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Die Pforten Des Hades

Die Pforten Des Hades

Titel: Die Pforten Des Hades
Autoren: Steven Saylor
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Bericht zu erstatten. Es stimmt, er hatte mir ausdrücklich befohlen, mich nicht in Kampfhandlungen verwickeln zu lassen, nicht einmal in Plänkeleien, aber ein Heerführer im Feld muß seiner eigenen Einschätzung der Lage gehorchen. Eine Gruppe Spartacisten wurde in einem engen Tal von ihren Einheiten getrennt; kein vernünftiger Kommandant hätte es versäumt, sie anzugreifen. Mitten in der Schlacht verbreitete sich das Gerücht, daß Spartacus uns in einen Hinterhalt gelockt hatte und daß seine ganze Armee vorrücken würde. Es war eine unwahre Fama, aber Panik verbreitete sich in den Rangen. Meine Männer ergriffen die Flucht. Viele von ihnen wurden getötet, zahlreiche andere gefangen genommen und zu Tode gefoltert. Viele ließen aber auch einfach ihre Waffen fallen und türmten.
    Crassus war außer sich. Er tadelte mich lautstark vor seinen anderen Truppenführern und beschloß, an meinen Männern ein Exempel zu statuieren.«
    »Das habe ich gehört«, seufzte ich. Aber Mummius war entschlossen, die Geschichte noch einmal zu erzählen.
    »Man nennt es >Dezimierung< - die Hinrichtung jedes Zehnten. Es ist eine alte römische Tradition, obwohl niemand, den ich kenne, sich daran erinnern kann, daß sie zu seinen Lebzeiten je angewandt wurde. Aber Crassus ist ja stets bemüht, großartige alte Traditionen wiederzubeleben, wie du weißt. Er befahl mir, die ersten fünfhundert Soldaten zu benennen, die geflohen waren - keine leichte Aufgabe bei zwölftausend Mann. Diese fünfhundert unterteilte er in fünfzig Einheiten zu je zehn Männern. Die Männer mußten Lose ziehen. Jeweils einer von ihnen zog die schwarze Bohne. So wurden die fünfzig Männer ausgewählt, die sterben sollten.
    Die einzelnen Einheiten stellten sich im Kreis auf. Jedes Opfer wurde nackt ausgezogen, mit den Händen auf den Rücken gefesselt und geknebelt. Die anderen neun Männer jeder Einheit wurden mit Knüppeln bewaffnet. Auf Crassus Zeichen begann der Trommelschlag. Es war eine traurige Zeremonie ohne Ehre, Ruhm und jegliche Würde. Obwohl es Menschen gibt, die behaupten, Crassus hätte das Richtige getan -«
    »Die gibt es bestimmt«, sagte ich, mich an das zustimmende Nicken und Brummen erinnernd, das ich gehört hatte, als die Geschichte auf den Märkten Roms erzählt worden war.
    »Aber du wirst nur mit Mühe einen Soldaten finden, der diese Ansicht teilt. Die Disziplin mußte aufrechterhalten werden, sicher, aber so stirbt kein römischer Krieger, zu Tode geprügelt von seinen eigenen Kameraden!« Er biß sich auf die Lippe und schüttelte den Kopf. »Doch ich erzähle dir die Geschichte nicht, um über meiner eigenen Verbitterung zu brüten. Ich dachte, du verdienst es zu wissen, was aus Faustus Fabius geworden ist.«
    »Was soll das heißen?«
    »Hast du je von seinem weiteren Schicksal gehört?«
    »Ich weiß, daß er nicht aus dem Krieg heimgekehrt ist, und habe auf dem Forum die Ohren nach Neuigkeiten über ihn aufgesperrt. Angeblich ist er im Kampf gegen die Spartacisten gefallen.«
    Mummius schüttelte den Kopf. »Nein. Crassus hat es irgendwie arrangiert, daß Fabius unter den für die Dezimierung ausgelosten Soldaten war. Nackt, gefesselt und geknebelt ließ sich sein Rang oder sein Stand nicht feststellen. Als die Totschlägerei begann, zwang ich mich, zusammen mit Crassus und den anderen Truppenführern zuzusehen. Immerhin waren es meine Männer; ich konnte ihnen nicht den Rücken zuwenden. Unter den Opfern befand sich auch ein Mann, dem es gelungen war, seinen Knebel auszuspucken; er schrie die ganze Zeit, daß es ein Irrtum wäre. Niemand sonst schenkte ihm irgendwelche Beachtung, aber ich bin natürlich hinübergelaufen, um nachzusehen.
    Einen Augenblick später, und ich hätte ihn nicht mehr erkannt, nicht nachdem der Knüppel sein Gesicht getroffen hatte. Doch ich sah ihn ganz deutlich. Es war Faustus Fabius. Der Ausdruck in seinen Augen! Er erblickte mich und rief meinen Namen. Sie schlugen ihn zu Boden, zertrümmerten seinen Schädel und prügelten ihn zu blutigem Brei. Man konnte kaum noch erkennen, daß dies einmal ein Mensch war. Was für eine grausame Art zu sterben!«
    »Nicht grausamer als die Tode von Lucius Licinius und Dionysius; und bestimmt nicht grausamer als das Schicksal, das Crassus für die Sklaven vorgesehen hatte.«
    »Trotzdem, als römischer Patrizier und Offizier einen derart schändlichen Tod zu sterben! Ich starrte Crassus entsetzt an. Er tat, als würde er es nicht bemerken, doch er hatte die
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