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Die Pforten des Todes - Historischer Kriminalroman

Die Pforten des Todes - Historischer Kriminalroman

Titel: Die Pforten des Todes - Historischer Kriminalroman
Autoren: Peter Tremayne
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betrachten wollte, bemerkte er am Rücken die Schlitze und Risse in der Kleidung. Gleichzeitig wurde er gewahr, dass seine Hand nicht einfach vom Wasser nass war, sondern sich rot färbte. Blut. Beim aufmerksamen Betrachten der Kleidung wurde ihm klar, was passiert war. Er schluckte heftig. Man hatte dem jungen Mann mindestens dreimal in den Rücken gestochen.
    Schlagartig ging Tóla auf, was das für ihn bedeutete. Er würde unweigerlich in Schwierigkeiten geraten. Erst das Winseln seines Hundes, der ihn mit der feuchten Schnauze anstupste, weil er spürte, dass mit seinem Herrn etwas nicht stimmte, löste ihn aus seiner Erstarrung. Man hatte den jungen Edlen, wer immer er sein mochte, auf seinem Grund und Boden ermordet, selbst wenn es auf einem häufig begangenen Weg, der über den Fluss führte, geschehen war. Leicht wankend stand Tóla auf, versuchte seine Befürchtungen abzuschütteln und überlegte, wie er sich nun verhalten sollte.
    Bis zum Rock of Cashel war es nur ein kurzer Ritt. Auf der Burg gab es Brehons, Rechtsanwälte und Richter. Sie würden wissen, was zu tun sei. Sie würden sich der Sacheannehmen, könnten ihm raten. Tóla war mit dem bedingungslosen Glauben an die Weisheit der Brehons aufgewachsen. Noch einmal schaute er auf den leblosen Körper vor sich. Die Brosche, die den Umhang an der Schulter zusammenhielt, hatte die Form eines Medaillons. Möglicherweise stellte sie das Wappen des Clans dar, dem der Tote angehörte. Auf alle Fälle würde sie einen Brehon vielleicht dazu bewegen, herzukommen und der Sache auf den Grund zu gehen. Er bückte sich, löste die Brosche von der Kleidung und nahm sie an sich. Rasch blickte er in die Runde und eilte dann zurück auf seinen Hof, der Hund neben ihm her.
    Cainnear, seine Frau, sah ihn kommen und ging ihm besorgt entgegen. Seine Rückkehr musste einen besonderen Grund haben.
    »Was ist geschehen?«, fragte sie.
    »Ist der Junge auf?«, keuchte Tóla, und blieb ihre eine Antwort schuldig.
    »Er wollte den Esel anspannen, um …«
    »Breac! Breac!«, rief Tóla zum Schuppen hinüber.
    Aus der Scheune kam aufgeschreckt ein sommersprossiger Junge angerannt, der nicht viel älter als sechzehn war.
    »Was gibt es, Vater?«
    »Ich brauche den Esel. Ich muss sofort nach Cashel«, erklärte Tóla gehetzt. »Nimm eine Waffe und geh an den Fluss zur Furt. Da liegt der Leichnam eines jungen Mannes.« Den Schreckenslaut seiner Frau ignorierte er. »Fass ihn nicht an und sorge dafür, dass auch niemand anders ihn berührt oder sich ihm überhaupt nähert. Cú Faoil lasse ich bei dir. Ich reite nach Cashel, um einen Brehon zu holen.«
    Breac sah, wie erregt sein Vater war, und stellte keine unnötigen Fragen. Er rannte zum Stall und kam kurz daraufmit dem Esel zurück. Tóla nutzte die Zwischenzeit, um seiner Frau die Situation zu erklären und sie zu beruhigen. Dann drückte er Breac das Halsband des Hundes in die Hand, damit Cú Faoil verstand, dass er dazubleiben hatte, und sagte mehrmals seinem treuen Begleiter: »Pass auf! Pass auf!«, schwang sich auf den Esel, gab ihm einen Klaps und war auf und davon – zur Burg des Königs von Muman.

K APITEL 2
    Gormán stand gelassen vor den dunklen Eichentüren, die in die Privatgemächer des Königs von Muman führten. Sein Königreich war das größte, südwestlich gelegene von den fünf Königreichen des Landes Éireann. Gormán war ein junger Mann mit heller Haut, dichtem, rabenschwarzem Haar, dunklen Augen und einem gewinnenden Äußeren. Um den Hals hatte er einen goldenen Reif, und den trug er mit einem gewissen Stolz, wies er ihn doch als Mitglied der Nasc Niadh aus, als einen Krieger mit dem goldenen Reif der Leibgarde des Königs von Muman. Gormán war zu Recht stolz auf seine Stellung, denn er hatte sie sich gegen mancherlei Widrigkeiten aus eigener Kraft und Geschicklichkeit erworben. Meist waren Mitglieder der Leibgarde Söhne von Stammesfürsten oder großen Kriegern. Gormán aber war der Sohn einer bé táide , einer ehemaligen Prostituierten, doch dank seiner Fähigkeiten, nicht nur im Umgang mit Waffen, sondern auch dank seines scharfen Verstands, hatte man ihn für einen derartigen Vertrauensposten im Hausstand des Königs auserkoren.
    Am hinteren Ende des Ganges tauchte eine Gestalt auf und kam auf ihn zu. Rasch nahm er Haltung an, entspannte sich aber noch im gleichen Moment, als er die Schwester des Königs erkannte. Er war immer noch nicht daran gewöhnt, sie nicht mehr in der Nonnentracht zu
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