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Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel
Autoren: Alison Croggon
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zweifellos, um sie vor Raubtieren wie ihr selbst zu schützen.
    Sie entschied sich für die dem Graben am nächsten befindliche Scheune, verharrte eine Weile vor der Tür und schnupperte, bis sie sicher war, dass sich keine Menschen darin aufhielten. Dann löste sie ganz behutsam mit den Zähnen den Riegel und schlich hinein. Gleich neben der Tür schliefen mehrere Hühner. Es gelang ihr, eines davon zu töten, indem sie ihm mit einem flinken Ruck das Genick brach, ehe die anderen erwachten, panisch zu gackern begannen und die übrigen Tiere weckten. Draußen begann ein Hund zu bellen. Maerad schnappte den Kadaver, huschte aus der Scheune und flüchtete. Brüllend kam ein Mann aus einem der Häuser gerannt und schwang eine Mistgabel, doch da befand sich Maerad bereits ein gutes Stück entfernt.
    Nachdem sie das Huhn verspeist hatte, das sich als fett und saftig erwies, fühlte sie sich etwas besser, wenngleich sie wünschte, sie hätte Zeit gehabt, ein weiteres zu reißen; es hatte ihren Hunger zwar besänftigt, jedoch nicht gestillt. Danach rollte sie sich in einer von den Wurzeln einer uralten Weide geschaffenen Grube ein und schlief tief und fest.
    Früh am nächsten Tag erwachte Maerad und setzte die Reise nach Süden unter einem bedeckten Himmel fort. Sie hatte keine klare Vorstellung davon, was sie tun sollte; ihr einziger Gedanke war, so schnell, wie sie konnte, den Weg nach Turbansk zu finden und Hem aufzuspüren. Auf weitere Weiler stieß sie nicht; dieser Teil Annars war spärlich besiedelt, obschon sie gelegentlich verlassene Häuser sah, deren Türen schief von gebrochenen Angeln hingen, während die Fensterläden im Wind schwenkten.
    Den ganzen Vormittag lang verwandelte frostiger Regen den Schnee in einen schlammigen Matsch und trug zu dem Gefühl der Schwermut bei, das der Landschaft anhaftete. Maerad allerdings begrüßte den Regen; sie fragte sich, wie lange es her war, seit sie zuletzt sein sanftes Murmeln gehört hatte, wie lange sie stattdessen durch gefrorene Lande gereist war. Es schien eine Ewigkeit zu sein. Allmählich beschlich sie das eigenartige Empfinden zu wissen, wo sie sich befand, als hätte sie dieses Gebiet bereits in einem Traum besucht. Da erkannte sie, dass sie in der Nähe von Pellinor sein musste, der Schule, in der sie geboren worden war. Dies musste der Gau von Pellinor sein. Einst war dies eine dicht besiedelte Gegend gewesen, nun jedoch erwies sie sich als verlassen und verwaist. Die einzigen Anzeichen darauf, was früher gewesen war, bildeten die traurigen Überreste von Häusern, an denen Maerad immer öfter vorbeikam. Sie war nicht mehr in Pellinor gewesen, seit sie ein kleines Kind gewesen war, seit jenem schrecklichen Tag, an dem die Schule geplündert und bis auf die Grundmauern niedergebrannt worden war und als sie und ihre Mutter in die Sklaverei verschleppt worden waren. Plötzlich überkam sie das überwältigende Verlangen, die Stätte ihrer Geburt zu sehen, so verheert und trostlos sie aussehen musste. Vielleicht würde sie an dem Ort, an dem ihre Mutter die Oberste Bardin verkörpert hatte, in dem Heim, in dem ihre Mutter und Vater sich geliebt und ihre Kinder gezeugt hatten, eine Eingebung erfahren, was sie als Nächstes tun sollte.
    Maerad wusste, dass die Schule an die Berge grenzte. Mit dem Osidh Annova stets zu ihrer Linken rannte sie durch die trostlose Winterlandschaft. Maerad empfand es als Erleichterung, ein bestimmtes Ziel vor Augen zu haben, und hielt aufmerksam Ausschau nach Anzeichen auf die Schule. Der Regen endete, doch blieben dunkle Wolkenschwaden zurück, die weiteren Niederschlag versprachen.
    Kurz vor Mittag fand sie die Ruinen. Sie gelangte über eine dicht mit blätterlosen Buchen und Lärchen bewaldete Anhöhe und erblickte weniger als eine halbe Wegstunde vor ihr eine eingestürzte Steinmauer. Dahinter ragten die Überreste dessen auf, was einst ein hoher Turm und mehrere andere Gebäude gewesen waren.
    Plötzlich zögerlich hielt Maerad inne. Der Ort wirkte noch trostloser, als sie erwartet hatte. Doch ihr Verlangen, Pellinor zu sehen, überwand ihre Zweifel, und schließlich lief sie den Hügel hinab auf den verfallenen Torbogen zu, der früher als Pforte zur Schule gedient hatte.
    Kaum hatte sie die Mauer passiert, bereute Maerad, dass sie hergekommen war; dennoch konnte sie nicht gleich wieder umkehren, als würde ein überhasteter Aufbruch, ohne sich richtig umzusehen, von Respektlosigkeit oder einem Mangel an Mut zeugen. Rings um
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