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Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel
Autoren: Alison Croggon
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sagte sie.
    »Was ich gesehen habe, war etwas Böses. Die Soldaten - sie wirkten nicht wie Menschen.«
    »Das klingt für mich nach Hundssoldaten«, erwiderte Cadvan. »Das sind Kreaturen, die nicht geboren, sondern durch eine finstere Kunst in den mächtigen Arsenalen von Den Raven aus Metall und Fleisch geschmiedet werden. Man haucht ihnen einen absonderlichen Abklatsch von Leben ein, sodass sie Willen und Verstand zu besitzen scheinen.«
    Maerads Herz zog sich vor Furcht um ihren Bruder zusammen: Er war so jung, und das Leben hatte ihm so übel mitgespielt; sie hatte ihn erst unlängst gefunden und bereits wieder verloren. Einen Lidschlag lang sah sie sein Gesicht lebhaft vor sich, mit seiner Mischung aus Hochmut, Schalk, Verletzlichkeit und dahinter einer verbitterten Verzweiflung, die Maerad zwar nicht ganz verstand, die ihr jedoch vor Mitleid einen Stich ins Herz versetzte.
    Durch einen ungemein sonderbaren Zufall hatte sie Hem mitten in der Wildnis entdeckt- obschon Cadvan behauptete, es sei gar kein Zufall gewesen. Maerad hatte ihren Bruder seit langem für tot gehalten, hingemetzelt als Kleinkind während der Plünderung Pellinors. Mittlerweile war er ein schlaksiger zwölfjähriger Junge, dunkelhäutig wie ihr Vater, im Gegensatz zu Maerad, deren Haut äußerst hell war; dafür besaßen sie dasselbe dunkle Haar und dieselben tiefblauen Augen.
    Noch bevor sie wusste, wer Hem war, hatte sie sich ihm verbunden gefühlt. Den Großteil ihrer sechzehn Lebensjahre hatte Maerad eine schier unerträgliche Einsamkeit empfunden, doch als sie Hem fand - wortkarg, von Grauen erfüllt und noch mittelloser, als sie es gewesen war -, blühte ihre ausgehungerte Seele auf: Sie liebte ihn innig, beschützerisch, hingebungsvoll. Der Gedanke, dass die Armee, die sie in ihrem Traum gesehen hatte, gen Turbansk- auf ihren Bruder zu - marschierte, erfüllte sie mit blankem Entsetzen.
    Cadvan riss sie aus ihrer Grübelei, indem er ihr eine braune Stöpselflasche und ein Glas aus einem nahen Schrank anbot. »Trink etwas hiervon«, forderte er sie auf.
    Es war ein starker Schnaps, dafür gedacht, um Frost in kalten Nächten auf See zu vertreiben. Maerad trank ihn dankbar und spürte, wie das scharfe Getränk sich einen heißen Pfad ihren Schlund hinabbahnte. Sie hustete, setzte sich gerade auf und fühlte sich gestärkt.
    »Wenn mein Traum wahr ist, handelt es sich um eine riesige Armee«, meinte sie schließlich. »Turbansk wird unter starken Druck geraten.«
    »Das sind schlechte Neuigkeiten, und nicht nur für Turbansk«, erwiderte Cadvan. »Aber selbst diese riesige Streitkraft ist nur ein Teil der großen Kriegslist, die der Namenlose entfesselt. Und du, Maerad, bist für ihn so bedeutsam wie jene mächtige Armee. Vielleicht noch bedeutsamer. Alles dreht sich um dich.«
    Maerad ließ den Kopf hängen. Cadvans Worte bedrückten sie über alle Maßen. Um mich ?, dachte sie verbittert. Und doch wusste sie, dass dem so war. Sie presste die Hände aneinander, um ihrem Zittern Einhalt zu gebieten, und schaute zu Cadvan, der sich mit betrübter Miene und gedankenverloren wieder neben ihr niederließ.
    Dabei tauchte in Maerads Gedächtnis lebhaft ihre erste Begegnung auf. Sie lag nur drei Monate zurück, dennoch fühlte es sich für Maerad wie ein ganzes Leben an. Es war in Gilmans Feste gewesen, jener trostlosen Siedlung im Norden, wo sie den Großteil ihres jungen Lebens als Sklavin zugebracht hatte. Sie hatte im Stall eine Kuh gemolken. Er hatte schweigend vor ihr gestanden, erstaunt und beunruhigt darüber, dass sie ihn trotz seines Unsichtbarkeitsbanns sehen konnte. Ein Morgen wie jeder andere. Allenfalls noch bemerkenswert, weil es sich um den Tag der Frühlingswende gehandelt hatte, an dem sich der Winter aus den Bergen zurückzuziehen begann. Damals wie jetzt hatten Erschöpfung, Anspannung und, wie Maerad fand, eine unerklärliche Traurigkeit seine Züge überschattet. Obwohl er ein Fremder gewesen war und ungeachtet ihrer Angst vor Männern, die sie das gewalttätige Leben in der Feste gelehrt hatte, hatte sie ihm auf Anhieb vertraut. Sie wusste noch immer nicht, weshalb; der Grund saß zu tief für Worte.
    Es war Cadvan gewesen, der ihr offenbart hatte, wer sie war, und er hatte ihr geholfen, einen Teil der Geschichte ihrer Familie zu enträtseln. Maerad war nach der Plünderung Pellinors, jener Bardenschule, in der sie geboren worden war, zusammen mit ihrer Mutter gefangen und als kleines Kind verkauft worden. Cadvan hatte
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