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Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)
Autoren: Norbert F. Pötzl
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nicht einfach kirchengläubig ist, sieht die Einrichtung eines Stellvertreteramtes für den christlichen Erlöser historisch vor allem als verblüffendes Überbleibsel des römischen Kaiserstaates. Über die Zeiten hinweg verkörpert das Papsttum so für ihn Welteinheitsmacht schlechthin, während seine Inhaber zugleich spirituell als »menschliche Ikone« und »Herrscher über das Reich des Noch-Nicht« an die Erlösungsbedürftigkeit im Diesseits gemahnen.
    Ob Sie als Leser solch ein Bedürfnis spüren oder nicht: Die Bedeutung des Papsttums, seinen Anteil am Lauf des menschlichen Schicksals wird keiner leugnen, der Geschichte ernst nimmt. So haben wir versucht, in den Beiträgen Einfühlung und Distanz, Kritik, Information und Analyse möglichst gleichwertig zu Wort kommen zu lassen. Denn ein Urteil über das seltsame Faktum der Monarchen Gottes wird sich am Ende doch jeder für sich bilden müssen. Dazu möchte dieses Buch beitragen.
    Hamburg, Frühjahr 2013
    Norbert F. Pötzl
    Johannes Saltzwedel

TEIL I NACHFOLGER DES
APOSTELS

Die Monarchen Gottes
    Was heißt es, ein Papst zu sein? Bewegende Porträts, aber auch Schmähungen und Karikaturen zeigen, wie eine Institution aus der Defensive zur Weltmarke wurde und sich hielt – oft gegen alle Erwartung.
    Von Johannes Saltzwedel
    Keiner kann ihm ausweichen, diesem Blick. Prüfend, erfahren, durchdringend, misstrauisch und doch auch ein wenig verständnisvoll schaut der ältere Herr die Betrachter an.
    Gewiss, hier posiert ein Regent, das zeigen schon thronartiger Sessel, schimmernder Atlasstoff und feine, blütenweiße Spitze. Aber die Pracht umhüllt einen Charakter, dessen Energie von der wenig virilen Tracht mit dem schürzenähnlichen Vorderteil schwer zu bändigen scheint. Ein Porträt der Gegensätze: machtbewusst und milde, geborgen wie auch exponiert, stolz, aber seltsam wehrlos, in überindividuellem Faltenwurf und dennoch einmalig erscheint die Gestalt – wie nur ein Papst es sein kann.
    Bloß ein paar Sitzungen soll Diego Velázquez 1650 gebraucht haben, um das Bildnis des 75-jährigen Innozenz X . zu malen. Seit 1644 saß der Jurist aus dem römischen Adelshaus der Doria Pamphili auf dem Stuhl Petri.
    Kein großer Mann, eher das Gegenteil: Von der Schwägerin ausgenutzt, durch Frankreichs Kardinal Jules Mazarin drangsaliert, glücklos im Westfälischen Frieden, machte Innozenz eine denkbar unerfreuliche Figur. Er war berüchtigt für Wutausbrüche, seit seinem Vernichtungsfeldzug gegen ein kleines Fürstentum bei vielen Landsleuten regelrecht verhasst. Aber zeigt das Bild nicht trotz alledem ein Wesen, für das gewöhnliche Maßstäbe wenig gelten?

Papst Innozenz X .
    (Gemälde von Diego Velázquez, 1650)
    ALINARI /ART RESOURCE, NY IMAGE /ADP

So ist es anscheinend mit Päpsten: Wie irdisch, ja zuweilen kläglich sie auch handeln, ihr unvergleichlicher Posten als Stellvertreter Christi entrückt sie ins Überwirkliche. Sakramente und Segen, Kirchenlehre und Ritus betreuen sie nur wie oberste Verwalter, doch eben als letzte Instanz; im Stil können sie sich stärker voneinander unterscheiden als Orchesterdirigenten. Die Monarchen Gottes gebieten kaum über irdische Gewaltmittel, dennoch brauchen sie sich nicht einmal den Regeln für Könige oder Kaiser zu unterwerfen. Und obgleich viele Jahrhunderte das Amt in ein dichtes Geflecht aus Tradition und Routine eingesponnen haben, lässt es die Persönlichkeit derer, die es ausüben, meist umso schärfer hervortreten. Papst sein, das ist ein Paradox.
    Schon der übliche Wechsel des Namens enthebt den Träger des Fischerrings seinem bisherigen Lebenslauf. Den Anfang machte 533 ein Mercurius, der als Bischof von Rom nicht mehr nach einem antiken Gott, sondern lieber Johannes II . heißen wollte. Seit dem 10. Jahrhundert taten es ihm die meisten nach; als letzter bisher blieb Marcellus II . (1555) bei seinem Taufnamen. Seit langem gilt die Verkündung des neuen Namens als kürzeste Regierungserklärung der Welt: Ausdrücklich vereinigte so 1978 Albino Luciani alias Johannes Paul I. seine beiden recht gegensätzlichen Vorgänger. Als Karol Wojtyla ihm keine fünf Wochen später mit demselben Namen folgte, gab er ein starkes Signal der Kontinuität. Papst Benedikt XVI . beschwor sicherheitshalber gleich 15 Vorläufer im Amt, obendrein den wichtigsten frühmittelalterlichen Ordensgründer herauf und gab sich damit eine Aura von Frömmigkeit und Führungsstärke.
    Gegen den allmählich zusammengeschmolzenen
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