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Die Päpstin

Titel: Die Päpstin
Autoren: Aufbau
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Wahrheit über den
sella stercoraria
gekannt haben müssen.
    Es gibt sogar einen Augenzeugenbericht über eine solche »Sesselüberprüfung«: Im Jahre 1404 reiste der Waliser Adam von Usk
     nach Rom und blieb länger als zwei Jahre in der Stadt; während dieser Zeit führte er sorgfältig Buch über seine Beobachtungen.
     In seiner ausführlichen Beschreibung der Krönungs- und Weihefeierlichkeiten von Papst Innozenz VII. wird auch die »Sesselüberprüfung«
     geschildert.
    Einen weiteren wichtigen Beweis liefert die »gemiedene Straße«. Das Patriarchum – der Papstpalast und die Bischofskirche des
     Papstes in seinem Amt als Bischof von Rom (die heutige San Giovianni in Laterano) – befindet sich auf der gegenüberliegenden
     Seite des Petersdomes; aus diesem Grunde zogen päpstliche Prozessionen oft zwischen den beiden Kirchen hindurch. Schon ein
     flüchtiger Blick auf eine Karte des modernen Rom zeigt, daß die Via Sacra (die heutige Via San Giovanni) die mit Abstand kürzeste
     und direkteste Verbindung zwischen diesen beiden Orten ist – und in der Tat wurde sie über Jahrhunderte hinweg von den Päpsten
     benutzt (daher der Name Via Sacra, »heilige Straße«). Die Via Sacra ist nun jene Straße, auf der Johanna der Überlieferung
     nach bei der Frühgeburt starb. Kurze Zeit später mieden päpstliche Prozessionen absichtlich diese Straße, und zwar »aus Abscheu
     ob dieses Vorfalles«.
    Die katholische Kirche argumentiert, daß der Umweg später lediglich deshalb gemacht wurde, weil die Straße für Prozessionen
     zu schmal gewesen sei, und dies bis ins sechzehnte Jahrhundert, als sie unter Papst Sixtus V. verbreitert wurde. Aber diese
     Erklärung ist offensichtlich unwahr. Im Jahre 1486 beschrieb Johannes Burckhardt, Bischof von Horta und päpstlicher Zeremonienmeister
     unter fünf Päpsten (ein Amt, das ihm intimste Kenntnisse über den päpstlichen Hof verschafft haben dürfte), in seinem Tagebuch,
     was sich zugetragen hatte, als eine päpstliche Prozession mit der Gewohnheit brach und über die Via Sacra zog:
     
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Auf dem Rückweg kam er (der Papst) am Kolosseum vorbei und (zog) die gerade Straße hinunter, auf der... Johannes Anglicus
     ein Kind gebar, was der Grund dafür ist, daß die Päpste... bei ihren Kavalkaden nie durch diese Straße ziehen; deshalb wurden
     dem Papst Vorhaltungen gemacht... vom Erzbischof von Florenz, dem Bischof von Massano und Hugo de Bencii, dem apostolischen
     Subdiakon...
     
    Einhundert Jahre
vor
der Verbreiterung der Straße ist diese päpstliche Prozession also ohne Schwierigkeiten über die Via Sacra gezogen. Außerdem
     geht aus Burckhardts Bericht eindeutig hervor, daß zu seiner Zeit (im 15. Jahrhundert) selbst hohe Würdenträger im päpstlichen
     Palast gar keinen Zweifel an Johannas Pontifikat hatten.
    Berücksichtigt man die Wirren der Zeit, den Mangel an Quellen und die Verschleierungsversuche, wird sich wohl nie mehr genau
     feststellen lassen, was an jenem schicksalhaften Tag im Jahre 855 auf der Via Sacra geschehen ist. Deshalb hatte ich beschlossen,
     einen Roman darüber zu schreiben, und keine historische Abhandlung. Wenngleich ich mich vielfach auf erwiesene geschichtliche
     Tatsachen stütze, sind die meisten Geschehnisse in
Die Päpstin
rein fiktiver Natur. Über Johannas Kinder- und Jugendjahre ist so gut wie nichts bekannt; man weiß nur, daß sie aus Ingelheim
     stammte, einen englischstämmigen Vater hatte und mehrere Jahre als Mönch im Kloster Fulda verbrachte. Also mußte ich notwendigerweise
     die fehlenden Stücke ergänzen, was diesen persönlichen Hintergrund angeht.
    Doch die bedeutsamsten Ereignisse in Johannas Erwachsenenleben, wie sie in
Die Päpstin
geschildert werden, entsprechen der tatsächlichen historischen Überlieferung; gleiches gilt für den äußeren geschichtlichen
     Rahmen: Die Schlacht von Fontenoy fand, wie beschrieben, wirklich am 25. Juni 841 statt; der historisch höchst bedeutsame
     Vertrag von Verdun wurde tatsächlich geschlossen; die Sarazenen plünderten im Jahre 847 wirklich Sankt Peter; im römischen
     Borgo brach im Jahre 847 tatsächlich eine Feuersbrunst aus, und 854 verursachte der Tiber in der Tat eine Flutkatastrophe.
     Die Morde an Theodorus (im Roman Anastasius’ Onkel) und Leo im Papstpalast wurden tatsächlich verübt, und auch die Verhandlung
     des
magister militum
Daniel gegen den päpstlichen
superista
hat wirklich stattgefunden. Ebenso gibt es schriftliche Zeugnisse |564| über
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