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Die Pestmagd

Titel: Die Pestmagd
Autoren: Brigitte Riebe
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viel, was ich von dir verlange. Wirst du mir vertrauen und es tun?«
    » Alles«, flüsterte sie. » Alles – wenn ich ihn nur zurückbekomme!«
    x
    Hermann von Wied hielt sich an die Abmachung, zumindest sah es so aus. Er lag in seinem Bett, auf einen Berg von Kissen gestützt, und atmete schwer.
    » Wenn doch alles nur endlich schon vorüber wäre!«, sagte er stöhnend. » Ich bin am Verdursten. Und das Jucken wird immer unerträglicher. Wenn mir jemand gesagt hätte, dass es Schlimmeres als Schmerz gibt, ich hätte ihn für wahnsinnig erklären lassen.«
    » Es ist Schmerz«, versicherte Vincent hinter seiner Maske. » Und er kann noch schlimmer werden, bis die Beulen reif genug sind.«
    » Und was dann? Ich habe gehört, dass sie bisweilen von selbst aufbrechen. Das werden sie doch, wenn Ihr mir das Mittel verabreicht habt? Oder müsst Ihr mich schneiden?« Panik lag in seiner Stimme.
    » Keine Sorge! Ich werde Euch jetzt das Wundermittel aufbringen«, sagte Vincent. » Ein frommes Gebet dazu, inbrünstig gesprochen, kann nicht schaden. Ihr werdet schnell Linderung verspüren, aber Ihr müsst eisern bleiben, nicht reiben oder gar kratzen und immer wieder nachtupfen, sonst kann ich für die Heilung nicht garantieren.« Er räusperte sich. » Bitte entblößt Euch, Exzellenz!«
    Schweigend kam von Wied der Aufforderung nach.
    Vincent öffnete den Salbentopf. Der Vorrat war alles andere als knapp bemessen, aber auch nicht zu reichlich, damit der Erzbischof keinen Verdacht schöpfte.
    » Wie komme ich zu meinem Sohn?«, fragte Vincent, bevor er den behandschuhten Finger in die Salbe steckte, die Walter Eckes in der Apotheke für ihn angerührt hatte.
    » Der Prälat wird Euch hinbringen«, stieß der Erzbischof hervor. » Von der Hacht führt ein unterirdischer Gang zum Frankenturm. Von dort kann er fliehen. Sollte er allerdings morgen in der Stadt aufgegriffen werden …«
    » Niemand wird ihn aufgreifen.« Vincent begann die Salbe zu verteilen. Josephskraut stellte ihren Hauptbestandteil dar, das bei den Wilden Blattern schmerzmildernd wirkte und das Jucken erträglicher machte. » Spürt Ihr schon etwas?«
    » Mhm«, murmelte von Wied mit geschlossenen Augen. » Ja, es wird in der Tat ein wenig leichter. Aber was tut Ihr jetzt?«
    » Das ist speziell für den Kopf«, sagte Vincent und hoffte, dass die Wirkung des süßen Mandelöls Entspannung bringen würde. » Morgens und abends, aber immer nur ein paar Tropfen.«
    Er trat von der prunkvollen Bettstatt zurück.
    » So weit zu meinem Teil unserer Abmachung. Und nun zu Eurem, Exzellenz«, sagte er mit einer knappen Verbeugung.
    Der Erzbischof nickte.
    » Eines noch«, sagte er. » Die Mutter Eures Sohnes – kenne ich sie?«
    » Ich denke nein, Exzellenz«, erwiderte Vincent und brachte das Kunststück fertig, seine Stimme ein letztes Mal untertänig klingen zu lassen. » Aber sie ist eine sehr besondere Frau.«
    » Dann geht! Geht endlich!« Als Vincent schon an der Tür war, fuhr der Erzbischof noch einmal auf. » Ich werde Euch doch wiedersehen?«, fragte er mit seltsamem Unterton.
    » Das gebe der gütige Gott!«, erwiderte Vincent, den Blick fest auf den wartenden Prälaten gerichtet. » Ich bin Euer Leibarzt, Exzellenz. Und wünsche angenehme Nachtruhe!«
    Stumm brachte der Prälat Vincent in die Hacht, ein Weg, den dieser nun schon zum zweiten Mal zurücklegen musste. Hatte er damals um Johannas Leben gebangt, so fürchtete er sich nun vor der Konfrontation mit Jakob.
    Sie hatten sich noch nie gesehen.
    Was, wenn nun ein gemeiner Mörder vor ihm stand, einer, der die Rettung gar nicht wert war?
    Nicht der Scharfrichter, sondern ein Wächter schloss auf, was Vincent beruhigte. Der Gefangene war offenbar aufgesprungen, als er die Schritte gehört hatte.
    » Ihr seid das!«, rief er. » Wir kennen uns. Damals, vor der Apotheke …«
    Er war seinem eigenen Sohn begegnet, ohne zu wissen, wer er war!
    Mendel ben Baruch hatte recht gehabt. Jakob war wie ein Abbild seiner selbst in jungen Jahren. Nur die Augen hatte er von Johanna, große, klare Augen von bezwingendem Grün.
    » Was wollt Ihr hier?«, fragte Jakob.
    Zu Vincents Überraschung trug er keine Eisenfesseln. Nur die Hände waren mit einem Kälberstrick aneinandergebunden.
    » Dich an einen anderen Ort bringen«, sagte er.
    » Wozu?« Argwohn verdunkelte Jakobs Gesicht.
    » Frag nicht, komm!«, drängte Vincent. » Nele geht es gut«, zischte er. » Die Beulen sind auf.«
    » Wer sagt mir, dass Ihr
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