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Die Nonnen von Sant'Ambrogio: Eine wahre Geschichte (German Edition)

Die Nonnen von Sant'Ambrogio: Eine wahre Geschichte (German Edition)

Titel: Die Nonnen von Sant'Ambrogio: Eine wahre Geschichte (German Edition)
Autoren: Hubert Wolf
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zu präsentieren.
    Das lag auch daran, dass der Dominikaner zum ersten Mal überhaupt mit einem Kriminalfall konfrontiert war. Ein erfahrener Ermittler hätte von vornherein mit der Inkonsistenz der Aussagen vor allem im Hinblick auf die Zeitangaben gerechnet und versucht, diese mit der von Katharina in ihrer Denunzia gebotenen Chronologie in eine kritische Beziehung zu setzen. Tut man dies, lösen sich manche Widersprüche als Erinnerungsfehler auf, und es ergibt sich ein ziemlich klarer Ablauf des Vergiftungskomplotts.[ 21 ]
    Maria Luisa zögerte nach der Szene im Chor keinen Moment und begann unmittelbar, die Ermordung Katharinas ins Werk zu setzen. Ein erster Schritt dazu war die Isolierung der Fürstin von den übrigen Schwestern. So verbot sie ihr, an den Sterbegebeten für die todkranke Maria Saveria teilzunehmen, zu denen sich die Schwestern im Lauf des 8. Dezember in deren Zelle versammelten. Wie Maria Giuseppa berichtete, verfiel die Madre Vicaria unmittelbar nach dem Tod Maria Saverias in eine längere Absence. Nach ihrem Erwachen habe sie vorgegeben, in den Himmel entrückt worden zu sein, wo sie mit Christus über das Endgericht Maria Saverias gesprochen habe. In dem Urteil Jesu Christi über Maria Saveria habe sie «auch sein Urteil über Luisa Maria erkannt». Diese werde «bald sterben und verflucht werden», weil ihre «Tränen und Gebete bei Gott nichts ausgerichtet» hätten.[ 22 ]
    Noch am gleichen Abend machte sich Maria Luisa an die Herstellung eines tödlichen Breis für die Prinzessin. Agnese Celeste beobachtete zusammen mit anderen Novizinnen, wie die Meisterin Glasstückchen zerkleinerte. Die Nonnen hielten das Glas für gefährlich und ermahnten Maria Luisa, dabei ja auf ihre Augen achtzugeben. Tatsächlich führen Glassplitter je nach Größe zu Verletzungen der Schleimhaut vom Mund über den Magen bis zum Darm und lösen innere Blutungen aus, die, je feiner das Glas zerstoßen ist, desto geringer ausfallen. Maria Luisa schritt gegen 18 Uhr während der Vesper zur Tat, als sich die Nonnen zum Stundengebet im Chor der Kirche aufhalten mussten und sie sich unbeobachtet glaubte. Als die krank in ihrer Kammer liegende Maria Giacinta sie fragte, warum sie auf Zehenspitzen an ihrer Zelle vorbeigeschlichen sei, gab sie die scheinheilige Antwort, sie habe sie wegen ihrer Krankheit nicht wecken wollen. «Da begann ich argwöhnisch zu werden, dass man die Prinzessin wirklich umbringen wollte. Umso mehr als ich bemerkte, wie sich die Novizinnen Maria Ignazia, Maria Felice und Agnese Celeste zusammen mit der Meisterin Maria Luisa am Bett der Prinzessin zu schaffen machten. Sie hatten den alleinigen Anspruch auf den Beistand der Prinzessin angemeldet.»[ 23 ]
    Maria Ignazia sollte noch an diesem Mittwochabend der Fürstin den mit zerstoßenem Glas versetzten Brei vorsetzen. Sie erinnerte sich, dass die Novizenmeisterin sie zu sich rief:[ 24 ]
    «Maria Luisa begann wie folgt zu mir zu sprechen: ‹Meine Tochter, was ich Ihnen sage, muss strengstens geheim bleiben; erzählen Sie es niemandem; Maria Felice sage ich nichts, denn sie könnte mich in Verlegenheit bringen; wissen Sie, wenn man den Gehorsam beachtet, tut man nie was Schlechtes; wir bringen dem Pater (ich denke, sie meinte Peters) Gehorsam entgegen. Sie sollten also ein Stückchen Spongia nehmen und kleine Stückchen Glas hineintun und dies dann mit dem Brei mischen, den Sie heute Abend Luisa Maria (der Prinzessin) bringen werden. ›
    Ich blieb sehr verwirrt wegen dieses Befehls und antwortete so gut wie möglich: ‹ Meine Mutter Meisterin, wenn der Herr Ihnen diese Sache befohlen hat, dann wäre es am besten, dass Sie es allein machen, weil Sie wissen, wie Sie den Befehl ausführen können. Sie können sich gut vorstellen, dass Luisa Maria es merken könnte und die Sache nicht geheim bleiben würde.›
    Auf diese Antwort von mir blieb die Meisterin stumm. Kurz danach fragte sie mich: ‹Wissen Sie, welches Medikament auch ein Gift ist? ›
    Ich antwortete: ‹Opium ist ein Gift!!›
    So endete die Sache an jenem Tag, und die Meisterin begleitete Pater Peters, der aus der Zelle der Prinzessin herauskam, zur Tür. Bekümmert ging ich in den kleinen Chor, um mich dem Herrn und der Seligen Jungfrau anzuvertrauen, damit sie mich erleuchten konnten, ob ich der Meisterin gehorchen musste oder nicht, und ob die Person, die zu mir gesprochen hatte, die Meisterin gewesen war.»
    Nach der zögerlichen Reaktion von Maria Ignazia entschloss sich Maria
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