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Die Ökonomie von Gut und Böse - Sedlacek, T: Ökonomie von Gut und Böse

Die Ökonomie von Gut und Böse - Sedlacek, T: Ökonomie von Gut und Böse

Titel: Die Ökonomie von Gut und Böse - Sedlacek, T: Ökonomie von Gut und Böse
Autoren: Tomas Sedlacek
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heute so geblieben.
    Man bringt uns Ökonomen bei, keine normativen Urteile darüber abzugeben, was gut und was böse oder schlecht ist. Doch die Ökonomie ist, im Gegensatz zu dem, was in den Lehrbüchern steht, überwiegend ein normatives Gebiet. Sie beschreibt die Welt nicht nur, sondern befasst sich auch häufig damit, wie die Welt sein sollte (sie sollte effektiv sein, den Idealen eines perfekten Wettbewerbs und eines hohen BIP-Wachstums bei niedriger Inflation entsprechen, wir sollten uns bemühen, große Konkurrenzkämpfe zu vermeiden …). Zu diesem Zweck entwickeln wir Modelle, moderne Gleichnisse, doch diese (oft absichtlich) unrealistischen Modelle haben mit der realen Welt kaum etwas zu tun. Ein Beispiel aus dem Alltag: Wenn ein Ökonom im Fernsehen eine scheinbar harmlose Frage zum Inflationsgrad beantwortet, wird er umgehend mit einer weiteren Frage konfrontiert (häufig wird er sie sogar selbst stellen): Ist das Ausmaß der Inflation gut oder schlecht , sollte die Inflation höher oder niedriger sein? Selbst bei so technischen Fragen sprechen die Analysten sofort von »gut« und »schlecht« und geben normative Urteile ab: Sie sollte niedriger (oder höher) sein.
    Trotzdem bemüht die Ökonomie sich geradezu panisch, Begriffe wie »gut« und »böse/schlecht« zu vermeiden. Das kann sie aber gar nicht. »Wenn die Ökonomie wirklich wertneutral wäre, würde man erwarten, dass ihre Vertreter ein vollständiges ökonomisches Denkgebäude errichtet hätten.« 9 Das ist aber, wie wir gesehen haben, nicht der Fall. Meiner Ansicht nach ist das zwar gut, doch wir müssen zugeben, dass die Ökonomie letztlich eher eine normative Wissenschaft ist. Laut Milton Friedman (Essays in Positive Economics) sollte die Ökonomie eine positive Wissenschaft sein, sie sollte wertneutral sein und die Welt so beschreiben, wie sie ist, nicht so, wie sie sein sollte. Dass die Ökonomie »eine positive Wissenschaft sein sollte «, ist aber schon eine normative Aussage . Sie beschreibt die Welt ja nicht, wie sie ist, sondern so, wie sie sein sollte. Im wirklichen Leben ist die Ökonomie keine positive Wissenschaft. Wäre sie das, müssten wir uns nicht bemühen, sie dazu zu machen. »Natürlich verwenden die meisten Wissenschaftler und viele Philosophen die positivistischen Grundsätze einfach dazu, lästigen Grundlagenfragen – das heißt der Metaphysik – aus dem Wege zu gehen …« 10 Wertfrei zu sein ist übrigens schon ein Wert an sich, zumindest für die Ökonomen sogar ein großer . Es ist paradox, dass ein Gebiet, das sich vorwiegend mit Werten beschäftigt, wertfrei sein will. Und dass ein Gebiet, das an die unsichtbare Hand des Marktes glaubt , frei von Geheimnissen sein will.
    In diesem Buch geht es um folgende Fragen: Gibt es eine Ökonomie von Gut und Böse? Zahlt es sich aus, gut zu sein, oder liegt das Gute außerhalb von jedem ökonomischen Kalkül? Ist die Selbstsucht dem Menschen angeboren? Kann man sie rechtfertigen, wenn sie zu etwas führt, was gut für die Gesellschaft ist? Wenn die Ökonomie mehr als ein mechanisch-allokatives, ökonometrisches Modell ohne tiefere Bedeutung (oder Anwendung) sein soll, muss sie sich solche Fragen stellen.
    Vor Wörtern wie »gut« und »böse« oder »schlecht« brauchen wir uns übrigens nicht zu fürchten. Dass wir sie benutzen, heißt keineswegs, dass wir moralisieren. Wir haben alle eine internalisierte Ethik, nach der wir uns bei unserem Verhalten richten. Und einen Glauben (auch der Atheismus ist eine Religion). Bei der Ökonomie ist es auch nicht anders. John Maynard Keynes schreibt: »Praktiker, die sich ganz frei von intellektuellen Einflüssen glauben, sind gewöhnlich die Sklaven irgendeines verblichenen Ökonomen. … Aber früher oder später sind es Ideen, und nicht erworbene Rechte, von denen die Gefahr kommt, sei es zum Guten oder zum Bösen.« 11
Der Gegenstand dieses Buchs: Die Metaökonomie
    Dieses Buch besteht aus zwei Teilen: Im ersten suchen wir in Mythen, der Religion, Theologie, Philosophie und Wissenschaft nach der Ökonomie. Im zweiten beschäftigen wir uns dann mit den Mythen, der Religion, Theologie, Philosophie und Wissenschaft in der Ökonomie.
    Ich werde in unserer ganzen Geschichte nach Antworten suchen, von den Anfängen unserer Kultur bis zur derzeitigen Postmoderne. Das Ziel besteht nicht darin, jeden einzelnen Augenblick zu analysieren, der zu einer Änderung der ökonomischen Wahrnehmung der Welt bei den späteren Generationen (und bei
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