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Die Pforten Des Hades

Die Pforten Des Hades

Titel: Die Pforten Des Hades
Autoren: Steven Saylor
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wachen. Am nächsten Morgen brach Crassus nach Rom auf. Gelina traf Vorbereitungen, die Villa zu räumen, um über den Winter in Crassus Haus in Rom zu wohnen.
    Am darauffolgenden Tag erwachte Eco. Er war noch schwach, hatte jedoch einen gesunden Hunger, und das Fieber stieg nicht wieder an. Irgendwie ging ich davon aus, daß mit seiner Krankheit auch seine wiederhergestellte Sprachfähigkeit verschwinden würde; wenn meine Arbeit in Baiae nur die Ausführung göttlichen Willens gewesen war, wie Crassus gesagt hatte, dann war es nur logisch, daß die Götter auch Eco die Gabe der Rede nur zu dem Zweck verliehen hatten, mein Leben zu retten, und sie nun zurückverlangen würden. Doch als er an jenem Morgen die Augen öffnete und zu mir aufblickte, flüsterte er mit heiserer, kindlicher Stimme: »Vater, wo sind wir, Vater?«
    Ich weinte, und ich hörte lange Zeit nicht mehr auf zu weinen. Selbst Iaia mit ihrem Zugang zu den Mysterien des Apollo konnte sich nicht erklären, was geschehen war.
    Sobald er kräftig genug war, machten Eco und ich uns auf die Rückreise nach Rom, diesmal zu Lande und nicht zu Wasser. Mummius hatte uns Pferde zur Benutzung und Soldaten als Leibwächter für den Weg dagelassen. Ich wußte seine Sorge zu schätzen, vor allem, da ich eine recht beträchtliche Summe Silber bei mir trug, mein Honorar für die Aufklärung des Mordes an Lucius Licinius.
    Wir nahmen die Via Consularis bis Capua, wo Spartacus zum Gladiator ausgebildet worden war und gegen seinen Herrn aufbegehrt hatte, und folgten dann, die prachtvolle Herbstlandschaft in uns aufsaugend, der ViaAppia Richtung Norden. Kein Mensch konnte damals ahnen, daß dieselbe Straße im kommenden Frühling in ihrer ganzen gepflasterten Länge Meile für Meile bis nach Rom von den Leichen gekreuzigter Sklaven gesäumt sein würde - die unseligen Überlebenden von Spartacus zerriebener Armee, an Kreuze genagelt und öffentlich ausgestellt zur moralischen Erbauung von Sklaven und Herren gleichermaßen.
    EPILOG
    »Du wirst nie glauben, wer zu Besuch gekommen ist!« sagte Eco. Für einen Jungen seines Alters war seine Stimme ein wenig tief und heiser, aber für mich klang sie schöner als die jedes Redners.
    »Vielleicht doch«, erwiderte ich. Ihn nur sprechen zu hören, reichte auch zwei Jahre nach den Ereignissen von Baiae noch immer, mich fast alles glauben zu machen. Ich hatte gelernt, die Launen der Götter nie zu hinterfragen und sie auch nie für selbstverständlich zu halten.
    Ich legte die Schriftrolle, in der ich geschmökert hatte, beiseite und trank einen Schluck Wein. Es war ein warmer Hochsommertag, die Sonne schien heiß, doch eine kühle Brise strich über die Blumen in meinem Garten, so daß die Astern die Köpfe senkten und die Sonnenblumen tanzten.
    »Könnte es... Marcus Mummius sein?« fragte ich.
    Er musterte mich skeptisch. Nachdem er seine Sprache wiedergefunden hatte, war er für eine Weile wieder ein Kind geworden, ständig fragend, immer neugierig, doch die Fähigkeit zu sprechen hatte ihn zu einem ganzen Menschen gemacht und sein Erwachsenwerden beschleunigt. Von den verblüffenden Schlußfolgerungen seines Vaters ließ er sich jedenfalls längst nicht mehr so leicht beeindrucken wie früher.
    »Du hast seine Stimme in der Halle gehört«, sagte er vorwurfsvoll.
    Ich lachte. »Nein, ich habe seine Stimme schon von draußen gehört. Zuerst wußte ich nicht, wo ich das lautstarke Organ unterbringen sollte, doch dann fiel es mir wieder ein. Führe ihn herein.«
    Mummius war alleine gekommen, was mich bei seiner neuen wichtigen Position in der Stadt erstaunte. Ich stand auf, um ihn von Bürger zu Bürger zu begrüßen, und bot ihm einen Stuhl an. Eco setzte sich zu uns, und ich schickte eines der Sklavenmädchen aus, mehr Wein zu bringen.
    Er sah irgendwie anders aus. Einen Moment lang betrachtete ich ihn verwirrt. »Du hast dir deinen Bart abgenommen, Marcus Mummius.«
    »Ja.« Er strich sich verlegen über sein nacktes Kinn. »Man hat mir erklärt, für einen Politiker sei ein Bart entweder zu konservativ oder zu radikal, ich weiß nicht mehr genau, was von beidem. Jedenfalls habe ich ihn mir während der Wahlkampagne im letzten Herbst abrasiert.«
    »Steht dir gut. Nein, wirklich. Es betont dein markantes Kinn. Und die attraktive Narbe - von der Schlacht am Collinischen Tor?«
    »Ha! Eine frische aus dem Kampf gegen die Spartacisten.«
    Ich lachte. »Du hast dich gemacht, Marcus Mummius, und eine neue Karriere
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