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Die Peperoni-Strategie

Die Peperoni-Strategie

Titel: Die Peperoni-Strategie
Autoren: Jens Weidner
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sich durch kontroverse Grundhaltungen und Arbeitsstile auszeichnen und auch kollegial nicht miteinander können, weil deren Chemie schlichtweg nicht stimmt. Die Mitglieder dieser Arbeitsgruppe werden dann in einen schönen Raum mit gutem Service gesperrt und mit der Konzepterstellung für die ungeliebte Idee, die man auf keinen Fall umsetzen möchte, beauftragt. Die gegenseitigen Unsympathien in der Gruppe führen wunschgemäß dazu, dass sich deren Mitglieder zerstreiten und zu keinem sinnvollen Ergebnis kommen. Ganz im Gegenteil: Sie torpedieren gegenseitig ihre Vorschläge.
    In der Politik nimmt man zur Umsetzung dieser Bermuda-Dreieck-Strategie am besten Experten aus Gewerkschaft und Arbeitgeberlager, die sich bekanntermaßen überhaupt nicht grün sind. Sehr gut sind jene geeignet, die sich gegenseitig schon über die Presse oder anderweitig öffentlich kritisiert und beleidigt haben. Auch Arbeitsgruppen, die sich aus Vertretern von Lebensmittelhandel und -chemie zusammensetzen, ziehen hier an einem Strang – in unterschiedliche Richtungen. An Universitäten reicht es üblicherweise aus, zwei Professoren |181| aus konkurrierenden Theorieschulen in dieselbe Arbeitsgruppe zu berufen. Garantiert werden die sich gegenseitig neutralisieren und sich zu keiner einhelligen Fachmeinung durchringen können, sodass die Institutsleitung ganz elegant das ungeliebte Projekt solange auf Eis legen kann, »bis eine theoretische und praktische Einhelligkeit erzielt werden kann«. Das wird vermutlich nie geschehen – wie schade … Die instrumentalisierte Arbeitsgruppe darf als einer der wirkungsvollsten Innovationszerstörer in Deutschland betrachtet werden!
    Wenn Sie erfahren, dass Sie in eine Arbeitsgruppe mit sich widersprechenden Vertretern bestellt werden sollen, dann versuchen Sie auf jeden Fall, sich dieser Aufgabe zu entziehen, denn Sie sollen abgeschoben werden.
    Das kann recht schwierig sein, denn offiziell muss der Anschein der Arbeitsfähigkeit der Arbeitsgruppe aufrechterhalten bleiben. Elegant können Sie dem entgehen, wenn Sie jemanden anderes als fachlich geeigneter hinein empfehlen können, vielleicht noch gepaart mit dem unaufdringlichen Angebot an die Leitung, sie dann hier und dort entlasten zu können. Der von Ihnen Empfohlene kann übrigens gerne jemand sein, den Sie aufs Abstellgleis befördern wollen – denn genau darum handelt es sich bei dieser Art von Arbeitsgruppen!
    Nur Arbeitsgruppen, in denen die große Mehrheit an einem Strang zieht (und zwar in eine Richtung), entfalten die Power der Innovation!
    Wollen (oder müssen) Sie dennoch in schwierigen Arbeitsgruppen etwas durchsetzen, sollten Sie sich der präventiven Konfliktlösungsstrategie bedienen: erst die Mehrheiten in Vorgesprächen festzurren und dann pseudodemokratisch ins Meeting |182| gehen. Im Jargon nennt man das »gut präpariert«. Kluges Taktieren hält die potenziellen Gegenspieler auf Distanz. Ganz davon abgesehen, dass der Genuss am eigenen strategischen Geschick so manchen Mitarbeiter aufblühen lässt.
     
    Ein Textilgeschäftsführer nennt das geradezu euphorisch sein »sinnli
ches Verhältnis zur Gestaltungsfreiheit«. Will er etwas Kniffliges durchsetzen, stimmt er sich mit seinen loyalen Partnern, Frau Sabine L. und Herrn Walter K., aus der Entscheidungsgruppe präzise ab: »Ich werde meine Ausführungen mit dem Satz beenden: ›Das hat aus meiner Sicht Zukunft!‹ Walter fällt mir dann bitte sofort ins Wort und sagt: ›Ein sehr guter Gedanke, den wollte ich auch schon lange verfolgen.‹ Sabine präzisiert direkt im Anschluss, dass diese Idee exakt den Interessen unserer nationalen Partner entsprechen dürfte.« Das Resultat dieser Art von Abstimmungsprozessen ist fast immer identisch: Die Restgruppe nickt ab, denn jeder Gegenredner weiß, dass er es nun gleich mit drei potenten Fürsprechern zu tun bekommt. Die Gefahr, hier zu unterliegen, scheuen die meisten. Der Widerstand ist damit im Keim erstickt, und manch potenzieller Kritiker lässt frustriert den Kopf hängen – was unser Textilgeschäftsführer gerne auch als zustimmendes Nicken wertet! Der Mann hat Humor. Schwarzen Humor.

Kleine Chilischoten am Rande
    Nebenbei ist ein zentrales Utensil Ihres Arbeitsalltags schon mehrfach aufgetreten – hier möchte ich ihm das richtige Gewicht verleihen: Ihr Timer ist für Ihre wirksame Peperoni-Strategie unerlässlich. Vermerken Sie in ihm, wer Sie zu welcher Gelegenheit kritisiert hat (und damit auf Ihre persönliche
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