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Die Peperoni-Strategie

Die Peperoni-Strategie

Titel: Die Peperoni-Strategie
Autoren: Jens Weidner
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er mich, ihm bei der Analyse seiner Angriffspunkte zu helfen. Harkenrat ist ein durch und durch redlicher und kluger Mann, der besonnen und fair handelt. Dementsprechend brachte alles Bohren und Nachhaken nichts – der Mann schien unangreifbar zu sein. Bis wir eines Freitags gemeinsam Mittagessen gehen wollten. Ich holte den Bankier in seinem Büro ab. Der bat mich um einen Augenblick Geduld: Bevor wir ins Restaurant gingen, wollte er noch kurz bei einem Kollegen vorbei: »Wegen des Fußball-Totos.«
    »Wie bitte?«, fragte ich ungläubig.
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»Ja, nun«, antwortete Harkenrat: Seit Jahrzehnten würde das gespielt. Er mache schon mit, seit er als kleines Licht in der Bank angefangen habe. Jeder setzt 5 Euro auf die Fußballspiele des Wochenendes. Rund vierzig Kollegen beteiligten sich daran quer durch alle Abteilungen: von den Sicherheitsmännern über die Schalterkollegen bis hin zum mittleren Management. »Am Montag erfolgt dann die Ausschüttung.«
    »Sie kommen in den Vorstand und beteiligen sich seit Jahren an informellen Wetten mit Ihren Schutzbefohlenen?«, vergewisserte ich mich.
    »Was heißt hier informell«, winkte Harkenrat ab. »Wir sind eine eingeschworene Truppe. Eine Mannschaft. Unabhängig vom Status ist jeder ein Teil davon.«
    »Damit müssen Sie aufhören«, erklärte ich.
    »Auf keinen Fall!«, widersprach Harkenrat empört. »Nur weil ich jetzt an die Hausspitze kommen, grenze ich mich nicht ab. Das sieht ja aus, als würde ich mich zu fein für das Wettvolk fühlen.«
    »Okay, dann kehren wir einmal zu unserer Ausgangsfrage zurück: Was können wir tun, um Sie aus Ihrem Job herauszukatapultieren? Ich habe nun eine Antwort: Stellen Sie sich vor, der
Frankfurter Rundschau
oder der
Frankfurter Allgemeinen Zeitung
wird zugespielt, dass das zukünftige Vorstandsmitglied Harkenrat durch illegale Fußballwetten sein Monatsgehalt um einen vierstelligen Betrag aufzustocken versucht. Den journalistischen Profis wird es kaum schwerfallen, das Gerücht zu verifizieren. Stellen Sie sich die Schlagzeilen vor: ›Wettskandal in Frankfurt! Bankier zockt Angestellte ab!‹ Nach dieser Kampagne sind Sie beruflich am Ende. Oder würden Sie einem Banker mit Spielsucht vertrauen?«
    Harkenrat war sichtlich verärgert. Er sei weder spielsüchtig, noch würde ich die Situation verstehen. Unser Mittagessen fiel für diesen Tag aus.
    Eine Woche später erreichte mich eine knappe Mail: »Ich bin ausgestiegen.«
    Ein kluger Mann. Dank seines frühzeitigen Handelns kann ihm nun niemand einen Strick daraus drehen.
     
    |187| Wenn Sie nicht zu den naiven Opfertypen zählen wollen, dann hinterfragen Sie Ihre Gewohnheiten. Mogeln Sie nicht bei der Spesenabrechnung, buchen Sie nicht über Ihren Bürocomputer Ihre Urlaubsreise, surfen Sie nicht bei Ebay oder auf Pornoseiten. Hüten Sie sich ebenso davor, Firmenkontakte für private Feiern oder Reisen zu nutzen. Und schummeln Sie nicht bei der Steuererklärung. Diese Kleinigkeiten haben schon genügend Menschen beruflich den Kopf gekostet.
    Auf illegale Handlungen – und seien sie noch so banal – zu verzichten, ist ein unglaublich entspannender Luxus. Denn Sie müssen keinerlei Enttarnung fürchten.

Man trifft sich immer zweimal im Leben
    Weihnachtsfeiern mit Punsch, Geschäftsessen mit Bier, Wein und Schnaps, sommerliche Grillfeste mit der ganzen Belegschaft und ausreichend alkoholischen Getränken. Betriebsfeiern sind gut fürs Betriebsklima – und können sich fatal auf die Karriere auswirken. Und das nicht nur wegen der peinlichen Fotos, die zu später Stunde geschossen werden mögen.
    Wer vom Alkohol enthemmt locker losplaudert und sich zu Klatsch und Tratsch hinreißen lässt, zu kleinen Indiskretionen, der muss damit rechnen, eines Tages die Quittung dafür zu erhalten – und die kann ganz anders ausfallen, als man zunächst vermutet.
     
    Dr. Robert Stammer hat einen hervorragenden Stand in seiner Firma. Er arbeitet hart und gewissenhaft, er hat es sogar geschafft, berufsbegleitend
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seine Doktorarbeit zu beenden. Er gilt als leistungsbereit, zuverlässig und hoffnungsvoll. Man schätzt sein Urteil. Deshalb wird auch seiner Empfehlung zur Neubesetzung einer Position Gehör geschenkt.
    Eingestellt wird ein weiterer Absolvent von Stammers Alma Mater, den er schon länger kennt: Jürgen Wolgerer ist ehrgeizig und engagiert. Ebenso wie Stammer würde Wolgerer gern promovieren – allerdings fehlt ihm das passende Thema zu seiner Dissertation. Stammer
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