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Die Pestmagd

Titel: Die Pestmagd
Autoren: Brigitte Riebe
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wurden verhaftet und aus Köln ausgewiesen. 1529 stimmte er auf dem Reichstag zu Speyer für die Einberufung einer Kirchenversammlung zur Wiederherstellung des Religionsfriedens. Im selben Jahr, am 28. September, loderten Scheiterhaufen in Köln: die evangelischen Bekenner Peter Fliesteden und Adolf Clarenbach fanden als Ketzer im Feuer den Tod.
    1531 wurde Ferdinand I., ein Bruder Karls V., zum deutschen König gewählt, eine besonders unter den evangelischen Fürsten äußerst umstrittene Wahl; dennoch salbte Hermann den Gewählten. 1532 wurde Hermann Administrator des Fürstentums Paderborn und stellte die Ruhe dort mit Truppengewalt her. Im gleichen Jahr erließ er ein scharfes » Edikt wider alle Neuerungen in Sachen Religion«. Alle » geheimen Versammlungen der neuen Lehre« waren in der Erzdiözese verboten, » Winkelprediger ohne Gnade unnachlässig zu strafen«, und die Beamten wurden angewiesen, » solches Unkraut auszurotten und zu vertilgen«.
    Dann kam der Umschwung. Enttäuscht über die geringe Beachtung seines » Handbuchs zur christlichen Lehre« (veröffentlicht 1538) und nach gescheiterten Religionsgesprächen öffnete sich Hermann von Wied den Ideen des elsässischen Reformators Martin Bucer und unternahm Anstrengungen, in Köln eine Reform durchzuführen.
    Würde das katholische Köln nun protestantisch werden?
    Die große Pestwelle, die die Stadt im Sommer 1540 erfasste, hielt diese aufsehenerregenden Ereignisse erst einmal auf ….
    Die Pest in Köln 1540 / 41
    Im Sommer des Jahres 1540 wurde Köln einmal mehr von einem anhaltenden Massensterben heimgesucht. Ein detailliertes Bild des Seuchenausbruchs vermitteln die Aufzeichnungen Hermann von Weinsbergs, der auch als Figur in meinem Roman als Rektor der studentischen Kronenburse eine Rolle spielt. Nach einem glutheißen, trockenen Sommer mit verheerenden Ernteergebnissen (aber gutem Wein), der zudem viele Tiere verenden ließ, kam es zu den ersten Pesterkrankungen. Bittmessen und Prozessionen vermochten die Seuche nicht aufzuhalten, selbst eine vom Magistrat verordnete Reinigung der Sickergruben führte zu keiner Verbesserung, ebenso wenig die Bemühungen, der frei laufenden Schweine in der Stadt Herr zu werden. Gleichzeitig versuchte man, das Problem streunender Hunde zu beseitigen; ein in Turmhaft verwahrter Scharfrichterknecht wurde freigelassen und mit der rohen Aufgabe des Hundeschlagens betraut. Diese Beschlüsse zur Verbesserung der katastrophalen hygienischen Bedingungen zeigen vermutlich nur die Spitze des Eisberges. Niemand wusste wirklich, was man machen sollte.
    Das Peststerben hielt an und nahm weiter an Intensität zu; nach dem Jahreswechsel starben an manchen Tagen 200 Menschen. Es kam zur Lähmung des öffentlichen Lebens, weil unter anderem sechs Schöffen des Hochgerichts starben und ebenso drei Bürgermeister. Auch unter der Kölner Geistlichkeit hielt der Tod reiche Ernte. Als die Epidemie im Spätsommer 1541 ihren Höhepunkt erreichte, wurden nicht nur alle Badehäuser, Gerichte und Bursen geschlossen, sondern auch das Läuten der Sterbeglocken auf eine halbe Stunde zu Mittag beschränkt.
    Das Kölner Pesthaus zur » roeden Portzen« (Zur roten Pforte) in der Gereonstraße platzte aus allen Nähten, und seine Kapazitäten waren rasch ausgeschöpft. Trotzdem drängten viele zur Aufnahme, weil es sich rasch herumgesprochen hatte, dass die Überlebenschancen dort dank besserer Pflege günstiger waren – vorausgesetzt, man war an der Spezies Beulenpest erkrankt.
    Welche ergreifenden Szenen mögen sich dort abgespielt haben, bis die Epidemie im Herbst 1541 endlich erlosch? Man kann sich das gesamte Spektrum von Emotionen vorstellen, von Mitgefühl und Liebe über Gier und Neid bis hin zu Wut und Hass …
    Dichtung und Wahrheit
    Erzbischof Hermann von Wied und sein Kanzler Bernhard vom Hagen sind historische Persönlichkeiten, wenngleich ich mir bei ihrer Charakterisierung einige dichterische Freiheiten erlaubt habe. Von einem unehelichen Halbbruder vom Hagens ist nichts bekannt. Rutger Neuhaus entspringt meiner Fantasie.
    Ebenfalls in Köln bezeugt ist Gisbert Longolius, Gelehrter und Medicus, der auch als Leibarzt des Erzbischofs tätig war, bevor er Köln schließlich wieder verließ.
    Eine weitere historische Person ist Hermann Weinsberg, dessen biografische Aufzeichnungen ich noch heute jedem ans Herz legen kann, der sich mit dem Köln der frühen Neuzeit eingehender beschäftigen möchte. Er beschreibt den Alltag und
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