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Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)
Autoren: Norbert F. Pötzl
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Fundus an Papstnamen hebt sich grell ab, was in frühen Zeiten möglich war: Dioskur, Siricius, Konon, Anterus, Lando, ja der schwer altpersisch klingende Hormisdas stehen in den Annalen, auch ein Miltiades, Namensvetter des legendären Siegers von Marathon. Als Staatsreligion des römischen Kaiserreiches zeigte sich das Christentum zunächst eben weit stärker griechisch geprägt, als die spätere lateinische Überformung es heute erkennbar macht.
    Solch weniger bekannte Facetten hat die Papstgeschichte reichlich zu bieten. Es ließe sich geradezu ein Quiz veranstalten mit Fragen wie:
    ▶ Ist jemand mehrfach auf den Stuhl Petri gelangt? Sogar zwei: Bonifaz VII . kam 974 durch den Clan der Crescentier auf den Thron und amtierte dann wieder 984 bis 985; Benedikt IX ., ein Graf von Tusculum, der mit etwa 15 Jahren Papst geworden war, wurde 1044 verjagt und von einem Silvester III . verdrängt, konnte zurückkehren, ließ sich dann mit Geld abfinden, war zweieinhalb Jahre später aber wieder Kirchenoberhaupt.
    ▶ Seit wann residiert der Papst im Vatikan, neben dem Petersdom? Dauerhaft erst seit Mitte des 15. Jahrhunderts; zuvor war San Giovanni im Lateran das angestammte bischöfliche Zentrum Roms.
    ▶ Sind vor Benedikt XVI . Päpste zurückgetreten? Mehrere, und nicht nur Gegenpäpste: 537 gab Silverius auf oströmischen Druck hin drei Wochen vor seinem Tod das Amt auf; Johannes von Velletri, 1059 als Benedikt X . inthronisiert, konnte sich kein Jahr halten, wurde obendrein exkommuniziert, starb aber erst nach 1073; Coelestin V . trat Ende 1294 zurück und starb 1296; Gregor XII . endlich, schon 1409 abgesetzt, erklärte 1415 auch offiziell seinen Rücktritt.
    Im Ringen um die geistliche Führung der Christenheit ist es bis in die Neuzeit kaum weniger ruppig zugegangen als zwischen weltlichen Dynastien. Obwohl es nominell keinen Amtserben geben kann, berichtet auch die Historie des Papsttums von Sippenfehden und Verwandtenmord. Dass der Heilige Vater dennoch, all den vielen Schauergeschichten über Usurpation, Ämterkauf und -verkauf (Simonie), Vetternwirtschaft und Komplotte zum Trotz, seit 1500 Jahren seine Weltgröße behauptet, könnte ein frommer Chronist als Wunder hinstellen.
    Doch der Erfolg hat irdische Gründe, nüchtern säkulare, ganz ohne Parade von Helden oder Heiligen. Auf eine Formel gebracht: Immer hat das Zwitterdasein spiritueller und profaner Amtsgewalt dem Papsttum die nötige Chance gelassen; oft genug brauchten sich die Inhaber des Stuhles Petri nur dem zu fügen, was man ohnehin von ihnen erwartete, damit sie als würdige Regenten durchgingen. Papsttum, das ist die windungsreiche Erfolgsgeschichte eines Images, das zur festen Größe im kollektiven Unbewussten der halben Menschheit geworden ist, einer institutionellen Marke, die bis heute ihre Konkurrenten überflügelt.
    Denkbar bescheiden fing es an. Da sieht man rechts neben einer Gedenknische einen bartlosen Mann in Tunika und Sandalen stehen, geschmückt mit dem bischöflichen Pallium, in den Händen eine Schriftrolle. Die Figur unter Girlanden, eine Wandmalerei in der römischen Praetextatus-Katakombe, ist als »Liberius« bezeichnet; entstanden sein mag dieses früheste bekannte Bild eines Papstes relativ bald nach dessen Tod im Jahr 366. Wohl ein Sonderfall: Ähnliche Porträts, meist Stifterdarstellungen am Rand von Apsismosaiken, sind erst seit etwa 500 bekannt, zunächst nur aus Rom.
    Auch nachdem das Christentum, anfangs eine belächelte Erlösungssekte, den bis heute verblüffenden Durchbruch zur Staatsreligion des Reiches geschafft hatte, konnte also von päpstlicher Regentenpracht noch lange kaum die Rede sein. Mochten Kaiser ihr Konterfei zur Propaganda nutzen – für die Nachfolger Petri galt bildliche Individualität sehr wenig. Als im 8. Jahrhundert ein Künstler inmitten anderer Apostel und Heiligen den längst legendären Retter Roms vor den Hunnen, Leo I. , darstellte, ließ er äußerlichen Prunk weitgehend fort, betonte dagegen in byzantinisch eindringlichem Andachtsstil die Augen.
    Erst Hadrian I. (772–795) wagte es einmal, sein Porträt auf Münzen prägen zu lassen – vermutlich um anderen weltlichen Hoheitsansprüchen, zum Beispiel aus Byzanz, entgegenzutreten. Ein entscheidender Image-Coup glückte dann seinem Nachfolger Leo III . Auf zwei Mosaikbildern im Speisesaal des Lateranpalastes ließ er darstellen, wie aus seiner Sicht die Macht auf Erden verteilt war: Links gab Christus an Petrus die Schlüssel des
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