Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Operation

Titel: Die Operation
Autoren: Robin Cook
Vom Netzwerk:
Unterwasserscheinwerfern. Dann wurde der Weg schmaler und schlechter beleuchtet und sie mussten ihre Schritte etwas verlangsamen. Sie überquerten die Brücke über die Stachelrochenlagune und erreichten schließlich den dunklen, sorgfältig gepflegten Bereich am Fuß des Westflügels der Royal Towers. Beide Frauen waren außer Atem.
    Eine Abordnung des hoteleigenen Sicherheitsdienstes hatte auf den durch Carols Anruf ausgelösten Alarm sofort reagiert und war schon da. Ein paar Männer riegelten den Bereich mit gelbem Absperrband ab, das sie von Palme zu Palme spannten. Ein breitschultriger, schwarzer Bahamaer im dunklen Anzug trat aus dem Schatten und versperrte den beiden Frauen den Weg und die Sicht.
    »Tut mir Leid«, sagte er. »Es hat einen Unfall gegeben.«
    »Wir wollen zu den Opfern«, platzte Stephanie heraus. Sie versuchte, einen Blick um den beleibten Mann herum zu werfen.
    »Tut mir Leid, aber es ist das Beste, wenn Sie hier bleiben«, sagte der Mann. »Der Notarzt ist bereits unterwegs.«
    »Notarzt?«, hakte Stephanie nach. Verzweifelt hielt sie ihren Hoffnungsfunken am Leben.
    »Und die Polizei«, fügte der Mann hinzu.
    »Wie geht es ihnen?«, fragte Stephanie zögernd. »Sind sie noch am Leben? Wir müssen sie sehen!«
    »Madam«, sagte der Mann milde. »Sie sind aus dem zweiunddreißigsten Stockwerk gefallen. Es ist wirklich kein schöner Anblick.«
    Inzwischen waren die Notarztwagen angekommen und hatten die leblosen Körper eingeladen, ebenso die Polizei, die erste Ermittlungen einleitete. Sie entdeckten die Spritze, was zunächst einmal für Aufregung sorgte, bis Stephanie erklärte, es handele sich um ein Medikament, das ein ortsansässiger Arzt verschrieben habe. Das wurde von Dr. Nawaz und Dr. Newhouse bestätigt, die kurz nach der Tragödie ebenfalls eintrafen. Die Polizei hatte die Frauen und die Ärzte hinauf in die Poseidonsuite begleitet und den Balkon und die Balustrade untersucht. Der Chefinspektor konfiszierte daraufhin die Reisepässe der Frauen und sagte, sie müssten bis zur offiziellen Feststellung der Todesursache auf den Bahamas bleiben. Außerdem ließ er die Poseidonsuite und Stephanies Suite wegen der anstehenden Ermittlungen versiegeln.
    Der Dienst habende Geschäftsführer hatte vorbildliche Beherrschung, Effizienz und Mitgefühl gezeigt. Er hatte die beiden Frauen sofort und ohne weitere Fragen zu stellen in eine Suite im Ostflügel der Royal Towers verlegt, und dort saßen sie nun. Außerdem hatte er sie mit allerhand Hygiene-und Pflegeprodukten versorgt, da sie ihre eigenen ja vorübergehend nicht benutzen konnten. Dr. Nawaz und Dr. Newhouse waren noch eine Zeit lang geblieben. Dr. Newhouse hatte ihnen ein Beruhigungsmittel dagelassen, das sie bei Bedarf einnehmen konnten. Sie ließen es beide sein. Der kleine Plastikbehälter stand unberührt auf dem Couchtisch zwischen ihnen.
    Stephanie hatte in Gedanken ununterbrochen die ganze Geschichte von jenem regnerischen Abend in Washington bis zu der Tragödie an diesem Morgen hin und hergewälzt. Rückblickend konnte sie kaum glauben, dass sie und Daniel sich tatsächlich auf solch ein waghalsiges Unterfangen eingelassen hatten. Noch befremdlicher aber war es, dass sie ihren eigenen Wahnsinn nicht erkannt hatten, trotz der zahlreichen Rückschläge, die eigentlich Hinweis genug hätten sein müssen, dass ihre Entscheidung ein schrecklicher Fehler gewesen war. Sie hatten den Zweck und die Mittel gründlich verwechselt. Auch die Tatsache, dass sie ihr Tun wenigstens gelegentlich in Frage gestellt hatte, war nur ein schwacher Trost, da sie nie auf ihre Intuition gehört hatte.
    Schließlich nahm Stephanie die Füße vom Couchtisch und setzte sich auf. Im Grunde wusste sie schon lange nicht mehr, wo sie stand und wer sie eigentlich war. Mit verschränkten Fingern streckte sie die Arme durch. Die Regungslosigkeit hatte ihre Glieder steif werden lassen. Nachdem sie sich mit den Fingern durch die Haare gefahren war und einmal tief ein-und wieder ausgeatmet hatte, schaute sie Carol an.
    »Sie müssen erschöpft sein«, sagte Stephanie. »Ich habe ja zumindest ein paar Stunden Schlaf bekommen.«
    »Es klingt vielleicht seltsam, aber ich bin nicht müde«, sagte Carol. Stephanies Vorbild folgend, streckte sie sich auch. »Ich fühle mich, als hätte ich zehn Tassen Kaffee getrunken. Ich muss ununterbrochen daran denken, wie lächerlich die ganze Geschichte von Anfang an gewesen ist, von diesem schicksalhaften Treffen in meinem Auto
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher