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Die Nonnen von Sant'Ambrogio: Eine wahre Geschichte (German Edition)

Die Nonnen von Sant'Ambrogio: Eine wahre Geschichte (German Edition)

Titel: Die Nonnen von Sant'Ambrogio: Eine wahre Geschichte (German Edition)
Autoren: Hubert Wolf
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machen wollen, dass er vom Teufel in Gestalt von Katzen und Mäusen gequält werde. Der Anwalt erzählte außerdem von wirren politischen Reden des Americano.[ 8 ]
    Die Dämonen des Kreuzburg hätten sich auch Maria Luisa, die Heilige, als Opfer ausgesucht, um sie in Versuchung zu führen, ohne sie letztlich wirklich besiegen zu können, wie Peters Franceschetti voller Stolz erzählt hatte. Einmal war Franceschetti auch im Sprechzimmer anwesend, als die Vikarin den Exorzismus an Kreuzburg vornahm. Dieser habe sie dabei aber nur ausgelacht und verhöhnt, so, als ob der Teufel darüber lachen würde, dass er von einer Frau herumkommandiert wurde.
    Mehrere Ordensschwestern und die Äbtissin bestätigten eine unstatthafte Beziehung zwischen Maria Luisa und Peter Kreuzburg. Demnach stand die Madre Vicaria in einem andauernden Briefwechsel mit dem angeblichen Americano und traf sich mit ihm stundenlang im Geheimen. Maria Luisa erzählte ihren staunenden Zuhörerinnen, dass er eine Nonne als Ehegattin hatte, und andere unglaubliche Geschichten. Aus den Aussagen der Schwestern ging auch hervor, dass die Madre Vicaria den Amerikaner mit Einwilligung von Pater Peters gezwungen hatte, all seine Bücher, insbesondere die medizinischen Werke, bei ihr abzuliefern. Tatsächlich fand Maria Giacinta auf dem Tischlein in Maria Luisas Zelle eines dieser Bücher und «sah mit großer Verwirrung und Neugier viele schlechte Bilder und nackte Geschlechtsorgane von Männern und Frauen».
    Richtig zufrieden konnte Sallua mit dem Ergebnis seiner Nachforschungen nicht sein. Er hatte weder nähere Aufschlüsse über den Inhalt des obszönen Briefes erhalten, geschweige denn den Brief sicherstellen können. Er blieb deshalb auf die Aussagen Katharinas in ihrer Denunzia angewiesen. Und den Verfasser des Schreibens selbst, «Pietro Americano», konnte er dazu auch nicht mehr befragen, weil dieser sich dem Zugriff der Inquisition durch Flucht in seine amerikanische Heimat entzogen hatte. Immerhin konnte der Dominikaner die Tatsache einer verdächtigen Beziehung Maria Luisas zu Kreuzburg festhalten.
    Die Biographie Kreuzburgs gibt auch noch dem heutigen Historiker Rätsel auf.[ 9 ] Peter Maria Kreuzburg stammte aus dem Pustertal in Österreich und dürfte dort um das Jahr 1815 geboren worden sein. Allem Anschein nach erhielt er seine schulische Ausbildung im Internat der Jesuiten in Brig, dem Kolleg Spiritus Sanctus. Dort muss er Pater Peters kennengelernt haben. Über ein Medizinstudium lassen sich keine Informationen finden. Auch sonst firmierte Peter Maria Kreuzburg nicht als Arzt. Wahrscheinlich hat er sich lediglich in Rom als solcher ausgegeben. Sicher ist, dass er um 1840 in die USA einreiste und im November 1844 in Cincinnati die amerikanische Staatsbürgerschaft erwarb. Im Februar 1846 heiratete er Gertrud Nurre, die 1839 ebenfalls nach Amerika emigriert war. 1850 eröffnete er mit seinem Schwager Joseph Nurre einen Buchladen in Cincinnati. Aus der Ehe gingen sechs Kinder hervor: 1846 die Tochter Cesaria, 1849 Maria, 1854 der Sohn Joseph, 1857 Mary, 1861 Gertrude und schließlich 1863 Angela. Maria, Joseph und Mary starben vermutlich schon als Kinder. Im März 1857 erhielt Peter Maria Kreuzburg einen Reisepass, den er für eine Europareise beantragt hatte. Nach dem Passantrag war Kreuzburg fünf Feet und sechs Inches groß, also knapp 1,70 Meter. Er hatte graue Augen, eine hohe Stirn, braunes Haar und ein ovales Gesicht mit einer «gut proportionierten» Nase. Diesen Pass benutzte er, um nach Rom zu reisen.
    Kreuzburg scheint sich bereits Ende 1859, als ihm das römische Pflaster wegen des Inquisitionsprozesses im Fall Sant’Ambrogio zu heiß wurde, wieder in die USA abgesetzt zu haben; 1860 taucht er jedenfalls zusammen mit seiner Frau als Farmer im Millcreek Township im County Hamilton auf, das heute zum Stadtgebiet von Cincinnati (Ohio) zählt. Der Ausflug in die Landwirtschaft war allerdings nicht erfolgreich, denn 1861 findet er sich als Publisher und Bookseller in Cincinnati wieder. 1862 verließ Kreuzburg mit seiner Familie die USA und lebte vermutlich von 1861 bis 1874 in Einsiedeln in der Schweiz, danach siedelte er für fünf Jahre nach Kanada über, bevor er schließlich 1879 seinen Wohnsitz in Jurançon bei Pau in Frankreich nahm. Hier führte er wieder den Titel eines «Docteur en médicine». Bereits ein Jahr nach seiner Ankunft erlitt er jedoch einen Schlaganfall; jedenfalls berichtete seine Tochter Cesaria von einer
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