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Die Fahrt der Slanderscree

Die Fahrt der Slanderscree

Titel: Die Fahrt der Slanderscree
Autoren: Alan Dean Foster
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    DAS SCHLIMMSTE WAR NICHT, daß Fortune sich zu Tode fror. Das Schlimmste war, daß er es freiwillig tat.
    Bei den dichtbepelzten Tran war Nacktheit nicht gerade beliebt; für einen Menschen grenzte es an Wahnsinn, nackt auf Tran-ky-ky herumzustehen – doch Ethan versuchte durchaus nicht, Selbstmord zu begehen. Man erwartete von ihm, daß er feierte, doch es war schwierig vorzugeben, man amüsiere sich, wenn man blau anlief, wenn Gänsehaut Arme und Beine überzog und andere Teile der Anatomie kurz davor standen, zu einem bleibenden Teil der Epidermis zu werden.
    Daß er in seinem Unglück Gesellschaft hatte, war kein Trost. Skua September war es genauso kalt, bis auf jene Teile von Gesicht und Hals, die von einem dichten grau-braunen Bart bedeckt waren. Der alte Hüne hatte beide Arme eng um die Rippen geschlungen.
    Dazu kam noch der Umstand, nicht nur den Elementen, sondern auch neugierigen Blicken ausgesetzt zu sein. Es war dämlich, verlegen zu sein, sagte Ethan sich. Er und Skua waren die einzigen menschlichen Wesen im Hofsaal von Asurdun. Es war nur allzu verständlich, daß ihre nackten Gestalten Aufmerksamkeit erregten – mit ihren flachen Füßen, die nicht über die schlittschuhähnlichen Chiv verfügten, ihren langen Armen und ihren im wesentlichen pelzlosen Körpern.
    Mousokka, der zweite Maat des Eisseglers Slanderscree, ließ sie wissen, er halte die subtile Veränderung ihrer Hautfarbe für sehr kleidsam. Die wütenden Blicke, die ihm diese Bemerkung einbrachte, überzeugten ihn, daß die Veränderung durchaus nicht freiwillig war, und er erwähnte sie nicht mehr.
    Am schwierigsten war es, einfach stumm zu bleiben. Zittern war zwar gestattet – Murmeln und das Hervorbringen anderer Geräusche jedoch nicht. Skua beugte sich trotzdem zu seinem Kameraden hinunter, um ihm etwas zuzuflüstern:
    »Es ist gar nicht so schlimm, Jungchen. Nach einer Weile verdrängt die Taubheit die Kälte.«
    »Halt die Klappe! Halt einfach nur die Klappe, ja?«
    Ethan beugte sich vor und sah an einem vor ihm stehenden Mitglied der Ehrenwache vorbei. »Sie sind doch wohl bestimmt gleich fertig, oder?«
    Unter einer raffiniert geschnitzten Kuppel aus Stavanzer-Elfenbein intonierte ein Trio ältlicher Gelehrter aus Asurdun das traditionelle Vermählungsritual. Über ihnen schwangen sich Steinmauern zur Decke des Hofsaals Asurduns empor, jenes Inselstaats, dessen korrupter Landgraf kürzlich von Ethan, Skua und ihren Tranfreunden gestürzt worden war. Der neue junge Landgraf, Sef Gorin-Vlogha, hatte den Neuvermählten in spe seinen Segen gegeben und darauf bestanden, daß sie ihr Gelübde in Asurduns uralter Burg ablegten. Seiner uralten, unbeheizten Burg, sinnierte Ethan, während er versuchte, seine Zähne am Klappern zu hindern.
    Die beiden Hauptpersonen dieses eisigen, romantischen Dramas waren Sir Hunnar Rotbart und Elfa Kurdagh-Vlata. Elfa war die Tochter und Erbin des Landgrafen von Soffold; Hunnar der erste Tran, mit dem Ethan und Skua nach ihrer Bruchlandung auf dieser Welt vor Äonen zu tun gehabt hatten. Ethan freute sich, an ihrem Glück teilhaben zu können. Doch er hätte alles dafür gegeben, seine Zustimmung zur Teilnahme an dieser Zeremonie rückgängig machen zu können.
    Nicht, daß er und Skua in ihrer Nacktheit allein waren. Wachen wie Zuschauer hatten sich für die Zeremonie ebenfalls ihrer Garderobe entledigt. Einzig Braut und Bräutigam waren bekleidet. Aber die katzbärenartigen Tran hatten ihren dicken Pelz. Sie bemerkten die Kälte in der Burg nicht. Ethan und Skua verfügten über keinen derartigen natürlichen Schutz.
    »Sieh mal Ethan«, flüsterte Skua, »als ich die Einladung zu dieser kleinen Festivität für uns annahm, hatte ich keine Ahnung, daß ein Striptease zur Tradition gehört. So wie es der Hauptmann der Wache erklärt hat, bringen wir durch unser unbekleidetes Erscheinen vor den Liebenden zum Ausdruck, daß wir ihnen unsere Freundschaft und Zuneigung ohne irgendwelche Vorbehalte geben. Man hält nichts zurück. Es ist ein Zeichen des Respekts für das glückliche Paar. Man verbirgt nichts in seiner Gegenwart.«
    »Das ist verdammt wahr«, brummte Ethan. »Hat nebenbei auch seine praktischen Aspekte«, bemerkte Skua versonnen. »Unser Freund Hunnar da drüben wird eines Tages Landgraf sein, Herrscher von Wannome. Wenn alle feiern und in ausgelassener Stimmung sind, ist das für einen potentiellen Meuchelmörder eine gute Zeit zum Zuschlagen – ist aber ziemlich schwierig, eine
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