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Die Pforten des Todes - Historischer Kriminalroman

Die Pforten des Todes - Historischer Kriminalroman

Titel: Die Pforten des Todes - Historischer Kriminalroman
Autoren: Peter Tremayne
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Schwester Fidelma«, begrüßte sie der Prälat.
    »Ich dir auch, Abt Ségdae«, erwiderte sie, nahm auf einem Stuhl Platz und fügte leise hinzu: »Aber ich darf dich daran erinnern, dass ich nicht mehr dem Kloster angehöre, nicht länger Nonne oder Schwester bin, sondern einfach nur Fidelma von Cashel.«
    Der Abt reagierte schmunzelnd auf ihren Einspruch.
    »Für uns bist und bleibst du Schwester Fidelma«, sagte er mit leicht tadelndem Unterton. »Du hast dir in allen fünf Königreichen einen solchen Ruf erworben, dass niemand von dir nur als Fidelma spricht, ohne das Wort ›Schwester‹ davorzusetzen.«
    »Ich kann nur hoffen, die Leute gewöhnen sich eines Tages an eine andere Bezeichnung«, gab Fidelma zur Antwort.
    »Ach ja!« Der Abt seufzte. »Ich bedauere, dass der Rat der Brehons von Muman deine Bewerbung ablehnte, nur ist für das Amt des Obersten Brehon des Königreiches sehr lange Erfahrung im Rechtswesen erforderlich.«
    In Fidelmas Augen blitzte es für einen Moment gefährlich auf – meinte der Abt das etwa sarkastisch? Doch sie fasste sich rasch.
    »Ich gebe zu, dass Brehon Áedo weit mehr Erfahrung hat als ich«, stellte sie nüchtern fest. »Es war eine weise Entscheidung des Rates, ihn zum Obersten Brehon meines Bruders zu ernennen.«
    Colgú war eine innere Unruhe anzumerken. Er wusste sehr wohl, dass Fidelma nach dem Posten des Obersten Brehon von Muman gestrebt hatte. Als Brehon Baithen starb, hatte sie ihre Absicht bekundet, das Kloster zu verlassen und sich für diesen Posten zu bewerben. Die Wahl des Obersten Brehon lag in den Händen des Rates der Brehons, und deren Wahl war auf den älteren, sehr traditionsbewussten Brehon Áedo gefallen.«
    »Und wie geht es nun weiter, Fidelma? Wie sieht deine Zukunft aus?«, fragte der Abt.
    »Meine Zukunft? Ich mache so weiter wie bisher. Für mich hat sich nichts geändert.«
    »Wo du doch aber dem Glauben entsagt hast?«
    »Ich habe nicht dem Glauben entsagt, ich habe mich nur von der Klostergemeinschaft endgültig gelöst«, stellte Fidelma klar. »Ich habe das Kloster der Brigit von Kildare schon vor etlichen Jahren verlassen und seither unabhängig gehandelt, frei von Ordensregeln oder Weisungen geistlicherWürdenträger. Um ehrlich zu sein, meine kürzliche Entscheidung war nur noch eine Formsache, wie du selbst zugeben wirst. Insofern wird sich in meinem zukünftigen Leben nichts ändern. Es gibt genügend Vorkommnisse, die das Wissen und Können einer dálaigh, einer Anwältin, verlangen, und in einfacheren Fällen bin ich befugt, Richter zu sein.«
    »Das stimmt«, sagte Colgú sinnend. »Aber vielleicht sollte man auch eine andere Möglichkeit in Betracht ziehen. Du hast den Rang eines anruth , das ist immerhin der zweithöchste Rang in unserem Land. Warum nicht wieder ein Studium aufnehmen und den höchsten Grad erwerben, den eines ollamh ? Das könnte einem erneuten Versuch, vor den Rat der Brehons zu treten, nur dienlich sein.«
    Fidelma enthielt sich einer Antwort, doch ihr Gesichtsausdruck sagte alles – der Vorschlag ihres Bruders fiel auf keinen fruchtbaren Boden.
    »Wie steht eigentlich Bruder Eadulf zu der Sache?«, wollte der Abt wissen. Er sah keinen Grund, so zu tun, als wüsste er nichts von den Spannungen, die es zwischen Fidelma und dem Vater ihres Sohnes, des kleinen Alchú, gegeben hatte. Als sie nämlich Anfang des Jahres ihren Entschluss verkündet hatte, hatte Bruder Eadulf Cashel verlassen, um in der nahe gelegenen Klostergemeinschaft des Heiligen Rúan Ruhe und Zurückgezogenheit zu suchen. Nur auf Bitten des Königs war er zurückgekehrt, um Fidelma bei der Aufklärung des Mordes an Bruder Donnchad in Lios Mór behilflich zu sein.
    »Eadulf hat sich mit meiner Entscheidung abgefunden«, entgegnete Fidelma kühl. »Wenn du aber genauer wissen willst, was in ihm vorgeht, solltest du ihn lieber selber fragen.«
    Abt Ségdae errötete leicht und unterdrückte ein Husten. Colgú schüttelte verärgert den Kopf.
    »Abt Ségdae meint es nur gut mit unserer Familie und dem Königreich, Fidelma«, merkte er tadelnd an. »Genau das ist es auch, was ihn zu so früher Stunde zu uns geführt hat.«
    Ihr entging natürlich nicht, dass ihr Bruder versuchte, der Unterhaltung eine andere Richtung zu geben. Fidelma hatte nichts dagegen, wollte sie doch erfahren, weshalb der Abt durch die dunkle Nacht geritten war, um ihren Bruder aufzusuchen.
    »Gibt es etwas, was der Familie oder dem Königreich ungelegen kommt?«, fragte sie
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