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Die Pforten des Todes - Historischer Kriminalroman

Die Pforten des Todes - Historischer Kriminalroman

Titel: Die Pforten des Todes - Historischer Kriminalroman
Autoren: Peter Tremayne
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ging quer über die Stoppeln zu den Bäumen hinüber, auch jetzt in treuer Begleitung seines Hundes.
    Er war dem Ziel schon ziemlich nahe, als der Hund plötzlich stehen blieb, den Kopf hob und leise knurrte. Offenbar witterte er etwas Ungewöhnliches.
    Stirnrunzelnd blieb auch Tóla stehen und schaute sich um, konnte jedoch nichts Befremdliches entdecken.
    »Was gibt’s, Cú Faoil?«, fragte er verhalten. Dann erkannte er am äußersten Ende des Feldes einen dunklenSchatten. Dort stand die Jungkuh und neben ihr ein Kälbchen. Er lächelte erleichtert, merkte aber sogleich, dass die Unruhe des Hundes etwas anderem galt. Er knurrte immer noch. Angestrengt spähte Tóla in die Richtung, die der Hund vorgab, aber ohne Erfolg. Langsam bewegte er sich vorwärts, der Hund gehorsam hinter ihm her, wachsam und argwöhnisch, mit erhobenem Kopf. Tóla wusste, dass Cú Faoil lange, bevor es ein Mensch vermochte, Gefahr wittern konnte und ein zuverlässiger Beschützer war. Er wusste auch, dass er laut und gereizt bellen würde, wäre ein Raubtier in der Nähe. Auch die Kuh mit dem neugeborenen Kälbchen würde nicht derart friedlich am Feldrand stehen, wenn unmittelbare Gefahr drohte. Und doch stimmte etwas nicht.
    Das Rauschen des Bachs war an der Stelle hier deutlich zu vernehmen. Das war an sich nichts Besonderes. Die Strömung wurde durch etliche Steine behindert, die Menschen gelegt hatten, um leichter an das andere Ufer zu gelangen. Wenn Reisende ihren Weg nicht am östlichen Ufer des Suir nahmen oder aber ein Boot hatten, mussten sie sich an den Bach, den Arglach, halten, an eben dieser Stelle durch das flache Wasser waten, und konnten dann Richtung Süden weiterziehen. Drüben stießen sie schließlich auf den Weg, der zur Burg Cashel und die sie umgebende Ansiedlung führte. Tóla hatte sein Leben lang in dieser Gegend verbracht. Das Sprudeln des Wassers gegen die Trittsteine der Furt war ihm ein vertrautes Geräusch. Und doch klang es jetzt anders als sonst und lauter. Zudem war die Anspannung des Hundes unverkennbar, der erneut leise knurrte.
    Tóla schlängelte sich durch die Baumreihe und lief weiter zum Pfad am Fluss. Sofort sah er, dass die Trittsteine ander Übergangsstelle durch etwas blockiert waren, so dass das Wasser Mühe hatte, das Hindernis zu umgehen, um dann mit neuer Kraft weiterzufließen. Er ging näher heran, um die Sache genauer zu betrachten, stutzte und hielt erschrocken den Atem an.
    Als wäre er auf den Steinen ausgeglitten, lag mitten im Fluss ein Mensch.
    Tóla zögerte nicht lange; das kalte Wasser reichte ihm bis an die Knie, als er ein Stück von der nassen Kleidung zu packen bekam. An körperliche Arbeit gewöhnt, hatte er einiges an Kraft aufzubieten. Trotzdem hatte er seine liebe Not, den Toten ans Ufer zu zerren; das Wasser drückte den Verunglückten immer wieder mit Macht gegen den kleinen Steinwall. Nach einer Weile aber hatte er es geschafft, und die Leiche lag ausgestreckt am Ufer.
    Tóla holte etliche Male tief Luft und besah sich dann den Toten genauer. Es war ein junger, gutaussehender Mann; lange konnte er noch nicht tot sein. Seine Kleidung war aus feinem Tuch und reich mit Stickerei verziert. Um den Hals hatte er eine Goldkette, und an einem Finger leuchtete ein kostbarer Ring mit einem Halbedelstein. Eindeutig ein Mann von Rang. Der kurze, helle Umhang wurde an der einen Schulter von einer Brosche zusammengehalten, die von Kunstfertigkeit zeugte und so etwas wie ein Wappen darstellte. Der mit Edelsteinen besetzte Dolch links am Gürtel steckte noch in der Scheide, ebenso das Schwert an der rechten Seite.
    Gedankenvoll rieb sich Tóla den Hinterkopf und betrachtete verstört den Leichnam. Zuallererst hatte er vermutet, der junge Mann wäre auf den nassen Steinen ausgerutscht und gestürzt, hätte sich vielleicht eine böse Kopfverletzung zugezogen. Weshalb aber hätte ein jungerMann von Rang in dieser Gegend und ohne Pferd unterwegs gewesen sein sollen? Eine beunruhigende Vorstellung. Wenn ein Mann von Ansehen auf Tólas Grund und Boden zu Tode gekommen war, selbst wenn es nur durch einen Unfall geschehen war, brachte das Probleme mit sich. Vage erinnerte sich Tóla an so etwas wie die Zahlung einer Wiedergutmachung an die Verwandten, die die Gesetzgebung in solchen Fällen vorschrieb.
    Er bückte sich, um nach der Kopfverletzung zu sehen, konnte aber weder eine Platzwunde noch eine Abschürfung entdecken. Erst als er den Leichnam umdrehte, weil er den Hinterkopf genauer
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