußlicher Anblick. Der Hund hat die Puppe übel zugerichtet.

    Mama, Papa und die Nachbarin stehen vor der Hausmeistertür und klingeln. Franz öffnet und bittet sie hinein. Er zeigt ihnen wortlos, was er im Garten gefunden hat.
       »Oje, ist das traurig!«, seufzt die dicke Nachbarin, als sie die zerbissene Puppe sieht.
       »Können Sie sie nicht reparieren?«, fragt Henriettas Mama.
       Franz kratzt sich am Hinterkopf. »Hmmh!«, sagt er. »Ich kann es versuchen!«
       Die dicke Nachbarin krempelt ihre Ärmel hoch: »Na, dann stehen wir hier nicht rum, sondern fangen an. Was können wir tun?«.
       »Können Sie nähen?«, fragt Franz.
       »Was wollen Sie haben? Anzug, Hemd, Hose?«
       »Nicht für mich, für Pina! Vielleicht etwas aus diesem Stoff, mit den goldenen Vögeln!«
       »Aus meinem Morgenmantel?«
       »Warum nicht? Ich glaube, das würde Henrietta gefallen!«
       »Ich setze mich gleich dran! Und du, Schätzchen...«, die
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