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Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel
Autoren: Alison Croggon
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hätte, wenn er nicht gewusst hätte, dass du ihn liebst«, sprach Cadvan langsam. »Ja«, pflichtete Maerad ihm bei und blickte zu Boden. Tränen brannten ihr in den Augen. »Aber ich glaube, er hatte recht. Das Baumlied gehört den Elidhu, nicht dem Licht oder der Finsternis, und wir müssen es ihnen zurückgeben. Nur habe ich ihn… nun ja, verraten. Andererseits, wenn ich geblieben wäre, hätte ich alle anderen verraten …« Sie verstummte und ließ die Worte in der Luft hängen.
    Cadvan beugte sich vor und wischte ihr die Haare aus den Augen. »Sieh mich an, Maerad«, forderte er sie auf. Widerwillig schaute sie auf, um seinem Blick zu begegnen. »In mir war bereits der Gedanke aufgekommen, dass es hier darum geht, etwas rückgängig zu machen, was das Licht oder die Finsternis niemals hätten tun sollen«, verriet er. »Wenn dem so ist, dann ist das genau unsere Aufgabe. Und deinen Teil der Aufgabe hättest du nicht erfüllen können, wärst du im Eispalast eingesperrt geblieben. Vielleicht hast du den Winterkönig gar nicht verraten. Vielleicht hast du ihm geholfen, sich nicht selbst zu verraten.«
    Maerad nickte. Cadvan betrachtete sie mit einer Zärtlichkeit, die er ihr gegenüber zuvor nie gezeigt hatte.
    »Schäme dich niemals deiner Liebe«, sagte er in sanftem Ton. »Das Einzige, wofür man sich schämen sollte, ist, seine Liebe zu verleugnen. Dadurch wächst im Herzen eines Menschen ein Schatten, der das Licht verfinstert. Und wir alle empfinden vielerlei Liebe.« »Ich habe mich an die anderen Menschen erinnert, die ich liebe«, sagte Maerad mit rauer Stimme. »Am meisten an Hem. Und ich habe von dir geträumt, obwohl ich dachte, du wärst tot. Das gab mir Hoffnung. Und dennoch … Den Winterkönig zu verlassen hat mir einen der schlimmsten Schmerzen beschert, die ich je verspürt habe.«
    Sie begann zu schluchzen und lehnte sich an Cadvans Schulter. Wortlos streichelte er ihr Haar und blieb stumm, bis ihre Tränen versiegten, sie sich aufsetzte und sich mit dem Ärmel die Augen abwischte.
    »Ich will Hem suchen«, verkündete sie.
    »Wir brechen morgen auf«, erwiderte Cadvan und lächelte freundlich. »Tief im Herzen glaube auch ich, dass wir ihn finden müssen. Aber im Augenblick fühle ich mich so müde wie noch nie zuvor in meinem Leben.«
    Maerad schenkte ihm ein zittriges Lächeln. »Dann also morgen«, pflichtete sie ihm bei.
    In jener Nacht träumte Maerad, dass sie über eine grüne Wiese voller Wildblumen schlenderte, mit Gras so hoch, dass es ihr bis zu den Knien reichte. Sie gelangte zu einer hohen Hecke, öffnete den Riegel eines Tores und betrat einen Obstgarten mit Apfelbäumen. Es war Anfang Frühling, und die Aste prangten mit rosigweißen Knospen. Blütenblätter übersäten den Boden wie Schnee, und zwischen den Grashalmen nickten Narzissen, Glockenblumen und vielfarbige Krokusse im Wind.
    Sie wanderte durch den Obstgarten in einen weiteren Garten, der gerade aus dem Winterschlaf erwachte, dann weiter über einen Pfad aus weißem Kies zu einem wunderschönen Haus. Obwohl Maerad diesen Ort noch nie gesehen hatte, wusste sie, dass er ihre Heimat war, ein langes, zweigeschossiges Gebäude aus gelbem Stein mit breiten Fenstern, die im Sonnenlicht gleißten.
    Als sie die Eingangstür erreichte, öffnete sich diese von selbst, und Maerad trat ein. Auf der Suche nach etwas ging sie in jedes Zimmer, doch alle waren leer. Atemlos, allmählich beunruhigt rannte sie die Treppe hinauf, riss in einer zunehmend verzweifelten Suche jede Tür auf, entdeckte jedoch niemanden. Panik erfasste sie, und sie lief die Treppe hinab und aus dem Haus in den Garten, während ihr Tränen über die Wangen kullerten.
    Dann erblickte sie Hem mit einem halb aufgegessenen Apfel in der Hand zwischen den Apfelbäumen. Er winkte und begann auf sie zuzulaufen. Sein Gesicht strahlte vor Freude.
    Er kam nach Hause.
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