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Die Pestmagd

Titel: Die Pestmagd
Autoren: Brigitte Riebe
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Wundermittel?«
    » Das Wundermittel«, sagte er. » Komm her!«
    Sie schmiegte sich in seinen Arm, spürte seine Brust, die noch immer so hart und knochig war wie die des jungen Mannes, den sie einst in Basel geliebt hatte. Und sie hörte seinen Herzschlag, was sie ruhiger werden ließ.
    » Besser?«, fragte Vincent nach einer Weile.
    » Viel besser!«, sagte Johanna.
    » So gut, dass ich dir mein Hochzeitsgeschenk überreichen kann?« Er fasste unter das Kissen und zog ein Kästchen hervor.
    » Was ist das?«, sagte sie.
    » Mach es auf! Dann wirst du es sehen.«
    Sie löste sich aus seinem Arm, öffnete den Deckel. Auf dunklem Samt lag ein fünfreihiges Halsband aus Silber, das vorn mit einem großen grünen Stein besetzt war.
    » Wie schön es ist!« Johanna versuchte, es sich anzulegen.
    » Lass mich das machen!« Seine Hände öffneten das Schloss. Dann spürte sie sie an ihrem Hals. » Jetzt wirst du niemals wieder ein Samtband brauchen.« Sein Lächeln vertiefte sich. » Es sei denn, du legst eines Tages die alte Angst ganz ab und trägst kein Band mehr.«
    » Ich weiß nicht, ob das gehen wird«, sagte Johanna. » Inzwischen ist die Angst wie ein Teil von mir.«
    » Auch nicht damit?« Jetzt ruhte seine Hand auf ihrem Bauch, der sich schon leicht wölbte. » Der Achat, den du nun trägst, hat seit jeher Mutter und Kind geschützt.«
    Ihre Augen wurden feucht.
    » Du wirst doch jetzt nicht zu weinen anfangen!«, sagte er scherzend. » Wo ich mir Tag für Tag solche Mühe gebe, dich glücklich zu machen!«
    » Hier in Aachen war ich glücklich«, sagte Johanna. » Du konntest endlich deine Aufzeichnungen abschließen. Und jetzt sollen sie auch noch gedruckt werden. Dass wir es überhaupt bis hierher geschafft haben – mit Jakob und der kranken Nele und mit Sabeth …«
    Die Tür öffnete sich mit einem Knarzen. Mieze kam hereinspaziert und legte sich auf den Sonnenfleck.
    » Ich denke, du hast in deiner Aufzählung noch jemanden vergessen«, sagte er. » Ich jedenfalls bin noch nie zuvor mit einer Katze in der Satteltasche geflohen.«
    » Er wird uns doch nicht weiter verfolgen, oder?«, fragte Johanna.
    » Hermann von Wied? In Basel werden wir vor ihm sicher sein. Die Bürger dort halten nicht allzu viel von Erzbischöfen. Nele wird sich in der Stadt wohlfühlen. Sie träumt davon, Jakob von ihrem Glauben zu überzeugen. Ob es ihr gelingen wird? Ich bin mir nicht sicher.«
    » Aber der Weg dorthin ist weit. Und Sabeth hat nicht mehr viel Kraft. Die letzten Tage war sie ganz in ihrer Welt.«
    » Da wird sie nun immer häufiger sein, Johanna. Und uns eines Tages ganz verlassen. Doch sie lächelt oft und weint nur noch ganz selten. Ich denke, sie mag ihre Welt – und das Rad, von dem sie immer spricht, das Rad, das große Rad. Jetzt dreht es sich erneut. Aber wie wird es für dich sein? Dort zu leben, wo alles begonnen hat?«
    » Der Oheim ist schon lange tot«, sagte sie. » Ebenso wie jene alte Johanna, die er zu den Magdalenerinnen verbannt hatte. Und die neue Johanna ist nicht mehr allein.«
    Ihre beiden Hände lagen ineinander verschlungen. Sie spürte die zarte und gleichzeitig feste Berührung seiner Finger.
    » Und Jakob?«, fragte er.
    Sie seufzte. » Seine Finger sind immer noch viel zu flink. Gestern, auf dem Markt, habe ich beobachtet, wie er zwei Kämme verschwinden ließ. Einfach so im Vorübergehen. Als sei nichts geschehen. Als ich ihn aufgefordert habe, sie zurückzulegen, ist er wütend geworden.«
    » Die waren für Nele«, sagte Vincent. » Gib ihm Zeit! Nele hat ihn Zärtlichkeit gelehrt. Seine kleine Schwester wird ihm Geduld beibringen.«
    » Woher willst du wissen, dass es ein Mädchen wird?«
    » Weil ich es mir wünsche. Und weil wir schon einen Sohn haben.«
    » Ich könnte wieder mit dem Weinhandel beginnen«, sagte Johanna. » Und Jakob könnte mir dabei helfen. Einen Gelehrten wirst du doch nicht mehr aus ihm machen. Das Schreibenlernen macht ihm gar keine Freude. Aber mit Zahlen kann er gut umgehen.«
    » Vor allem mag er es nicht, wenn man über ihn bestimmt. Hast du das noch nicht bemerkt? Das hat er nämlich zu lange erleben müssen – auf die allerübelste Weise.«
    » Hat er dir davon erzählt?«, fragte sie.
    » Nein. Und das wird er wohl auch nicht. Vielleicht muss seine Mutter auch lernen, Geduld zu haben. Sie hat einen starken Willen. Aber nicht alles geht nach ihrem Kopf.«
    » Gilt das nicht auch für seinen Vater?«, fragte sie scherzend. » Der, der immer alles
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